Kunst in Regensburg
Kunst und die Suche nach Talenten

Der BBK und der Kunst- und Gewerbeverein präsentieren „Debütanten“: Eine interessante Schau von Inken Hilgenfeld, Jürgen Böhm und Franziska Luber

03.02.2013 | Stand 16.09.2023, 21:01 Uhr
Gabriele Mayer

Die Installation von Jürgen Böhm ist noch bis 24.Februar im Kunst- und Gewerbeverein in Regensburg zu sehen. Foto: altrofoto.de

„Debütanten“, so heißt eine Ausstellungsreihe des Berufsverbands Bildender Künstler (BBK) Niederbayern/Oberpfalz in Kooperation mit dem Kunst- und Gewerbeverein. Jedes Jahr wählt und präsentiert der BBK drei junge Talente aus der Region, um sie sozusagen ins Künstlerleben ein- und einer Förderung zuzuführen: der Finanzierung eines Künstler-Katalogs durch den bayerischen Staat. Denn ein Katalog, das ist sozusagen der erste Ausweis eines Künstlers, der sein Schaffen und seine Ausrichtung dokumentiert.

Das Schaffen von Inken Hilgenfeld, Jahrgang 1974, die in Berlin studiert hat und seit 2009 in Regensburg lebt, ist deutlich konzeptuell und minimalistisch ausgerichtet, voll Ironie und Verspieltheit und ziemlich interessant. Nichts ist hier frontal und unmittelbar, nicht einmal die Anschauung, da man sie erst aus all den Versatzstücken dessen, was Kunst bisher für einen selbst war, zusammensetzen muss, um zu decodieren, was man sieht. Oder sehen könnte.

Optischer Aphorismus

Vielleicht. Sehen ist ein Akt der Konstruktion, er ist reizvoll, überraschend und abgründig. Was hier simpel aussieht, das täuscht, und was täuscht, das ist Kunst. Eine Begabung der Künstlerin für den optischen Aphorismus etwa zeigt sich in den kleinen Tusche-Bildern, die nicht wie ein Roman eine Ganzheit auffächern, sondern die Lücke als das Eigentliche erscheinen lassen: Das Unsagbare, Unformulierte ist das, worauf es ankommt und was uns fordert. Das Zitat, das Performative der Kunst, die Aktion, zumindest die gedachte und mögliche Aktion, die Verschränkung der Vorstellungs-Räume und Medien der Kunst, die Verschränktheit von Bild und Handlungsanleitung bis hin zur Absurdität und darüber hinaus, das ist die Kunst-Welt heute und auf spezielle Art bei dieser Künstlerin.

Jürgen Böhm aus dem Schwandorfer Raum ist als Künstler ein Topograph. Seine Vermessung der Welt scheint auch eine sehnsuchtsvolle Suche nach Heimat, nach Vertrautem im Fremden und Spröden zu sein. Eine Suche nach der Deckungsgleichheit des Entfernten und Entfremdeten mit dem Eigenen, ein Versuch der Zueignung. Drei Beispiele aus Jürgen Böhms Werken überzeugen besodners durch ihren ästhetischen Reiz und ihren Bezug auf unsere zeichenhaft abstrahierte und technoide Erfahrungswelt. Und fahnden zugleich nach Strukturen im Chaos der alltäglichen Unübersichtlichkeit.

Schemenhafte Identitäten

„Mapping the Mind“: Das sind übereinandergelegte Fotos von U-Bahn-Plänen mit sämtlichen Stationen-Namen der Städte München, Berlin und New York. Stadt ist, in diesem Schema gesehen, eine wie die andere. Schön und bedrückend zugleich.

Foto-Negative von jeweils ähnlichen Bauwerken, eines in Deutschland, das andere in Tschechien wurden überblendet. Auch hier beinahe eine Identität, aber doch nur eine schemenhafte, schattenhaft irisierende und bodenlose. Ominös und zerbrechlich wirkt alles, auch das vertraute Haus aus dem Nachbardorf.

Schließlich die große Boden-Licht-Installation: Stadtpläne auf Elektroplatinen übereinanderprojiziert und durch einen kreisenden Lichtstrahl beleuchtet. Auch hier irisiert alles im Versuch zur Deckung zu kommen: Sieht aus wie ein Sternenhimmel oder, andersherum, wie eine aus dem Weltall aufgenommene Stadt: technoid, schön, geheimnisvoll und zeitgemäß.

Von Franziska Luber (Kallmünz) sind witzige, eigenwillige Papierarbeiten zu sehen. Ins Auge fallen außerdem ein großprojizierter Film, auf dem sich in Nahaufnahme Maispflanzen leicht im Wind bewegen.

Meditieren im Kubus

Im anderen Raum steht Franziska Lubers weißer Kubus mit Tür. Wenn man ihn betritt, muss man aufpassen, dass man nicht auf die kleine Glühbirne tritt, die am Boden leuchtet. Ein Meditationsraum, heißt es im Begleittext. Und weiter wird zu Franziska Lubers Kunstwerk erläutert: Ein Kubus, weil diese Form an die Kaaba von Mekka erinnern soll, die drei Meter Seitenlänge sollen auf die Dreieinigkeit hinweisen. All das sollen Marksteine auf dem Weg zum Ich sein. Da ist, wie man befürchten muss, noch zu viel Erklärung und Überbau und zu wenig an eigenständiger Substanz. Meditationsräume gibt es außerdem in Hülle und Fülle. Oder alles Parodie?