Tatverdächtige sind wieder frei
Vergewaltigung an Römermauer: Amtsgericht Regensburg hebt Haftbefehle auf

20.02.2024 | Stand 21.02.2024, 12:11 Uhr

An der Römermauer in Regensburg soll die Tat am 25. Januar passiert sein. Nun gibt es offenbar erhebliche Zweifel. Foto: Hell

Gibt es auch an der zweiten Vergewaltigung in Regensburg Zweifel? Das Amtsgericht entlässt zwei junge Tunesier aus dem Gefängnis und sieht keinen dringenden Tatverdacht mehr.



Im vergangenen Monat schreckten die Regensburger zwei Polizeimeldungen auf: Im Abstand von sechs Tagen sollen in Regensburg zwei junge Frauen Opfer von Vergewaltigungen geworden sein. In beiden Fällen hat sich das Bild wohl gedreht. Gegen eine Frau ermittelt die Kripo wegen Vortäuschens einer Straftat – auch im zweiten Fall an der Römermauer gibt es offenbar Zweifel, wie MZ-Recherchen zeigen.

Fakt ist: Die Verdächtigen sind frei. Der Ermittlungsrichter hat die Haftbefehle gegen die zwei Tunesier aufgehoben, „mangels dringendem Tatverdacht“, wie ihre Verteidiger Prabhlin Sidhu und Johannes Büttner der MZ bestätigten.

Nach Hilferufen von der Römermauer hatten Passanten am 25. Januar gegen 19.45 Uhr den Notruf gewählt. Vor Ort fand die Polizei eine 29-Jährige vor, die den Beamten erzählte, sie sei von zwei Männern vergewaltigt worden. Nach Sichtung der Überwachungskameras verhaftete die Kripo zwei junge Tunesier, 20 und 22 Jahre alt. Schon damals war klar, dass das mutmaßliche Opfer die Männer selbst angesprochen hatte, ehe man gemeinsam zur Römermauer ging, wo die 29-Jährige dann vergewaltigt und ausgeraubt worden sein will.

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„Das war und ist alles so dubios, was den Ablauf betrifft“, erklärte Strafverteidiger Johannes Büttner. Er bestätigte auf eine MZ-Nachfrage, dass sein Mandant nicht mehr in der JVA sitzt. Der Haftbefehl sei aufgehoben und nicht nur außer Vollzug gesetzt worden, „weil kein dringender Tatverdacht besteht“.

Und weiter: Allein, dass die Frau nach eigenen Angaben um etwas Geld für ein Busticket gebeten haben will, dann aber mit zwei völlig Unbekannten an einen fast uneinsehbaren Ort geht, „wirft doch richtig viele Fragen auf“, so Büttner. Zudem habe sie demnach um Geld gebeten, wollte dann aber um 50 Euro bestohlen worden sein. „Das passt nicht.“

War das „Sexualdelikt“ in Regensburg einvernehmlich?



Auch der zweite Verdächtige ist auf freiem Fuß, wie Strafverteidigerin Prabhlin Sidhu bestätigte: „Die Angaben der Zeugin sind zumindest teils sogar widerlegt“. Es deute viel darauf hin, dass alles einvernehmlich war, was da passiert sei – eine Anklage dürfte aus ihrer Sicht nicht erhoben werden. Dass die Haftbefehle aufgehoben wurden, bestätigte am Nachmittag auch Christina Bierhenke, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen würden aber weiter laufen. Zur Frage, ob wie im ersten Fall am Obelisk im Fürst-Anselm-Park nun gegen die Frau ermittelt wird, wollte sich Polizeisprecherin Corinna Wild nicht äußern.

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Wie MZ-Recherchen zeigen, hatte die Kripo offenbar bereits große Probleme, das mutmaßliche Opfer für eine zweite Vernehmung zu finden. Dabei sollten offene Fragen und auch Unstimmigkeiten geklärt werden. Die 29-Jährige, die wohl dem Regensburger Drogenmilieu zuzurechnen sein dürfte, soll da aber schon für einige Zeit untergetaucht sein. Zwischenzeitlich konnte sie erneut vernommen werden, hieß es. Eine richterliche Vernehmung stehe aber weiterhin noch aus.

Regensburg: Zwei angezeigte Sexualverbrechen binnen Tagen



Zwei angezeigte Sexualverbrechen in kürzester Zeit, ein markanter Anstieg bei Diebstählen und Straßenkriminalität hatten Regensburg zuletzt bundesweit in die Medien gebracht. Vor allem das Bahnhofsumfeld und das Diskothekenviertel wurden als „Brennpunkte“ markiert – im Fokus immer dieselbe Tätergruppe: junge Migranten, vorwiegend aus Tunesien und ohne Bleibeperspektive, die immer wieder straffällig werden.

Angesichts dieser Brisanz warnen Büttner und Sidhu davor, vorschnell falsche Schlüsse zu ziehen: „Ja, wir haben ein Problem mit Tunesiern, die viele Straftaten begehen, aber der aktuelle Fall zeigt, dass man nicht in Panik und Hektik verfallen sollte.“

Null-Toleranz-Strategie gegen Mehrfach-Intensivstraftäter



Regensburg kämpft seit Mitte November massiv gegen die höchst angespannte Kriminalitätslage – mit einer eigenen Ermittlungsgruppe, enger Abstimmung unter Sicherheitsbehörden und einem eigens geschaffenen Sonderreferat der Staatsanwaltschaft, das die Bearbeitung des Fälle von sogenannten Mehrfachintensivtäter beschleunigen soll. Die Null-Toleranz-Strategie zeigte bald erste Wirkung. Zuletzt hatten die Ermittler bereits 38 Intensivtäter im Fokus.

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Nach der Anfrage der MZ bestätigte das Polizeipräsidium die Freilassung der Männer. Nachdem Einlassungen beider Tatverdächtiger vorgelegen hätten, habe der Ermittlungsrichter die Haftbefehle aufgehoben. „Die beiden Männer gaben an, dass die Handlungen im Einvernehmen mit der 29-Jährigen stattgefunden hätten“, so die Polizei. Diese Angaben sowie „die Auswertung der weiteren Beweismittel insbesondere die Sichtung der Videoaufzeichnungen am Bahnhof“ hätten demnach zur Entscheidung des Richters geführt.