Regensburg
Matthew Burger gestaltet Menschen, die gestalten

29.08.2022 | Stand 15.09.2023, 3:51 Uhr
Peter Geiger
Matthew Burger, Design-Professor in Regensburg, in der Galerie konstantin b.: Bis 17. September stellt er seine gut gemachten Alltagsgegenstände aus. −Foto: Peter Geiger

Matthew Burger, Professor für Industriedesign an der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Regensburg, präsentiert in der Galerie konstantin b. bis 17. September ein Sammelsurium vielsagender Gegenstände.

Wer die Galerie konstantin b. betritt, fragt sich zunächst: Warum lagern hier, in dieser zentral gestellten Vitrine, lauter Alltagsgegenstände? Was ist es, das eine Streichholzschachtel, einen Metallkorb oder einen Zeitungshalter, genau wie rund 70 weitere Objekte, zu Exponaten adelt? Und was lässt Galerist Bernhard Löffler so eine große Freude ausstrahlen über die „Blurring Transitory Boundaries“? Der Titel der Ausstellung, die noch bis 17. September zu sehen ist, bedeutet: Vorhandene Grenzen werden vorübergehend verwischt.

Man muss wissen: Matthew Burger ist Professor für Industriedesign, weshalb er Gestaltungslösungen liebt, die unseren Alltag erleichtern. Der verschiebbare Pappbehälter, er lässt sich in beide Richtungen „ausfahren“ und uns so, wenn’s pressiert, das Hölzchen mit dem roten Köpfchen blitzschnell entnehmen. Der mit Kunststoff überzogene Gitterkorb, er erleichtert es aufgrund seiner Transparenz Bademeistern, sogleich zu erkennen, welche Dinge Schwimmbadgäste bei ihm hinterlegen. Und ein Zeitungshalter? Der verleiht dem instabilen Geheft flugs solche Festigkeit, dass Café-Gäste problemlos auch diesen Artikel hier von einem glatten Blatt lesen können.

Unterhält man sich mit Matthew Burger, besticht er durch Antworten, die philosophische Tiefe erahnen lassen. Wie er denn das beschreiben würde, was seinen beruflichen Alltag ausmacht? „Ich gestalte Menschen!“, beschreibt er seine Lehrtätigkeit an der OTH in Regensburg, in einem prometheischen Satz, der auch am Reißbrett hätte konzipiert werden können. Burger reduziert in seiner Antwort ein Maximum an Gehalt auf formales Minimum. Er meint damit, sein Ziel sei es, seinen Studierenden jene Fähigkeit zum Denken zu vermitteln, die es ihnen ermöglicht, aus jener Sackgasse herauszufinden, in der er und seine Generation stecken.

Schon das kleine Beispiel macht deutlich: Es hat Methode, wenn Matthew Burger Antworten gibt, die etwas verrätselt sind. Denn: Sie provozieren beim Gegenüber ihrerseits Fragen. Welche Sackgasse er meint? Er wendet den Kopf in Richtung Galerieschaufenster und antwortet: „Ist es klug, wie wir unseren innerstädtischen Verkehr organisieren? Ist es vernünftig“ – ein Laster fährt gerade vor, in Richtung Schäffnerstraße – „wenn wir unsere Innenstädte auf diese Weise mit Gütern und Waren versorgen?“

In der Galerie sind an diesem Nachmittag auch Ex-Studentinnen zu Gast: Was sie, die die neue Design-Generation verkörpern, denn vorschlagen, um die von Burger beschriebene Sackgasse zu öffnen? Klaras leuchtende Augen bekunden, wie sehr sie profitiert hat von ihrem Professor, und antwortet: In ihrer Tätigkeit bei Siemens Healthineers lege sie heute ganz großen Wert auf Materialien, die fair produziert wurden. Auch Entsorgungsfragen müssten von vorneherein geklärt sein. „Cradle to Cradle“ – also vom Ursprung zurück zum Ursprung – werden die Verfahren genannt, die zeigen, wie aus toten Punkten Konzepte für die Zukunft erwachsen können.