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Daumen hoch für die Pflege

Zum Tag der Pflege stellt das BRK die Attraktivität der Berufe heraus. Es grassierten nur viele Vorurteile.

16.05.2021 | Stand 16.09.2023, 2:55 Uhr
Beide Daumen nach oben! Als Spätberufene hat Anita Spörer-Eberhardt aus Stamsried auf der BRK-Pflegestation in Roding ihren Traumberuf gefunden. −Foto: Yvonne Schönemann, BRK

Alexandra Dostal kennt die Vorurteile zur Genüge. Nach fünf Jahren Burnout! Keine Wochenenden frei! Miese Bezahlung! Dauerstress! Der Pflegeberuf hatte und hat – befeuert durch viele schwarze Schafe in der Branche – sowieso schon kein gutes Image, wie die Ausbildungsbeauftragte beim BRK-Kreisverband aufzeigt. Und dann kam auch noch die Pandemie… Sie bescherte der Pflege zwar kurzzeitig gut gemeinten Applaus, aber auch viele Negativ-Schlagzeilen über schwere Virus-Ausbrüche in Altenheimen und Mitarbeiter, die jeden Tag an der Belastungsgrenze schuften.

„Durch all diese Geschichten kommt die Pflege nicht aus dem Sumpf raus“, äußert Dostal zum Internationalen Tag der Pflege, der jährlich am 12. Mai begangen wird, ihr Bedauern. Nicht zuletzt darüber, dass in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem die neue, attraktive generalistische Ausbildung zum Pflegefachmann immer noch unter den Tisch fällt. Sie war 2020 ins Leben gerufen worden und ersetzt die Berufsbezeichnungen Altenpfleger, Krankenschwester und Kinderkrankenschwester.

Die neuesten Zahlen belegen die verschärften Probleme, mit denen es die Sozialverbände nach bald eineinhalb Jahren im Corona-Modus zu tun bekommen. „Wir haben aktuell beim BRK-Kreisverband drei Auszubildende für die Generalistik und vier für die einjährige Ausbildung zum Pflegefachhelfer für September. Normalerweise ist es mehr als die doppelte Anzahl“, verdeutlicht Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner die Lage. Momentan sei das noch eine Delle, die sich wieder bereinigen werde. „Aber die Dellen sollten kein Trend werden“, warnt er.

Der Kontakt zur Jugend fehlt

Seiner Kollegin Dostal tut am allermeisten weh, dass sie seit Beginn der Pandemie mit so gut wie keinem Jugendlichen mehr unter vier Augen ins Gespräch kommen konnte. Die Abendveranstaltungen an den Schulen, Messebesuche, die Berufsfindungswochen beim Kolping-Bildungswerk, „Ehrenamt macht Schule“: alles gestrichen. „Es kommen auch keine Praktikanten mehr“, berichtet Dostal. „Zuerst durften sie nicht rein und jetzt fragt schon gar keiner mehr an.“

Bitter! Denn: All das waren Gelegenheiten, bei denen sie mit jungen Menschen und deren Eltern in Kontakt kam und die gängigen Vorurteile über den Pflegeberuf aus der Welt schaffen konnte. Mehr als einmal ist es Dostal beispielsweise bei den Kolping-Info-Tagen gelungen, Interessentinnen, die Erzieherin werden oder eine andere Berufsrichtung einschlagen wollten, zu „ködern“.

Mit dem Ergebnis, dass die Damen sich nach einem Praktikum für eine Ausbildung beim BRK entschieden. „Das geht alles nur, indem ich Interesse wecke und den Stachel setze“, umschreibt es Dostal. Doch im Augenblick gelinge es nicht, „das positive Klima, das wir beim BRK haben, nach draußen zu tragen“.

Zu diesem „positiven Klima“ gehören für sie nicht nur ein festes Ausbildungskonzept, ein Tarifvertrag, Azubi-Tage mit geselligem Beisammensein und die 15 geschulten Praxisanleiter in den Landkreis-Einrichtungen, sondern in besonderer Weise das völlig veränderte Berufsbild in der Generalistik. 2020 waren in der Ausbildung zum Pflegefachmann mit Kinder-, Alten- sowie Krankenpfleger drei Berufsbilder vereint worden.

Über drei Jahre hinweg lernen die Azubis seitdem auf den Feldern der stationären und der ambulanten Pflege sowie im Krankenhaus. Natürlich zählt nach dem Berufsabschluss in den Altenhilfe-Einrichtungen des BRK auch die klassische Pflegetätigkeit zu den Aufgaben. „Aber hier liegt beim Pflegefachmann gar nicht mehr unbedingt das Hauptaugenmerk“, erläutert Dostal. Zur Büroarbeit kommen vielmehr die Dokumentation von Pflegeprozessen oder die eigenverantwortliche Medikation, also die Gabe von Medikamenten, wenn ein Arzt gerade nicht greifbar ist. „Das ist eine Ausbildung mit viel Fachwissen und Selbstständigkeit, bei der in der Gesellschaft nicht gesehen wird, welche Wertigkeit und welcher Inhalt dahinterliegen“, sagt Dostal, die gelernte Krankenschwester ist, 1998 zum BRK kam und als Pflegedienstleiterin im Senioren-Wohn- und Pflegeheim in Waldmünchen arbeitet.

Einkommen lässt staunen

Das neue Berufsbild, meint auch Aschenbrenner, sei noch nicht in der Gesellschaft verankert. „Daran müssen wir arbeiten. Die Menschen trennen immer noch zu sehr zwischen der Krankenpflege im Krankenhaus und der Altenpflege im Heim – dabei lernen die Azubis dort jeweils das Gleiche“, sagt er. Die Ausbildung könne wohnortnah gemacht werden und sei überall dort möglich, wo es ein Pflegeheim oder einen ambulanten Dienst gebe, fügt Dostal hinzu – und verweist auf ein Netto-Einkommen von 1800 bis 1900 Euro nach der Lehrzeit, das auch viele Mütter und Väter staunen lässt.