Kultur
Nach der Flucht machte Milorad Romic mit seiner Gitarre Karriere in der Oberpfalz

07.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:25 Uhr
Michael Scheiner
Milorad Romic bereitet sich aktuell auf ein Jubiläumskonzert vor: In der Stadthalle Neutraubling musiziert der Gitarrist mit musikalischen Wegbegleitern am 9. Oktober, 19 Uhr. −Foto: Michael Scheiner

Seine Gitarre blieb im Krieg zurück, aber in der Oberpfalz wurde Milorad Romic zum bekannten und geschätzten Musiker. Jetzt würdigt ein Konzert in Neutraubling sein 30-jähriges Schaffen.

Täglich sitzt er in seinem kleinen Musikzimmer am Schreibtisch und übt auf der Gitarre. Mit Blick aus dem Fenster und dem leisen Rauschen der Schwarzen Laber im Ohr, stützt Milorad Romic das Instrument mit dem Bein, sein Fuß ruht auf einem Schemel. Nur hier könne er konzentriert üben, erklärt der 68-jährige Gitarrist.

Auf Einladung des Musikförderkreis Köfering-Neutraubling erinnert er am 9. Oktober (19 Uhr) in der Stadthalle Neutraubling an seinen ersten, etwa 20-minütigen Auftritt vor 30 Jahren. Den hatte er der Hartnäckigkeit seines Freundes Franz-Peter Klein zu verdanken. Klein setzte sich 1992 dafür ein, dass sich der vor dem Bosnienkrieg geflohene Musiker vor dem Solokonzert einer jungen Pianistin präsentieren konnte. Als Romic zwei Tage später sein Konterfei in der Zeitung erspähte und als „überraschende Entdeckung“ gewürdigt wurde, stand seinem künstlerischen Aufbruch nichts mehr im Weg. Dabei hatte Romic zu diesem Zeitpunkt monatelang keine Gitarre mehr in Händen gehalten und war entsprechend nervös, bevor er die Bühne erklomm.

Bei der überstürzten Flucht mit seiner Familie aus der bereits belagerten Stadt Sarajewo hatte er seine wertvollen Instrumente unterm Bett versteckt, in der Hoffnung, sie später holen zu können. Insgeheim ahnte er aber bereits, dass er nicht mehr zurückkehren würde. Nach einer mehrmonatigen, abenteuerlichen Flucht kam die Familie zunächst in Nürnberg und anschließend in Wörth in einer Flüchtlingsunterkunft unter.

Bei einem Behördengang stieß Romic auf Kleins Musikgeschäft in der Goldenen-Bären-Straße und probierte eine Konzertgitarre aus. Weil er kaum Geld hatte, bat er darum, das Instrument zurückzulegen, bis er genug angespart habe. Zufällig hörte eine Kundin ihn spielen und legte spontan den fehlenden Betrag drauf. Überglücklich hielt Romic seine erste Gitarre in Deutschland in der Hand und Klein, der ihn fortan unterstützte, organisierte erste Auftritte und Jobs als Musiklehrer.

Romic unterrichtete beim Singkreis Deuerling, in Cham und Mallersdorf, er komponierte wieder, gab zahlreiche kleine und größere Konzerte und fand Kontakt zu anderen Musikern. Er spielte im Duo mit Helmut Nieberle, mit Tenor Klaus Wenk, gründete den Lautenfrühling und – mit dem Naturkundemuseum – die Sommerserenaden im Herzogspark. Diese Reihe wurde heuer „volljährig“ und war wieder so gut besucht, wie vor den Corona-Beschränkungen.

Beim Jubiläumskonzert am Wochenende greift Romic auf Stücke aus dem Repertoire der Sommerserenaden zurück, stellt aber auch eigene Kompositionen und Arrangements populärer Songs vor. Einige davon hat er auf den Alben „Erinnerungen“ und „Solo Due 1 & 2“ mit Helmut Nieberle veröffentlicht. Stilistisch geht sein Horizont weit über die Klassik und spezifische, vorrangig spanische Gitarrenmusik hinaus. Als junger Mann spielte Romic, der im bosnischen Bihac aufgewachsen ist, E-Bass in Rock-Combos und Musik, die vom Flamenco und von Einflüssen sephardischer Juden inspiriert war.

Zu dem Abend „Milorad Romic – 30 Jahre musikalisches Wirken im Raum Regensburg“ sind musikalische Weggefährten als Überraschungsgäste eingeladen. Tickets gibt es bei der Touristinformation am Rathausplatz in Neutraubling und an der Abendkasse.