Gesundheit
Schwere Vorwürfe gegen Bayerwald-Klinik

Hilflose Ärzte, ein umstrittener Führungsstil und Patienten, die um ihr Leben bangen: Die Bayerwald-Klinik steht erneut in der Kritik.

31.03.2011 | Stand 16.09.2023, 21:08 Uhr
Reinhold Willfurth

Cham.Die Idee von Dr. Peter Pommer sollte die medizinische mit der geschäftlichen Seite verbinden: Der ausgebildete Lungenarzt hatte ein Konzept entwickelt, wie man die Belegungszahlen in der Bayerwald-Klinik mit einer Lungenabteilung wieder verbessern könnte. Sein 30-seitiges Konzept wurde nie umgesetzt. Frustriert kündigte Pommer zum 31. Dezember 2007 seine Stelle – zusammen mit allen Ober- und Chefärzten der Klinik. Warum die Geschäftsführung der Klinik seine Idee „hintertrieb“, darüber kann Dr. Pommer nur spekulieren. Heute leitet er die Lungenabteilung einer Privatklinik in Oberammergau mit 30 Betten – wirtschaftlich erfolgreich, wie er sagt, „und auf der Basis meines Konzepts“.

„Destruktive Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung“

Für den Oberpfälzer Arzt ist sein Fall symptomatisch für eine Serie rätselhafter Entscheidungen, die er dem autokratischen Führungsstil der Klinik-Leitung in Cham anlastet. Unter der „destruktiven Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung“ unter Leitung von Johannes Assfalg habe aber nicht nur er gelitten. Chef- und Oberärzte verließen frustriert das Haus oder ihnen werde gekündigt. Jüngster Fall sei der Chef der Onkologie, Dr. Thomas Beinert, dessen Kündigung sich Anfang der Woche herumsprach.

Dr. Beinert wollte sich auf Anfrage nicht zu seinem Fall äußern. Dafür sprach Kollege Dr. Pommer Klartext: „Die Chef- und Oberärzte haben 2007 gekündigt, weil die Versorgungsverhältnisse so schlecht waren.“ Teilweise seien 100 Patienten von nur zwei Schwestern versorgt worden. Nachts sei es noch schlimmer gewesen.

Vor allem die kardiologische Abteilung der Bayerwald-Klinik hat in der Vergangenheit für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Schon im Mai und Juni 2007 berichtete die Chamer Ausgabe der MZ über „Engpässe bei der fachärztlichen Versorgung von rund 100 kardiologischen Patienten“. Die Geschäftsführung widersprach. Auch jetzt beteuerte ein Sprecher des Berliner Gesundheitskonzerns Maternus auf MZ-Nachfrage, in der Oberpfälzer Rehaklinik werde niemand nachlässig behandelt. Das Gesundheitsamt Cham habe – bislang mündlich – bestätigt, dass die Versorgung in der Klinik korrekt gelaufen sei.

Horrortrip nach Windischbergerdorf

Zwei MZ-Leserinnen haben da andere Erfahrungen. Rosemarie Wördehoffs Stimme bebt, wenn sie von ihrem Aufenthalt in der Klinik erzählt. Nach einer schweren Herzoperation in Leipzig kam sie völlig erschöpft in Windischbergerdorf an. Die mürrische Frau an der Rezeption habe ihr gesagt, sie müsse warten, weil sie erst noch eine Patientenfahrt „in eine Schnapsfabrik“ organisieren müsse. Kurze Zeit später brach Rosemarie Wördehoff bewusstlos zusammen. Nach einer halben Stunde sei erst ein Arzt aufgetaucht. Ihr Mann, selber Arzt, habe dafür gesorgt, dass sie schwerkrank nach Regensburg verlegt worden sei. Eine stabilisierende Infusion blieb ihr nach eigenen Angaben verwehrt.

Rosemarie Wördehoff ist nach dieser Tortur nicht mehr dieselbe. Ähnliches empfindet auch Anna Lohr aus Pettendorf (Kreis Regensburg), die vor zwei Jahren nach einer Bypass-Operation in der Bayerwald-Klinik unter starken Schmerzen litt. Ihre Wundinfektion zog einen fünfmonatigen Aufenthalt in der Uniklinik nach sich. Stück für Stück musste ihr infiziertes Brustbein abgetragen werden.

Der Maternus-Sprecher wollte sich erst zu den Vorwürfen gegen Assfalg äußern, wenn diese konkreter gemacht würden. Die Maternus AG wolle alle Fälle aufarbeiten und werde mit den Betroffenen Kontakt aufnehmen.