Diskussion
Die Realität auf dem Bauernhof stand im Fokus

Die Themen reichten vom Preisdiktat über Fehlförderung bis zur Bürokratie.

06.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:21 Uhr
Holder Hierl
Marianne Schieder stellte sich mit den anderen Bundestagskandidaten (re. am Tisch) den Fragen und Wünschen der Landwirte. −Foto: Holder Hierl

„Was kann man von Politikern erwarten?“, fragte ein Diskussionsteilnehmer. Seit Jahrzehnten bestimmten sie die Politik, für die Bauern verbessere sich nichts. Es werde immer nur geraten: erweitern, abbauen, umbauen, mehrere Standbeine oder aufgeben. Jahrelang sei von den Grünen gegen die Landwirtschaft gehetzt worden „und die CSU hat zuagschaut. Die FDP is momentan noch am unschuldigsten.“

Der Schweinezüchter meinte: „Wir brauchen Wettbewerbsfähigkeit, keine Aufschläge.“ Vor den Förderzahlungen habe es in Deutschland eine Selbstversorgung mit Schweinefleisch von 55 Prozent gegeben, dann sei der Schweinestallbau subventioniert worden, die Versorgung stieg auf über 130 Prozent, was zu einem Preisverfall geführt habe, die Produktion wurde gesenkt, die Selbstversorgung liege aber immer noch über 100 Prozent und drücke den Preis. „Wir als Politiker machen doch ned die Preise“, wandte Marianne Schieder ein. Die Wahrheit sei doch, dass der Handel den Preis diktiere. Des san vier Familien, die stecken den Preis fest“, erwiderte der Züchter. „Wir in Deutschland san doch de in Europa, die die Standards hochschrauben und glauben, dass de andern mitzuing. Und dann schau ma rundum, wer mitmacht, aber da is koana.“

Ein Landwirt hat seit 29 Jahren Photovoltaik auf dem Stalldach. Jetzt laufe die Einspeisegarantie aus, und er müsste eine neue Anlage aufs Dach setzen, um den Strom loszuwerden. Doch seine alte Anlage liefere noch so viel Strom wie zu Beginn. Auch Elektroautos sprach er an, die „der größte Schmarrn“ seien, weil man sie nicht löschen könne, wenn sie brennen. Außerdem produzierten Akkus so viel CO2 wie kein Dieselmotor.

Schieder ist auch für eine weitere Nutzung der Dieselantriebe, die in etwa zehn Jahren durch Wasserstoffmotore ersetzt werden könnten. Andererseits kämen immer mehr E-Autos auf den Markt und damit entstehe Ingenieurwissen, mit dem man die Probleme minimieren könne.

„Wir ham nimmer vui Zeit“, meldete sich der Schweinehalter noch mal: „Wenn i mir die Wertschöpfungskette anschau, vom Stall bis zur Ladentheke: Da wird unheimlich vui Geld verdient. Nur ned vo uns. Da muass doch was schiefglaffa sa. Ihr müsst’s eich gegen die Handelslobby auflehnen“, forderte er die Politiker auf.

Die Macht der Handelsriesen, aber auch überzogene Forderungen von Naturschutzverbänden oder eine falsche Förderpolitik des Staates und der EU sahen nicht nur die Landwirte als Hauptprobleme der Landwirtschaft an, sondern auch die Politiker. „Da san dicke Bretter zu bohren“, machte ein Ferkelerzeuger klar. „Es geht net um Bio oder konventionell. Jeder Betrieb, der jetzt weg ist, der kann a nimmer a Bio-Betrieb werden. Des is koa Strukturwandel, des is a Strukturbruch!“

Dass auch Biobetriebe zu kämpfen haben, erzählte einer aus dem Lamer Winkel. 32 Jahre habe er den Biobetrieb. In der Zeit habe er viermal einen neuen Rinderstall bauen müssen, weil sich die Vorgaben geändert hatten. Jetzt werde gefordert, dass er 150 Stück seines Bestands auf die Weide bringe. Das könne er schlicht nicht, weil er die Fläche nicht habe. Einen neuen Stall könne er auch nicht bauen, weil er noch Kredite bedienen müsse.

Auch ein Teichwirt machte seinem Ärger Luft, weil er, wie ein Landwirt in der Regentalaue, durch die Überpopulation bestimmter Tierarten in ihrem Gebiet in der Existenz bedroht sei. „Über 99 Prozent der Bevölkerung will die Viecher bei uns ham, weniger als ein Prozent soll das bezahlen.“ Wenn der Tierschutz so rigoros betrieben werde, dann gebe es bald keine Oberpfälzer Teichwirtschaft mehr und die Fische müssten von weit her gekarrt werden.

Zum Schluss forderten die Landwirte die Beschränkung der Macht des Handels, einen praxisnahen Natur- und Tierschutz, eine Aufklärung der Bevölkerung über die Zusammenhänge bei der Lebensmittelproduktion und eine Planbarkeit der Einnahmen. Schieder forderte dazu auf, dass die Landwirtschaft eigene Vermarktungsketten aufbaue, so wie die Raiffeisengenossenschaft früher, um die Handelsgewinne besser kontrollieren zu können. (chi)