Verein
MGV Ensdorf hat keine Zukunft mehr

Der Verein leidet unter Nachwuchsmangel. Gottesdienste könnte künftig eventuell eine kleine Besetzung umrahmen.

06.12.2021 | Stand 15.09.2023, 22:30 Uhr
Hans Babl
Der Männergesangverein Ensdorf (MGV) hat sich nach 100 Jahren aufgelöst. V. li. 2. Vorsitzender Martin Sollfrank, 1. Vorsitzender Franz Hammer und Chorleiter Gerhard Tschaffon. −Foto: Hans Babl

Im Jahr 1921 wurde der Männergesangverein Ensdorf gegründet. Zur 100-Jahrfeier in diesem Jahr kommt es nicht mehr, denn der Traditionsverein hat sich schweren Herzens aufgelöst.

Zur Auflösungsversammlung begrüßte Vorsitzender Franz Hammer im Pfarrsaal neben den Sängern auch Chorleiter Gerhard Tschaffon, Pfarrer Pater Slawomir Niemczewski und 3. Bürgermeister Roland Müller. „Die letzte Jahreshauptversammlung fand 2019 statt, 2020 musste sie wegen Corona ausfallen. Außerdem fanden keine Aktivitäten und Singstunden mehr statt. Der Verein ruhte. Man traf sich lediglich noch zu Stammtischrunden“, berichtete Hammer. Kassenprüfer Richard Schindler bescheinigte Kassier Georg Hafenbradl eine einwandfreie Kassenführung, einstimmig wurde die Vorstandschaft entlastet.

„Von 1921 bis 2021, über einen Zeitraum von nunmehr 100 Jahren besteht der Traditionsverein Männergesangverein Ensdorf – unterbrochen nur durch den 2. Weltkrieg. Leider steht heute die Auflösung an“, erklärte Vorsitzender Franz Hammer. Als Gründe nannte er: kein Nachwuchs und Überalterung. Auslöser dafür sah er wiederum in einem gesellschaftlichen Wandel, der letztendlich maßgeblich durch die neuen Medien, Kommunikationsmittel und Mobilität verursacht werde. „Das gesellige Miteinander vor Ort fiel dem Trend zum Konsum des neuen Zeitgeistes im eigenen Wohnzimmer immer stärker zum Opfer. Dieser Wandel trifft vor allem ideelle Vereine. In puncto Gesang ist das deutsche Volkslied leider nicht mehr in. Eben das war aber unser Grundrepertoire.“

1997 schlossen sich der MGV Ensdorf und der Sängerbund 1880 Amberg zwar zu einer Chorgemeinschaft zusammen mit gemeinsamen Auftritten und wechselnden Singstunden in Amberg und Ensdorf. Aber auch dies konnte langfristig das Nachwuchs- und Überalterungsproblem nicht beheben.

„Die Liedbeiträge des MGV waren viele Jahre fester Bestandteil im Gemeindeleben. So haben wir immer beim Volkstrauertag gesungen, Maiandachten oder Gottesdienste in der Pfarrkirche, am Eggenberg und im Seniorenheim gestaltet. Regional ist das Mitwirken bei Vilstalsingen zu erwähnen. Besonderen hohen Stellenwert hatten beim MGV Kameradschaft und Geselligkeit. Dies nicht nur wegen der jährlichen Waldfeste, Winterwanderungen und großen Vereinsfahrten nach Prag, Wien, Budapest und Paris. Eine Eisstockgruppe im Winter und Bergwandergruppe im Sommer hatte sich gebildet. Das Mitwirken aller hat es möglich gemacht, viele Jahre die Bewirtung beim Eggenbergfest zu übernehmen. Höhepunkte waren auch die Weihnachtsfeiern mit Instrumentalmusik und Gesang“, erinnerte Vorsitzender Franz Hammer in seinem Rückblick, der auch auf die einzelnen Vereinsvorstände und Chorleiter einging.

Wegen Sängermangels und Überalterung und weil in der Folge weder Proben noch Auftritte möglich sind, hat die Vorstandschaft die Auflösung des Vereins vorgeschlagen. Zudem hatte sich niemand für eine künftige Vorstandschaft bereiterklärt. Einstimmig beschloss die Versammlung die Auflösung des Männergesangverein Ensdorf. Das Klavier des MGV geht an die Kirchenstiftung Ensdorf. Mit dem restlichen Kassenbestand wird das Kreuz an der Straße „Am Kreuz“ neu vergoldet und für weitere fünf Jahre jeweils am 2. Weihnachtsfeiertag eine Messe für die verstorbenen Mitglieder bezahlt. Notenwart Josef Reindl sortiert die aufzubewahrenden Noten aus. Die zu archivierenden Noten und alle Dokumente werden der Gemeinde zur Übernahme in das Gemeindearchiv übergeben.

3. Bürgermeister Roland Müller kommentierte die Entscheidung: „Ich finde es schade, dass diese tolle Tradition künftig fehlt. Wenigstens der Stammtisch sollte möglichst lange aufrechterhalten bleiben und im Kreis gesellig gesungen werden.“ „Wir müssen ja nicht unbedingt mit dem Singen aufhören“, betonte Franz Hammer. „Wir könnten doch mit ganz kleiner Besetzung z. B. noch Messen singen!“ Über dieses Angebot freute sich Pfarrer Pater Slawomir Niemczewski besonders.

(abl)