Expertin informiert
Darf der Vermieter einfach die Heizung runterregeln?

18.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:38 Uhr
Martina Niemeier-Greiner
In banger Angst um die Energiesituation im Herbst herrschen falsche Vorstellungen, was Mieter nun erwarten kann. −Foto: dpa

Seit dem 1. September gilt die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristige Maßnahmen (EnSikuMaV) zunächst für 6 Monate, also bis zum 28. Februar 2023. Diese Verordnung enthält auch Regelungen zum Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter. Doch was sagt diese Verordnung insoweit denn eigentlich aus?

Ein Schlagwort, das in diesem Zusammenhang sofort fällt, ist die „Mindesttemperatur“ in der Wohnung. In der Praxis hört man mitunter bereits jetzt teilweise, dass die Heizung vom Vermieter runtergedrosselt werden darf, da die bisher geltenden Mindesttemperaturen nicht mehr gewährleistet sein müssen.

Das ist aber eben nicht der Fall. So weit ist der Gesetzgeber dann doch nicht gegangen. Geregelt wurde mit Blick auf Mindesttemperaturen folgendes: Klauseln in Wohnungsmietverträgen, die Mieter zum Heizen auf eine bestimmte Mindesttemperatur verpflichten, werden vorübergehend ausgesetzt. Dies bedeutet: Es gibt Mietverträge, die Klauseln enthalten, wonach der Mieter zum Schutz der Wohnung vor Schimmel in der Heizperiode die Wohnung auf eine gewisse Mindesttemperatur zu beheizen hat, denn Schimmel entsteht oft durch falsches Heiz- und Lüftungsverhalten.

Auf diese vertraglich vereinbarte Mindesttemperatur muss der Mieter laut Verordnung nicht mehr heizen. Allerdings muss der Mieter natürlich dennoch weiterhin durch ein angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden von der Wohnung abwenden. Über den Sinn und Zweck dieser Verordnung darf mit Fug und Recht diskutiert werden, zumal in der Rechtsprechung Klauseln in Mietverträgen, die den Mieter zu einer Beheizung auf eine bestimmte Mindesttemperatur verpflichten, ohnehin als unwirksam eingestuft wurden und werden, da es rechtlich keine Heizpflicht in diesem Sinn gibt.

Was sagt die Verordnung damit letztlich aus? Das, was doch eigentlich auch bisher schon galt. Der Mieter muss nur so heizen und lüften, dass kein Schaden an der Wohnung entsteht.

Ganz deutlich klarstellen möchte ich mit diesem Beitrag für Vermieter, dass diese Verordnung eben gerade kein Recht für Vermieter enthält, die nach der Rechtsprechung vom Vermieter zu gewährleistenden Mindesttemperaturen bis 28. Februar 2023 einfach abzusenken. Der Vermieter hat weiterhin akzeptable Temperaturen in der Wohnung zu ermöglichen. Während der Heizperiode, in der Regel vom 1. Oktober bis 30. April, muss der Vermieter die zentrale Heizungsanlage so einstellen, dass eine Mindesttemperatur in der Wohnung zwischen 20 und 22 Grad Celsius erreicht werden kann, in der Nacht ist eine Nachtabsenkung auf 18 Grad Celsius möglich.

Selbst wenn künftig die Mietgerichte auf die Energiekrise reagieren sollten, wird es viel Spielraum nach unten juristisch gesehen nicht geben und nicht geben dürfen. Man wird doch wohl kaum beispielsweise Rentner, Kinder und Home-Officeler tagsüber zum Frieren verdonnern können, indem man die Regelung der Raumtemperatur in das Ermessen des Vermieters stellt, sprich auf welche Temperatur die Heizungsanlage eingestellt wird. Oder etwa doch? Die weitere Gesetzgebung und Rechtsprechung bleibt spannend.

Bisher galt, dass, wenn die Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius im Winter nicht erreicht wird, grundsätzlich ein Wohnungsmangel vorliegt. Der Vermieter ist verpflichtet, diesen Mangel abzustellen. Solange dies nicht geschieht, kann der Mieter die Miete mindern und die Beseitigung dieses Mangels fordern.

Es bleibt abzuwarten, ob sich in der Bevölkerung ein Missverständnis bezogen auf den Inhalt dieser Verordnung einschleicht und es im Winter verstärkt zu einstweiligen Verfügungsverfahren kommt, weil die Wohnung nicht warm genug wird. Wünschenswert wäre dies für beide Seiten nicht.