Wandern im Bayerwald
15 Gipfel und 1000 Liter Schweiß

Die Lamer Fotografin Evi Lemberger veröffentlicht ein untypisches Wanderbuch. MZ-Reporter Michael Gruber war als Autor dabei.

14.04.2022 | Stand 15.09.2023, 5:55 Uhr
Michael Gruber
Der Sonnenuntergang am Arber: Auch die prominenten Gipfel im Bayerwald werden vorgestellt. −Foto: Evi Lemberger

Es regnet in Strömen, mit beschlagenen Brillengläsern schließe ich die Holztür hinter mir. Gestern glänzte hier vor der Berghütte Schareben noch eine Wiesenlandschaft im saftigen Grün. Doch am Tag zwei unserer Tour ist es vorbei mit der Postkartenidylle auf 1000 Höhenmetern über Bodenmais. „Nur die Harten kommen in den Garten“, schreit der Wirt gegen den Wind an, als ich mit einem gut zehn Kilo schweren Wanderrucksack an der Seite meiner Kollegin Martina Dobrusky losstapfen.

An jeder Ferse klebt ein Blasenpflaster, jetzt kommt auch noch die Regenhaut aus dem Ein-Euro-Shop ins Spiel. Wird das Material den Härtetest bestehen? Und was macht den Reiz einer Mehrtagestour aus, bei der man den Launen der Natur ausgeliefert ist – im Gegensatz zum kurzen Schönwetter-Spaziergang am Sonntag?

Mit diesen Fragen im Gepäck durfte ich als Autor den Bayerischen Wald erforschen – gemeinsam mit vier weiteren Kollegen, die einer Idee von Evi Lemberger gefolgt sind. „15 Gipfel“ titelt das neue Wanderbuch der Lamer Fotografin und Wirtstochter, diein ihrem Heimatort besser bekannt ist als „D’Kadei Evi“. Als Fotografin mit Leib und Seele hat sie für ihre Projekte schon die ganze Welt bereist. Die Liste der Länder reicht von Russland, Bangladesch, Indien bis nach Israel, veröffentlicht wurden ihre Arbeiten in namhaften Medien wie der Süddeutschen Zeitung oder Zeit online.

Als Couchpotatoe in der Wildnis

Als ich eines Tages den Anruf von Evi erhielt, ob ich nicht Lust hätte, als Autor bei einem Wanderbuch-Projekt mitzuwirken, klang das natürlich spannend – nur gibt es da einen Haken. Ich gehe zwar hin und wieder zum Wandern, neige vom Typ her aber eher zur Couchpotatoe als zum Outdoor-Profi. Genau das fände sie aber gut, meinte die Herausgeberin. „Wir wollen auch Leser ansprechen, die sich genau damit identifizieren.“ Als einer von drei Textern würde ich an der Seite eines Fotografen in Zweier-Teams durch den Bayerischen Wald wandern - „es soll nicht so ein klassisches Wanderbuch werden, wie man es sonst aus den Bücherregalen kennt“.

Projekt:Bilder:
Das Buch „15 Gipfel-Reportagen und Touren zum Wandern im Bayerischen Wald“ erscheint am 12. Mai im Lichtung Verlag und kostet 26 Euro. Herausgeberin ist Evi Lemberger, mit Texten von Mirko Boysen, Michael Gruber und Katharina Schmid.Die Fotografien stammen von Evi Lemberger, Martina Dobrusky, die im Unteren Bayerischen Wald aufgewachsen ist, und Benedikt Seidl, der ebenfalls aus Lam kommt. Dazu kommen Reportagen über das Wandern mit Kindern von Caroline von Eichhorn. Erhältlich ist „15 Gipfel“ in Buchhandlungen sowie auf www.15gipfel.de. Die ersten Besteller erhalten ein Foto aus dem Buch als Poster dazu.

All diese Eindrücke, die unser Projektteam bei den Wanderungen durch den Bayerischen Wald gesammelt hat, präsentiert „15 Gipfel“ in Form von Reportagen undstimmungsvollen Fotos auf 304 Seiten. Fünfzehn Kapitel widmen sich jeweils einer Gipfelregion, die vom nördlichsten Punkt am Hohenbogen bis zu den südlichen Höhenzügen rund um die Triftsperre an der Ilz bei Passau reichen.

QR-Codes für Wanderungen

„Wir wollen den Bayerischen Wald nicht so verkitscht darstellen, wie das bei vielen anderen Wanderbüchern passiert“, sagt Verlegerin Kristina Pöschl, die den Titel für den Lichtung Verlag aus Viechtach vermarktet. „Wir wollen Land und Leute zeigen, wie sie sind. Mit einem liebevoll-kritischen Blick und einem Fortschrittsbewusstsein.“ So werden bei jeder Wanderung im Buch neben dem Kartenmaterial auch QR-Codes zu den Touren zur Verfügung gestellt, die über die Smartphone-App Outdooractive aufgerufen werden können.

Erinnerungen eines US-Spions

So hat sich Autorin Katharina Schmid mit Fotografin Evi Lemberger zum Interview mit der 94 Jahre alten Stilla Moritz getroffen, eine der letzten noch lebenden Zeitzeuginnen aus Leopoldsreut, dem verlassenen Dorf am Haidel. Auch Charlie Hess, derals US-Soldat für den amerikanischen Geheimdienst am Hohenbogengearbeitet hat, spricht über seine Erlebnisse aus dem Kalten Krieg. „Bei jedem Kapitel lernst du etwas dazu, gleichzeitig bist du wirklich gut unterhalten“, findet Herausgeberin Evi Lemberger, die ihre Heimat von einer ganz neuen Seite kennengelernt hat.