Gesundheit
Reinemachen im Körper

Nach längerer Zeit veranstalten Kneippverein und Mehrgenerationenhaus in Waldmünchen wieder einen Heilfastenkurs.

09.11.2021 | Stand 15.09.2023, 23:15 Uhr
Ingrid Milutinovic
Verzicht auf leibliche Genüsse: Entlastungstage mit leichter Kost stehen am Anfang der Fastentage. Erlaubt sind lediglich Obst und Reis. Dazu soll regelmäßig Flüssigkeit (drei Liter Wasser oder Tee) getrunken werden, ehe gar nichts mehr gegessen wird. Die Zeit des Heilfastens soll mindestens fünf Tage betragen. Das Fastenbrechen beginnt mit einem Apfel und einer Gemüsesuppe. −Foto: Holger Hollemann/picture alliance / dpa

Für viele ist es bereits selbstverständlich, andere wollen es einfach einmal ausprobieren: das Heilfasten. Fast zwei Jahre konnten diese Kurse (seit ungefähr 20 Jahren gibt es sie bereits) mit Dr. Klaus-Roman Hör nicht stattfinden – an Attraktivität haben sie aber nicht verloren. Deshalb freute sich die Vorsitzende des Kneippvereins, Andrea Pawelka, dass so viele Interessierte den Weg in das Mehrgenerationenhaus gefunden hatten.

„Wiederholungstäter“ und „Neue“ hatten sich am Montagabend vorfreudig versammelt. Während die Neuen sich (noch) dezent im Hintergrund hielten, waren die Erfahrenen gleich mitten im Geschehen. Sie kannten sich ja auch schließlich schon aus den vorherigen Kursen und genossen sichtlich das Wiedersehen. Wie Brigitte Spiessl aus dem Großraum Rötz und Gabi Schmid aus Waldmünchen, die begeistert waren. „Endlich wieder einmal“, betonten sie unisono. Brigitte Spiessl hatte – sozusagen in vorauseilendem Gehorsam – sogar bereits mit dem ersten Teil des Heilfastens, der Darmentleerung, angefangen.

Körperliche Erfahrungen

Warum sie regelmäßig heilfasten? Welche Erfahrungen sie dabei gemacht haben? Ob es Probleme dabei gibt? Die beiden sind sich einig. Nur die ersten zwei Tage seien sie etwas müde, bei der Arbeit Probleme? Nein! „Ich hab‘ sogar meine Fenster geputzt, so gut war ich drauf“, beschreibt Gabi Schmid ihre körperliche Verfassung. Und der Erfolg, wie man sich danach fühlt, zeigt, wie gut das Heilfasten dem Körper tut, sagen sie noch. Christian Pangratz aus Geigant ist einer der Neulinge in der Runde. Er habe es in der Zeitung gelesen, sagt er. Und weil er immer wieder einmal Probleme mit seinem Darm habe, wolle er es einfach einmal ausprobieren.

Aber was genau ist eigentlich „Heilfasten“? Dr. Klaus-Roman Hör erläutert, sozusagen als Einstieg in die kommende Woche, die Grundlagen und das Vorgehen. Auf jeden Fall bedeute es nicht, einfach mal weniger zu essen, um ein paar „Speckröllchen“ verschwinden zu lassen. Vielmehr stecke ein ausgeklügeltes Programm dahinter, mit dem der Körper entschlackt werden soll. Abfallprodukte des Stoffwechsels, die, wenn es ganz schlimm kommt, Krankheiten verursachen können, sollen ausgeschwemmt werden.

Am bekanntesten ist wohl die Methode des Arztes Otto Hermann Ferdinand Buchinger. 1878 geboren, jährt sich in diesem Jahr zum 55. Mal Buchingers Todestag. Zum Heilfasten kam er, nachdem er 1917 an einer Mandelentzündung erkrankte, die – nicht vollständig ausgeheilt – zu Rheuma führte. Da eine Heilmethode zur damaligen Zeit nicht bekannt war, unterzog er sich – versuchsweise – einer Fastenkur. Der Heilerfolg war für ihn das Signal, sich der Naturheilkunde und dem Fasten zu verschreiben.

Um diese Methode geht es bei dem Kurs von Hör. Wer ihm zuhört, wenn er die einzelnen Bestandteile erläutert, erkennt sehr schnell, was sein Anliegen ist. Giftstoffe, die sich durch den täglichen Genuss von liebgewonnen, aber nicht unbedingt immer gesunden Lebensmitteln im Körper angesammelt werden, sollen ausgeschwemmt werden.

Deshalb beginnt jedes Heilfasten zunächst mit der Darmentleerung. Danach sei es eigentlich ein Selbstläufer. Hungergefühle könnten durch Trinken von Wasser oder Tee übergangen werden. Danach fühle man sich einfach nur wohl. Mindestens fünf Tage, besser aber zehn oder fünfzehn Tage gelte es, sich nach ganz bestimmten Regeln – am besten unter ärztlicher Aufsicht - zu ernähren. Probleme gäbe es eigentlich nur in den ersten Tagen, erläutert Hör noch weiter,. Diese wird er beim nächsten Treffen der Gruppe erläutern.

Erkenntnisse festhalten

Das Heilfasten mache etwas mit jedem, ist der Mediziner überzeugt. Man entwickelt ein neues Gefühl für den eigenen Körper, lernt, auf ihn zu hören. Man gewinnt Erkenntnisse über die eigenen – geistigen und körperlichen – Fähigkeiten. 60 Prozent der Energie im Körper würden für die Verdauung benötigt, ist Hörs Erklärung: Fällt diese Aufgabe fort, steht dem Körper ein (fast) ungeahntes Kräftepotenzial zur Verfügung, das zum Beispiel der Konzentration und dem Schlaf zugutekommt.

„Bewahren Sie Ihre Erfahrungen“, regt Hör an, „schreiben Sie zum Beispiel ein Fasten-Tagebuch“. Auch die Erfahrungen, wie man Probleme der ersten Tage angegangen sei, gehören dazu. Wie man am Morgen den Kreislauf in Schwung bringen könne, wie kalte Armbäder gewirkt hätten. Wie Bewegung und Trinken dem Gefühl der Schlappheit in den ersten Tagen entgegengesteuert hätten. Aber auch, welche Gedanken einen in der Fastenzeit bewegt hätten, sei wichtig zu behalten. „Es lohnt sich!“