Rechtsserie Cham
Vollstrecker für Nachlass nötig? Expertin Christiane Zollner empfiehlt, sich beraten zu lassen

08.10.2023 | Stand 08.10.2023, 5:00 Uhr

Bei jeder Testamentserstellung oder Gestaltung eines Erbvertrags sollten Sie sich mit Ihrem Rechtanwalt beraten, ob in Ihrem Fall eine Testamentsvollstreckung Sinn macht und welche Kosten damit für das Erbe verbunden sind, rät unsere Expertin. Foto: Imago

Geht es um große Vermögen, liest man oft, dass ein Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde, der sich um die Abwicklung des Nachlasses kümmert. Der derzeit prominenteste Fall dürfte die Testamentsvollstreckung beim Nachlass des Knorr-Bremse- Gründers Heinz Hermann Thiele sein.
Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers ist aber immer möglich und oft auch empfehlenswert. Ein Testamentsvollstrecker ist sozusagen der „verlängerte“ Arm des Erblassers, der aus dem Grab heraus seine Wünsche umgesetzt sehen will. Können z.B. Miterben bei Einigkeit untereinander den Nachlass anders verteilen als vom Erblasser festgelegt, so geht das nicht, wenn ein Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde: Dieser ist allein befugt und verantwortlich für die Ausführung der im Testament oder Erbvertrag getroffenen Anordnungen. Am Testamentsvollstrecker kommen also auch die (Mit-)erben nicht vorbei.

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Der Testamentsvollstrecker kümmert sich nicht nur um die Verteilung des Erbes, sondern auch um die Einhaltung von Auflagen und die Erfüllung von Vermächtnissen. Wenn der Erblasser einer Person etwas „vermacht“, dann ist das in der Regel keine Erbeinsetzung, sondern der Vermächtnisnehmer (der, dem etwas vermacht wurde) erwirbt damit einen Anspruch gegen den Erben auf Erfüllung. Ein Vermächtnis kann eine Geldleistung sein oder auch einen Gegenstand betreffen, z.B. den Schmuck des Erblassers.
Haben Sie als Erblasser einen Testamentsvollstrecker bestimmt, dann kümmert sich dieser darum, dass das Vermächtnis erfüllt wird. Der Testamentsvollstrecker ist auch dafür zuständig, anstelle der Erben die Erbschaftssteuererklärung abzugeben. Verletzt er vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten, dann haftet er auch dafür.

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Damit ein Testamentsvollstrecker tätig werden darf, muss er entweder vom Erblasser selbst oder auf dessen Wunsch hin vom Amtsgericht bestimmt werden. Erst wenn der ernannte Vollstrecker sein Amt angenommen und ein Testamentsvollstreckerzeugnis erhalten hat – für beides ist das Nachlassgericht zuständig – darf und muss er entsprechend den Festlegungen des Erblassers über den Nachlass verfügen.
Wie lange der Testamentsvollstrecker tätig ist, hängt davon ab, ob er vom Erblasser als Abwicklungs- (Auseinandersetzungsvollstrecker) oder als Verwaltungsvollstrecker (Dauertestamentsvollstrecker) eingesetzt ist. Der Erblasser kann auch festlegen, ob und welche Vergütung der Testamentsvollstrecker für seine Aufgaben erhalten soll.
Für das Amt des Testamentsvollstreckers ist keine besondere Ausbildung nötig; aufgrund der zahlreichen zu beachtenden gesetzlichen Vorschriften und Verpflichtungen ist es aber sinnvoll, als Testamentsvollstrecker jemanden zu bestimmen, der rechtlich nicht unerfahren ist und eine Zusatzausbildung als Testamentsvollstrecker nachweisen kann, z.B. ein Rechtsanwalt, ein Steuerberater oder auch ein Bankmitarbeiter.
Bei jeder Testamentserstellung oder Gestaltung eines Erbvertrags sollten Sie sich mit Ihrem Rechtanwalt beraten, ob eine Testamentsvollstreckung Sinn macht und welche Kosten damit für das Erbe verbunden sind.