Bildung
So war das Schülerleben anno dazumal

Das frisch renovierte Schulmuseum in Fronau gewährt Einblicke in die Zeit vor 100 Jahren. Dort gibt es viel zu entdecken.

01.10.2021 | Stand 16.09.2023, 0:10 Uhr
Jakob Moro
Eine Schulklasse 1920 – das älteste bekannte Klassenfoto von Fronau −Foto: Schulmuseum Fronau

1756 wurde in Fronau, im Schatten der Kirche, für einen gewissen Paulus Schmid ein Waldlerhaus errichtet. Neben seinen Beruf als Schneider unterrichtete Schmid die Schüler aus Fronau und Umgebung. Auch die folgenden Besitzer übernahmen mit dem Haus die Verpflichtung, in ihm Unterricht zu halten, und dafür hatten sie keine Abgaben zu zahlen. Das Holzhaus wurde als Schule bald zu klein. Seit 1852 wurden keine Schüler mehr unterrichtet. Heute ist in dem schindelgedeckte Blockbau ein Schulmuseum eingerichtet.

Zum Schulsprengel Fronau gehörten im 19. Jahrhundert neben Fronau (326 Einwohner) das Dorf Raubersried (100) und die Weiler Hipoltsried (17) und Rodlseigen (7). Die Lebensbedingungen hier waren schwierig. In einer Ortsbeschreibung aus 1843 ist zu lesen: „Dorf und Flur liegen hoch, Waldungen umgeben sie näher oder ferner nach allen Weltgegenden, das Klima ist ziemlich mild und gesund: Darum gedeihen von Feldfrüchten nur Korn und Kartoffeln am besten. Gewerbetreibende Familien sind 17, 8 Weber, 3 Schuhmacher, 2 Schneider, 1 Kufner, 1 Müller und 2 Wirthe. Die übrigen Einwohner nähren sich theils von ihrem Feldbaue und etwas Viehzucht, theils vom Taglohne, aber kümmerlich.“

Viele Entschuldigungsgründe

Wegen der schlechten Arbeitsbedingungen wanderten viele Fronauer, zum Teil auch Kinder, saisonweise an andere Orte. In den meisten Familien mussten die Kinder von frühester Zeit an mitarbeiten. „Die Schule und die Christenlehre wird ziemlich gut besucht. An ernsten Mahnungen und Strafen darf mans niemals fehlen lassen. Ursachen fürs fehlen der Kinder sind a) die vielen zerstreuten Einöden und weiten Entfernungen, b) zur Winterszeit sehr viel Schnee und schlechte Wege, c) zur Sommerszeit das leidige Einzelhüten, d) Armuth eines großen Teils der Bevölkerung und infolgedessen frühzeitiges Verdingen der Kinder zum Hüten.“...

Seit Einführung der allgemeinen Schulpflicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts blieb nicht jede Abwesenheit unbestraft. In Fronau gab es einen Schulboten, der beim Fehlen von Kindern überprüfen musste, ob sie wirklich krank waren oder ob andere dringende Gründe für eine Fortbleiben bestanden. Traf beides nicht zu, hatte er die Schüler zum Unterricht „vorzuführen“. Für jeden Gang des Schulboden hatten die Eltern eine Gebühr zu zahlen.

Im Dienstbuch der Fronauer Schulboten kann man etwa vom 17. Februar 1889 lesen: „Höcherl Johann ist nicht krank, da ich ihn heute selbst zwischen 12 und 1 Uhr gesehen habe.“ Und vom 23. Mai 1889 heißt es: „Winter Josef, Hs.Nr.11, soll krank sein, wird jedoch nicht geglaubt, da Winter vor acht Tagen auch für krank entschuldigt wurde, jedoch nicht krank war….“.

Die Kinder mussten arbeiten

Probleme mit dem regelmäßigen Schulbesuch hat es aber auch noch im 20. Jahrhundert gegeben, und auch die Gründe für das Fortbleiben vom Unterricht sind die gleichen geblieben. Die Kinder mussten Kartoffeln klauben, Vieh hüten, Pferde führen oder bei der Ernte helfen. „Sämtliche (Schüler) waren nicht anzutreffen!“, schreibt der Schulbote Zwicknagel am 26. Juni 1853, „sie waren in den Schwarzbeeren.“ Und der Eintrag 1849 lautet: „Der Schüler wurde durch dessen Mutter krankgemeldet, ist jedoch vom Schüler Gebhard A. gesehen worden, als er mit dem Pferdegespann nach Bruck unterwegs war.“ Um überleben zu können, nutzten die meisten der kleinen Bauern, Söldner und Taglöhner die Arbeitskraft ihrer Kinder aus. Die Schüler wurden zum Teil gegen Lohn als Arbeiter „verdingt“. So mussten in der Hopfensaison schulpflichtige Kinder zum Hopfenzupfen in die Hallertau wandern.

Einblicke: Wandel: Öffnungszeiten:
Wie sah es in der Schule vor 100 Jahren aus? Diese Frage beantwortet das Schulmuseum in Fronau. Bis 1851 wurde in diesem Waldlerhaus Unterricht abgehalten, das kleine Schulhaus zeigt die früher übliche Einheit von Lehrerwohnung und Schulraum unter einem Dach.Im Schulsaal wird deutlich, wie sich Schule in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Aus Schiefertafeln, hölzernen Schultaschen und Rechenschiebern wurden Tablets, Rucksäcke und Taschenrechner. Für Kinder ist ein Vergleich mit dem eigenen Klassenzimmer sehr interessant.Das Schulmuseum ist bis Ende Oktober sonntags von 14 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Beim Besuch ist eine medizinische Maske zu tragen, und die geltenden Corona-Regeln sind zu beachten. Das Gebäude ist gerade vom Landkreis Cham umfassend saniert worden.

Wie die Akten zur Fronauer Schule zeigen, waren die ersten Dorfschullehrer für ihren Beruf nicht ausgebildet. Oft betrieben sie die Lehrerei nur neben ihrer Haupttätigkeit als Handwerker. Sie waren z. B. die Lehrer Göttinger und Paulus Schneider, ihr Nachfolger Schwarz war Leinweber. Der erste geprüfte und amtlich angestellte Schulverweser war Johann Baptist Weber. Er unterrichtete hier bis 1844. Von da an wurden nur noch geprüfte Lehrer eingestellt. Sie mussten das Schullehrer-Seminar in Eichstätt, die Lehrerbildungsanstalt in Straubing oder die in Amberg besucht haben. (rjm)