Energiewende
Im Mittelpunkt stand das Effizienzhaus

Am 7. Dezember fand im Arnschwanger Radl-Café der 53. Energiewende-Stammtisch statt. Johann Christl organisierte den Abend.

08.02.2022 | Stand 15.09.2023, 21:03 Uhr
Johann Gruber
Walter Pritzl (rechts) gründete 1964 seinen Heizungsbaufachbetrieb, nun auch auf Luft- und Klimatechnik, Solar- und Wärmepumpen spezialisiert. Links: Energiewende-Stammtischorganisator Johann Christl. −Foto: Johann Gruber

Beim 53. Energiewende-Stammtisch in der vergangenen Woche im Radl-Café stand das erste „Effizienzhaus Plus“ im Mittelpunkt, das 2011 in Berlin eröffnet wurde. Am zehnten Jahrestag, 7. Dezember, zogen die das Modellprojekt der Bundesregierung begleitenden Wissenschaftler eine Bilanz der Energiewende. Johann Christl präsentierte zunächst das Video von der digitalen Jubiläumsveranstaltung, in dem die Sachstandsberichte der Wissenschaftler die finanziellen, ökologischen und soziologischen Vorteile des Effizienzhaus-Plus-Standards und die künftigen Herausforderungen aufzeigten.

Im ersten Modellhaus mit 130 Quadratmeter Wohnfläche wird dank Wärmepumpe und modernster Photovoltaik-Anlage auf Dach und Fassadenflächen mehr Nutzenergie erzeugt, als die zwei vierköpfigen Familien mit zwei Elektroautos verbrauchten. Wissenschaftler begleiteten das Haus jeweils ein Jahr, indem sie es bewohnten. Die auf dem Grundstück erzeugte Energie wird in Hochleistungsbatterien gespeichert und für Heizung, Trinkwarmwasser, Kühlung, Beleuchtung, Belüftung und Betankung der Elektrofahrzeuge mit Strom genutzt. Die Isolierung der Gebäudehülle sowie eine optimierte Gebäudetechnik minimieren die Wärmeverluste, die bei herkömmlichen Bauweisen für einen erheblichen Energieverlust verantwortlich sind. Das Haus der Zukunft ist weitgehend energieautark und weist eine niedrige CO2-Belastung auf. Die wissenschaftliche Begleitung bestätigte, dass die Effizienzhäuser Plus in der Betriebsphase klimaneutral sind. Beim Vergleich der Endenergie werden bei den Modellvorhaben sowohl bei den Wohngebäuden plus 78 Prozent als auch bei den Bildungsbauten plus 39 Prozent die Vorgaben im Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes erheblich übertroffen. Außerdem ist es beinahe vollständig recycelbar, da beim Bau auf das Verkleben einzelner Schichten und verschiedener Bauteile weitgehend verzichtet wurde. Christl wies darauf hin, dass er beim Energiewende-Stammtisch am 4. März ein im Landkreis konkret geplantes Effizienzhaus-Plus-Projekt vorstellen wird.

Prof. Dr.-Ing. Werner Sobeck lenkte den Blick darauf, wie unter den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes künftig gebaut werden muss: „Die brutale Wirklichkeit lautet, entweder wir ändern unsere Technologie des Bauens oder wir bauen in neun Jahren nur noch ein Drittel dessen, was wir heute bauen, weil wir eine Kontingentierung der CO2-Emissionen und anderer THG haben!“ Das erfordere vor allem materialsparendes und recyclinggerechtes Bauen mit lokaler Energieerzeugung und lokalem Energiemanagement. Eine Schlüsselrolle weist Prof. Sobeck der Minimierung der sogenannten „Grauen Energie“ zu. Das ist die Energie, die in die Herstellung der Produkte und zuvor schon zur Gewinnung der benötigten Rohstoffe, für den Transport zum Lagern und guter Letzt auch noch für das Recyceln oder fachgerecht Entsorgen investiert wurde. Viel zu oft ist „Graue Energie“ noch mit erheblichem Ausstoß von klimaschädlichem CO2 verbunden. Das Bayerwald-Echo sprach mit dem Further Entsorgungsunternehmer Sebastian Zahner über die Klimaverträglichkeit von Baustoffen. Es zeichne sich hier ab, dass künftig die Entsorgung von Bauschutt sehr teuer wird, wenn die problematischen Bestandteile nicht aussortiert werden können. Zur Wiederverwertung biete sich beispielsweise für den Untergrund beim Pflastern recycelter Beton anstelle von neu hergestelltem Schüttgut wie Schotter oder Frostschutz an.

Mit gutem Beispiel geht auch das Kompetenzzentrum Bautechnik/Holztechnik voran: In der Further Berufsschulaußenstelle wird ausschließlich mit wiederverwertbaren Ziegeln und Mörteln sowie mit Holz gearbeitet. In nachhaltiger Holzbauweise hat auch Schreinermeister Andreas Hastreiter in Grabitz jüngst die Erweiterung seiner Schreinerhalle vorgenommen. Holz weist bei niedrigem Eigengewicht eine hohe Zug- und Druckfestigkeit auf. Es erzeugt ein angenehmes Raumklima und besitzt gute Wärmedämm- und Wärmespeichereigenschaften. Wird einheimisches Holz im Bauwesen eingesetzt, sind Transportwege und Energieaufwand zu seiner Bereitstellung und Aufbereitung gering. Die in der Präsentation aufgezeigten Möglichkeiten zur Gewinnung regenerativer Energien sowie zum emissionsarmen Bauen wurden intensiv diskutiert. Wegen mehrerer Anfragen findet am Dienstag, 15. Februar, um 19 Uhr, im Radl-Café Arnschwang ein zusätzlicher Energiewende-Stammtisch mit den Themen: 1. Photovoltaik Altanlagen 2. Energetische Optimierung bei Neubauten/Sanierungen, statt. Vorherige Anmeldung unter Nummer: (09977) 903582 oder Mail: jo-hann.christl@energie-wende-landkreis-cham-ev.de Notwendig: 3G-Nachweis und FFP2-Maske. Eintritt frei. (fer)