Fischzug
63 Männer zogen im Gänsemarsch durch Schmidmühlen

22.02.2023 | Stand 15.09.2023, 1:28 Uhr
Paul Böhm
In Frack und Zylinder gingen die Schmidmühlener Männer durch den Ort. Die Reihenfolge ist streng festgelegt. −Foto: Paul Böhm

Das Original der Fischzüge war gestern wieder in Schmidmühlen zu sehen. Mit dem Asche auflegen und dem Fischzug beginnt die Fastenzeit.

Eine ernste und schweigsame Angelegenheit ist der Fischzug allemal. Nach der Abstinenz der vergangenen zwei Jahre war man gespannt, wie der Fischzug heuer aufgestellt sein wird. Allen Unkenrufen zum Trotz sind 63 Teilnehmer mit Zeremonienmeister Thomas Wagner „um Oans“ zu ihrem Gang durch die Schmidmühlener Wirtshauswelt aufgebrochen.

Es wird immer auf der linken Straßenseite

„Gegangen wird im Gänsemarsch, immer auf der linken Straßenseite und für jedes verschwundene Wirtshaus gehen wir einen Schlenkerer“, belehrt der Zeremonienmeister. Start war beim Ochsenwirt, so wie es schon immer gewesen ist.

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Doch bevor man losmarschierte, ließ sich jeder Teilnehmer noch den obligaten Fisch, das „Billettl“, gegen einen „Fünfer“ auf seinen Gehrock malen. Für Zeremonienmeister Thomas Wagner eine leichte Sache, weil vielfach die Konturen noch aus den Vorjahren deutlich zu sehen waren.

Die Rangordnung beim Zug steht fest

An der Spitze wird die große Laterne an einer Stange getragen. Dann kommen der Faschingsprinz, der Zeremonienmeister, Bürgermeister Peter Braun, Brot- und Fischmeister Michael Eckmeder und Markus Hummel sowie die übrigen Männer. Das Ende des Zuges markiert ein Laternenträger.

Die Schmidmühlener schätzen und stehen zu ihrem Fischzug. „Er ist ein Stück unserer Heimatgeschichte“, sagt Thomas Wagner. Auch wenn der Fischzug mit seinem Alleinstellungsmerkmal als bodenständiges Brauchtum im Jahr 2014 keine Anerkennung als Weltkulturerbe gefunden hat. Auch von Verwässerungen oder Reformen hat man immer Abstand genommen, obwohl schon öfter derartige Ansinnen zu hören waren.

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„In Schmidmühlen ist das so: Die Männer haben ihren Fischzug und die Frauen ihren Hexenfreitag, der ebenfalls schon mehr als 50Jahre auf dem Buckel hat“, so der Zeremonienmeister. Zusammengefasst sind beide unter dem Dach des Faschingskomitees.

Entstanden ist der Fischzug in der Zeit vor oder kurz nach dem Ersten Weltkrieg, aber ein genaues Datum hat man nicht. Sicher ist aber, dass der Fischzug eng mit der Biergeschichte und dem damaligen Brauwesen im Markt verbunden ist.

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Einen Hinweis findet man aus dem Jahr 1925, dass der 1901 gegründete Burschenverein diesen Brauch wieder aufgenommen hat. Damals hat es immerhin 19 Wirtshäuser gegeben, die man besucht hat. Von diesen alten Zeiten hört man auch immer noch etwas, wenn der Geldbeutel am späten Mittwochabend im Kirwabaumloch am Hammerplatz eingegraben wird: Da ist in den Fürbitten die Rede von der Baunotstandssteuer, der Biersteuer, der Kinderbeihilfesteuer und der Notstandssteuer, die schon lange Geschichte sind.

Es gibt nur Brot und Sardinen

Doch zurück in die Gegenwart: Bei jeder Einkehr gibt es Brot und sauer eingelegte Sardinen. Jedes Schwanzl mit einem Stück Schwarzbrot kostet ein Fuchzigerl. Auf der Straße wird weder gesprochen, gesungen oder gepfiffen, auch wenn die Verlockung noch so groß ist. Und am späten Abend, so gegen „Zehne“ wird vom Geldbeutel unter Wehklagen und Heulen zu den althergebrachten Fürbitten Abschied genommen. Der Zeremonienmeister legt den Geldbeutel ins Kirwabaumloch. Dann macht man sich auf zum Schloss-Stadl für eine deftige Brotzeit um kurz nach Mitternacht.