Sonntagsfrühstück
Nacktfotos: „Eine Zusage zu sich selbst“

Redakteurin Heike Sigel sprach mit Schauspielerin Annett Fleischer über den Playboy und ihre Rolle bei „Hubert & Staller“.

23.07.2016 | Stand 23.07.2016, 7:00 Uhr

Schauspielerin Annett Fleischer stellte sich den Fragen beim Sonntagsfrühstück. Foto: Katrin Schoenin

Frau Fleischer, ich falle sofort mit der Tür ins Haus: Sie sind das Covergirl des Juli-Playboy. Was hat Sie dazu veranlasst, diese Fotos zu machen?

Ich wurde letztes Jahr vom Playboy angefragt. Man bewirbt sich dort ja nicht. Ich habe zuerst auch sofort „nein“ gesagt. Ich bin dann bestimmt acht Wochen lang mit dem Playboy-Angebot schwanger gegangen und habe überlegt und überlegt und überlegt. Dann habe ich noch mit den Damen von meiner Agentur und mit meinem Freund gesprochen und bin schließlich zu der Entscheidung gelangt, dass ich mich dem Projekt total gewachsen fühle. Ich finde das gut, wenn ich eine tolle Fotografin oder einen tollen Fotografen an meiner Seite habe und endlich mal Bilder von mir bekomme, wo ich mir als Frau denke: „Da schaue ich mich total gerne an, die Fotos finde ich super!“. Das kostet zwar Mut, aber es ist auch eine Bestätigung oder anders gesagt: eine Zusage zu sich selbst. Und wenn nicht jetzt, wann dann, oder? (Annett Fleischer lacht laut und herzlich.)

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Sie sind jetzt 37 Jahre alt. Ich dachte eigentlich immer, je jünger die Covergirls sind, desto besser finden die Männer das.

Auf den hinteren Seiten des Playboy sind ja auch jüngere Models drin. Für den Titel sollen es aber keine Mädchen, sondern Frauen sein, die für etwas stehen, die eine gewisse Lebensreife haben und dem Ganzen auch gewachsen sind.

Jetzt mal von Frau zu Frau: Haben Sie monatelang hart trainiert, um beim Shooting in Bestform zu sein?

Ich bin schon immer ein sportlicher Typ und habe per se eine sportliche Figur. Ich versuche, zweimal die Woche zum Schwimmen zu gehen und bin generell ein Ausdauersport-Typ. Ich habe seit der Playboy-Anfrage einfach mein Programm weitergefahren und fertig. Außerdem achte ich auf gesunde Ernährung und versuche, die ganzen Zuckerbomben eher als Ausnahmen zu sehen und nicht als mein tägliches Brot. Ich bin da ziemlich bewusst, das muss ich schon sagen.

Sie haben für den Fototermin wirklich nichts Besonderes unternommen?

Ich bin vorher nochmal zum Frisör und zum Waxing gegangen. Das war’s.

Eins der Fotos wurde mitten auf der Straße aufgenommen. Hatten Sie da Zuschauer? Und war es insgesamt schwierig, sich nackt fotografieren zu lassen?

Nein, eigentlich nicht. Wir waren ein kleines Team. Überwiegend Frauen, die alle mitten im Leben stehen. Das Bild auf der Straße wurde Sonntagfrüh aufgenommen und die Leute waren da gerade auf dem Weg zur Kirche. Die haben natürlich schon ein bisschen geschaut, als sie am Morgen sozusagen über eine nackte Frau gestolpert sind. Die meisten waren in dem Moment einfach sprachlos, manche geschockt und trotzdem sind alle einfach weitergegangen. Keiner traute sich stehenzubleiben und zu schauen. Die mussten bestimmt erst mal verdauen, was sie da gerade gesehen hatten und dachten wahrscheinlich: „Die steht jetzt nicht ernsthaft bei drei Grad nackt da...“ (lacht)

Wie war das Feedback auf die Fotos? Waren die Bilder auch am Filmset von „Hubert&Staller“ Gesprächsthema?

Es gab durchweg positives Feedback, auch von Frauen. Ich bin da auch so: Wenn ich eine tolle Frau mit einem schönen Körper sehe, dann will ich mir das auch nicht verkneifen und ihr das auch sagen. Auch das ganze „Hubert&Staller“-Team war total aus dem Häuschen. Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau sind plötzlich schlagartig 20 Jahre jünger geworden (lacht). Für meine männlichen Kollegen war das schon eine Überraschung. Die haben sich aber wirklich total gefreut. Das hätte ich auch nicht gedacht. Ich habe eher damit gerechnet, dass der eine oder andere das ein bisschen konservativer sieht und denkt: „Jetzt macht die sowas. Das geht ja gar nicht.“ Solche Reaktionen kamen nicht. Im Gegenteil: Die waren alle total stolz! Ein paar Männersprüche gab’s natürlich schon, aber das war alles total familiär und nett.

Inzwischen spielen Sie die Rolle der Polizeimeisterin Sonja Wirth in der Vorabend-Krimi-Serie „Hubert&Staller“ seit ungefähr fünf Jahren. Ist Ihnen Sonja nach so langer Zeit ans Herz gewachsen?

Ich bin mit der Rolle sehr zufrieden. Sonjas Tätigkeitsbereich ist relativ abgesteckt, das würde meiner persönlichen Natur total widersprechen. Ich könnte so einen Job nie im Leben ausführen. Aber für die Sonja ist das total in Ordnung und sie fühlt sich an ihrem Platz sehr wohl, auch wenn sie sich manchmal gegen ihre männlichen Kollegen behaupten muss. Sie bekommt immer mal wieder das Zepter in die Hand, um zu koordinieren und hat sich ihren Respekt durchaus erarbeitet. Sonja ist tough, sie denkt mit, ist sehr logisch und pragmatisch und sie hat eine große Offenheit.

Ist es für Sie als Schauspielerin schwierig, auf eine Serienrolle festgelegt zu sein?

Ich drehe gerne eine Serie, weil ich es total mag, eine Rolle zu entwickeln und leben zu lassen. Ich für mich finde es besser, eine Rolle zu haben, in die ich immer wieder reingehen und mit der ich immer wieder arbeiten kann. Dann bleibt die Figur auch lebendig. Nach einem 90-Minüter – ich habe gerade einen abgedreht – ist die Figur nach ein paar Wochen einfach weg und das finde ich immer ein bisschen schade. Ich genieße es, ein Projekt zu haben, an das man immer wieder andocken kann, an dem ich ein bisschen rumschrauben, verbessern oder verfeinern kann. Diese Möglichkeit hat man ja ansonsten nicht. Insofern ist meine Rolle bei „Hubert&Staller“ als weiblicher Sidekick für mich wirklich ideal.

Der Erfolg gibt Ihnen ja auch Recht.

Wir haben es mit „Hubert&Staller“ geschafft, innerhalb von vier, fünf Jahren auf dem Vorabend-Sendeplatz am Mittwoch um 18.50 Uhr in der ARD zweistellige Quoten einzufahren. Das ist schon ein enormer Erfolg. Da gab es in den vergangenen Jahren auch schon Formate, die nur so vier, fünf Prozent hatten. Der Erfolg resultiert einfach aus dem wirklich guten Format dieser Serie, die eben ein bisschen anders ist. Anders und für den Zuschauer inzwischen trotzdem vertraut. Und wir haben ein Klasse-Ensemble!

Werden Sie auf der Straße jetzt öfters erkannt als früher?

Hier in Berlin, wo ich lebe, nicht so oft. Aber im süddeutschen Raum werde ich sehr oft erkannt. Auch in touristisch geprägten Urlaubsgebieten erkennen mich die Leute.

Gibt es bei Ihnen – wie bei einigen Ihrer Kolleginnen – die Angst vor dem Altwerden und davor, irgendwann einmal keine Rollenangebote mehr zu bekommen?

Nein, überhaupt nicht. Ich werde sehr gerne alt. Je älter man wird, desto besser werden die Anfragen. Mit 25 hat mich der Playboy noch nicht angefragt (lacht) ! Außerdem arbeite ich nebenbei noch als Moderatorin oder mache Reportagen. Das kann ich genauso. Ich bin also nicht abhängig von der Schauspielerei. Und wenn ich aussortiert werde, dann werde ich eben aussortiert – dann ist das eine Entscheidung von außen, die ich eh nicht beeinflussen kann.

Gibt es eine Traumrolle, die Sie unbedingt spielen möchten?

Ich bin ein totaler Fan – das ist jetzt zwar nicht unbedingt eine Rolle – vom Erfolg von Oprah Winfrey. Sowas finde ich klasse! Eine Talkshow mit interessanten Leuten, in der deren Lebensgeschichten durchgesprochen werden. Im Fernsehbereich interessieren mich gute Projekte am meisten. Ich bin jetzt nicht so scharf auf eine unglaublich tolle Hauptrolle. Ich liebe Nebenrollen, die eine gewisse Würze haben, die flexibel sind.

Sie engagieren sich in Ihrer Freizeit auch sehr stark ehrenamtlich, arbeiten mit Kindern und Jugendlichen und haben zusammen mit einem Kollegen den Verein „Netzwerk des Lebens“ gegründet. Was sind Ihre Beweggründe für dieses Engagement?

Der Verein „Netzwerk des Lebens“ will dabei helfen, ältere und vereinsamte Menschen in Berlin besser sozial zu vernetzen. Außerdem bin ich schon länger aktives Fördermitglied beim Berliner Kinder- und Jugendverein „Kids&Co.“ Ich gebe dort gelegentlich Workshops für Kinder, die vielleicht nicht ganz so integriert sind. Die Dinge, die ich damit verfolge, richten sich nicht an die Leistungsträger unserer Gesellschaft, sondern an die, die so ein bisschen am Rand stehen. Diese Menschen gehören aber dazu, wir können die nicht einfach vergessen! Hinter den Gardinen sitzen oft Menschen mit schlimmen Schicksalsschlägen. Manchmal habe ich selber Angst vor dieser Altersarmut und Altersvereinsamung. Gerade in Großstädten gibt es das wahnsinnig oft und das gibt mir schon sehr zu denken. Aber Kinder und Jugendliche vereinsamen auch – auf eine ganz unangenehme Art und Weise. Unsere ganze Kommunikation verändert sich. Man scheint irgendwie wahnsinnig viel zu reden, aber es kommen ganz wenige Taten. In allen anderen Ländern wird in den Familien generationenübergreifend was gemacht. Wenn die Familien dort ins Kino gehen, dann nehmen sie die Oma mit. Wenn die Leute auf die Geburtstagsfeier einer Freundin gehen, dann nehmen sie die Oma auch mit – und die Großmutter von der Freundin, die Geburtstag hat, ist auch da. Die Deutschen sind ein familienfremdes Volk geworden. Sie integrieren ihre Familienmitglieder nicht mehr, sondern grenzen sie aus.

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische erstmals exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Siein unserem Aboshop.

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