Kultur
Im Regensburger Kunstkontor: Kunstwerke für die Lebensfreude

12.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:20 Uhr
Galerist Emanuel Schmid neben einer Schnitzarbeit von Franz Weiding, einem der 22 Künstler des Kunstkontors −Foto: Kellner

Das Kunstkontor Westnerwacht feiert 25 Jahre – Zur Jubiläumsausstellung ist ein Band über die Galerie und ihre Künstler erschienen.

Wer das Kunstkontor Westnerwacht besucht, tut es ganz bewusst: Etwas abseits der Geschäftsstraßen, findet sich die Galerie in der Weintingergasse 4. Sie ist über eine lange Treppe erreichbar. Oben entfaltet sich im schmalen, 25 Meter langen Galerieraum mit Parkett der gemütliche Charme des sanierten Altbaus in dem um 1600 erbauten Stadel.

Was heraussticht, ist der Name – Galerist Emanuel Schmid hat an Thomas Mann gedacht, als er sich für das „Kontor“ entschied – ähnelt doch das Gebäude im Stadtteil Westnerwacht jenen norddeutschen Bauten der „Buddenbrooks“-Ära. Anders als im hanseatischen Kontor tobte hier laut Schmid vor Corona bei Vernissagen das Leben – inklusive eines legendären Schleiertanzes der „Salome“.

Dabei war der Start vor 25 Jahren nicht einfach. „Noch eine Kunstgalerie in Regensburg?“ fragte Schmid rhetorisch in seiner Rede vor Vernissagegästen, als er im Herbst 1996 eröffnete. Tatsächlich sahen ihn andere Galeristen damals als Konkurrenz. Beim ersten Galerienabend 1996 durfte er nicht mitmachen – das Argument: Das Kunstkontor gebe es erst ein halbes Jahr, es sei nicht sicher, dass es sich langfristig halte. Aktuell ist das Kunstkontor Regensburgs älteste Galerie, wie Schmid betont.

In jungen Jahren hatte ihn die Galerie Heinrich magisch angezogen, die ihre Räume einst am Haidplatz hatte. Sie prägte seinen Berufswunsch Galerist. Dazu hat er das Motto von August Heinrich übernommen: „Kunstkauf ist ein Akt der Lebensfreude!“ Als er nach seinem Studium der Kunstgeschichte und Klassischen Archäologie in Freiburg und Regensburg anfing, wusste er auch genau, wie er es nicht machen wollte: Er hatte arrogant wirkende Galeristen erlebt, die ihre Kunden misstrauisch auf ihre Zahlungsfähigkeit hin taxierten. Schmid hat die Erfahrung gemacht, dass Äußerlichkeiten nichts aussagen – und dass Galeristen alles andere als elitär sein sollten. Es gehe darum, die Leute zu interessieren.

Schmid setzt in seiner Galerie auf familiäre Atmosphäre mit Kunden und Künstlern, adressiert Einladungen handschriftlich und verschickt an Stammkunden eine hochwertige Jahresgabe, die er bei Künstlern in Auftrag gibt. Zum Galeriejubiläum ist eine 160 Seiten starke Publikation erschienen, die die Geschichte des Kunstkontors beleuchtet und „seine“ Künstler einzeln vorstellt.

Sein Profil sieht Schmid in hochwertiger zeitgenössischer Kunst. Er vertritt 22 Künstler mit ganz unterschiedlichen Handschriften. Was sie eine, sei handwerkliche Perfektion. Ihm sei wichtig, dass Künstler formal einlösen, was sie künstlerisch beanspruchen. Avantgarde-Kunst sei bei ihm nicht zu finden: „Ich hüte mich eher vor großen Namen“. Allerdings verwaltet er die Nachlässe regionaler Größen wie Willi Ulfig und Gerhart Hein und hat Arbeiten von Clara Siewert und Josef Achmann im Angebot.

Schmid schätzt auch Kunst, die humorvoll daherkommt – so wie die großformatigen Wimmelbilder von Helmut A. Heimmerl oder die skurrilen Aquarelle des bekannten Autors Herbert Rosendorfer, der sich auch mit dem Zeichenstift satirisch ausdrückte.

Die Jubiläumsausstellung (bis 17. Dezember) bietet einige Entdeckungen – wie Franz Weidingers geschnitzte Bücher: Der Künstler verbindet Holzplatten aus Birne, Eiche oder Nuss mit einem Scharnier zum Buch, in dessen hartleibige Seiten er unfassbar filigrane Figuren geschnitzt hat. Auch bei Michaela Gräpners geschnitzten Miniatur-„Weibsbildern“ hat man viel zu schauen: Sie stehen selbstbewusst auf Sockeln oder in Uhrenkästen in durchaus barocker Umgebung.

Jüngster Zugang der Galerie ist der 1982 in Regensburg geborene Florian Pfab, dessen großformatige, nur vordergründig idyllische Ölbilder oft tropische Vegetation zeigen. Sie sind demnächst in einer Einzelausstellung zu sehen.