Menschen
Der berufene Zellenzüchter

Als frisch ernannter Professor an der Uni Regensburg sprach Johannes Zellner in Bad Kötzting über sich und seine Arbeit

09.12.2019 | Stand 16.09.2023, 5:23 Uhr
Roman Hiendlmaier

Prof. Johannes Zellner war der erste Redner zum Start von Uschi Martins „Netzwerk Gesundheit“, das Therapie und Wissenschaft verbindet. Foto: Roman Hiendlmaier

Was hätte aus dem Fußballer Johannes Zellner werden können, wenn nicht FC-Bayern-Kultkicker Sammy Kuffour damals in der 91. Minute ein Tor gegen Zellners A-Jugendteam des 1. FC Kötzting geschossen hätte? Und welche Sportlerkarriere wäre drin gewesen, hätte den laut Selbstauskunft zwar flinken, aber technisch limitierten Offensivspieler nicht eine Knieverletzung gezwungen, nach dem Abi am BSG weniger seine Kondition denn seine grauen Zellen zu trainieren?

Nun, es hätte schlimmer kommen können. Am Samstag stand das ehemalige Fußballtalent Johannes Zellnerals frischgebackener Medizinprofessorvor knapp 50 Zuhörern im Rehazentrum von Uschi Martin. Sein Auditorium bestand zum Teil aus Studenten – mehrheitlich wollten regionale Kollegen vom Fach, also Mediziner und Therapeuten, hören, welches Know-how den gebürtigen Kötztinger dem akademischen Meistertitel gebracht haben.

2019 war Johannes Zellners Jahr

Seine Sprünge auf der Karriereleiter waren für Zellner aber kein Maßstab für ein hochfliegendes Referat, im Gegenteil: Unterhaltsam und bodenständig erklärte der Mediziner sein Spezialgebiet, die Therapieform „autologe Knorpelzelltransplantation“. Nach akuten (Sport- oder Unfall-)Verletzungen oder frühen Stadien von Arthrose wird dabei per Arthroskopie aus einem nicht belasteten Kniegelenks-Teil eine kleine Menge Knorpelzellen entnommen. Die Zellen werden im Labor vermehrt und nach einigen Wochen an der verletzten Stelle in einer zweiten, minimal-invasiven OP wieder eingesetzt.

Zellner ist im Fifa Medical Centre

Es dauere zwar, so Zellner, aber mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit regeneriere sich danach so viel Knorpelsubstanz, dass unter Beachtung weiterer Faktoren die befürchtete Abnutzung des Gelenkknorpels, die Arthrose, zumindest hinausgezögert werden könne.

Das Referat war kurzweilig, weil Zellner seine Methode durch allgemeinverständliche Bilder erklärte: „Mit der Zellzüchtung ist es wie auf einem Fußballplatz: aus Setzlingen wird ein Rasen“. Er gab Tipps in Richtung aller Sportler, wie sie Knie-Verletzungen vorbeugen können. Etwa „FIFA 11+“, ein Programm zum Aufwärmen vor jedem Training.

Bildung: Bedeutung:
Johannes Zellner, 44, hat 1995 am Benedikt-Stattler-Gymnasium Abitur gemacht. Dem Medizinstudium an der Universität Regensburg folgten Promotion und Habilitation im Fachgebiet der Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Urkunde zur apl-Professur verlieh ihm im November der Präsident der Universität Regensburg, Prof. Dr. Udo Hebel.Außerplanmäßige Professoren haben keine ausgeschriebene Stelle. Es sind Privatdozenten, die sich in Forschung und Lehre verdient gemacht haben. Den Titel verleihen Hochschulen auf Vorschlag des Fakultätsrats und externer Gutachten. Außerplanmäßige Professoren müssen regelmäßig Lehrveranstaltungen durchführen. (Quelle: academicus)

Das Know-how dazu stammt von einem weiteren Netzwerk des Referenten: Johannes Zellner gehört zum Team des „Fifa Medical Centre“ in Regensburg, einem von weltweit wenigen von der FIFA ernannten Forschungszentren für Sportmedizin. Eingerichtet und geleitet wurde das Therapie- und Präventionszentrum von seinen Mentoren Prof. Dr. Peter Angele und Prof. Dr. Michael Nerlich. Letzterer war auch Zellners Vorgänger am Regensburger Caritas-Krankenhaus.

Von Bad Abbach nach Bad Kötzting

Unfallchirurg, Orthopäde, Forscher und nun als Professor mit Lehrauftrag auch verstärkt Dozent und Referent – den Vielbeschäftigten hätte man auch in der Heimat gern öfter gesehen, sagte Gastgeberin Uschi Martin. Sie nannte den erfolgreichen Kötztinger als Paradebeispiel für ihr „Netzwerk Gesundheit“, für das der Samstagvormittag die Auftaktveranstaltung war. Die Unternehmerin verfolgt Zellners Karriere seit Jahren, schließlich sei es sein Vater gewesen, der ihr Rehazentrum mit dem Aqacur zusammenbrachte. Seit 2005 befindet sich Uschi Martins 1500-Quadratmeter-Praxis im Aqacur und wartet nach den Worten der Chefin nun sehnsüchtig auf die nächste Expansion.

Eine häufigere Anwesenheit der in Bad Abbach lebenden Koryphäe wäre dem Netzwerk sicher förderlich, wenngleich Johannes Zellner ihr – zumindest kurzfristig – dafür eine Absage teilte: „Das nächste mal, wenn ich mit meiner Frau, die aus Lam stammt und unseren Kindern nach Bad Kötzting komme, ist das ausschließlich privat: nämlich zu Weihnachten.“