Interview
Täglich rufen Schwangere bei ihr an

Daniela Lemberger will in Cham als Schnittstelle zwischen Schwangeren, Müttern, Hebammen und künftigen Hebammen vermitteln.

27.02.2019 | Stand 16.09.2023, 5:40 Uhr

Die 36-jährige Daniela Lemberger, ausgebildete Kinderkrankenschwester, hat im November die neue Koordinierungsstelle für Hebammenversorgung des Landkreises übernommen. Foto: tf

Es gibt immer weniger Hebammen im Landkreis Cham. Werdende Mütter finden keine Nachsorgehebamme, Kurse für Geburtsvorbereitung oder Rückbildungsgymnastik – früher obligatorisch – werden schon lange nicht mehr im Landkreis angeboten. Und auch im Kreißsaal stöhnen die Hebammen über immer häufigere Dienste. Mindestens zwei oder drei Hebammen zusätzlich wären notwendig, um ein ausreichendes Angebot rund um Schwangerschaft und Geburt anbieten zu können und gleichzeitig den Schichtbetrieb im Krankenhaus zu stemmen. Was tun?

Der Landkreis will helfen: Mit einer am Landratsamt angesiedelten Koordinierungsstelle Hebammenversorgung. Hier sollen künftig alle Fäden zusammenlaufen. Koordinatorin Daniela Lemberger soll Müttern, Hebammen und werdenden Hebammen zur Seite stehen und alle vernetzen. Im Interview erklärt sie das genauer:

Frau Lemberger, Sie sind jetzt seit November in Ihrer neuen Funktion als Mittlerin zwischen Hebammen und Müttern und werdenden Hebammen tätig. Wie lautet Ihr erstes Fazit?

Der Landkreis Cham hat mit der Stelle eine wichtige Verbindung zwischen den Hebammen und den Schwangeren und Müttern geschaffen. Ich habe eine ungemein spannende Aufgabe übernommen, die viele Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Die enge Zusammenarbeit mit den Hebammen ist sehr wertvoll. Das erleichtert mir die Arbeit ungemein, weil sich schon jetzt Schwangere mit der Bitte um Rat und Hilfe an mich wenden.

Immer weniger Kursangebote für werdende Mütter oder Jungmütter nach der Geburt, kaum mehr Kapazitäten für Wochenbettbesuche, dabei aber auch keine Sicht auf Besserung. Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten, für Abhilfe zu schaffen?

Die größte Herausforderung wird wohl sein, zwei bis drei Hebammen für den Kreißsaal gewinnen zu können, damit die Chamer Hebammen wieder ihre Kursangebote und Nachsorgen anbieten können.

Noch einmal andersherum gefragt: Wo glauben Sie, können Sie relativ schnell für erste Erfolge sorgen oder bereits Erfolge verbuchen?

Nun, ein kleiner Teilerfolg ist mit Sicherheit die Homepage. Sie bietet werdenden Eltern viele Informationen rund um die Themen Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. So können sie sich frühzeitig über passgenaue Angebote informieren. Und man kann sagen, der Landkreis Cham ist, was Angebote für werdende Eltern betrifft, sehr gut aufgestellt. Ab 12. März unterstützt eine französische Hebamme den Chamer Kreißsaal. Sie wird im 14-tägigen Rhythmus Dienste an der Sana-Klinik Cham übernehmen und so die Chamer Hebammen entlasten.

„Viele der Schwangeren sind besorgt, dass sie keine Nachsorgehebamme finden“Daniela Lemberger

Außerdem gibt es engen Kontakt zu einer werdenden Hebamme, die voraussichtlich ab Oktober ihre Tätigkeit als Hebamme an der Sana – Klinik Cham aufnehmen wird. Besonders freue ich mich, dass sich zwei FOS-Schülerinnen bei mir gemeldet haben, die großes Interesse am Bachelorstudiengang Hebammenkunde in Regensburg zeigen. Ich werde die beiden weiter begleiten.

Was sind heuer die wichtigsten Aufgaben für Sie?

Eine der wichtigsten Aufgaben für heuer wird sein, das vorhandene Netz an Hebammen zu stärken, zu unterstützen und zu entlasten, damit die Hebammenversorgung im Landkreis Cham gesichert ist. Das heißt konkret: „Weitere Hebammen für den Landkreis gewinnen!“

Haben sich schon Mütter bei Ihnen gemeldet?

Täglich rufen drei bis vier Schwangere an, die Kontaktdaten von Hebammen erfragen. Auch das Interesse an Geburtsvorbereitungskursen und Rückbildungskursen ist groß.

Was waren die Hauptanliegen?

Viele der Schwangeren sind besorgt, dass sie keine Nachsorgehebamme finden und melden sich bereits in den ersten Wochen der Schwangerschaft. Bisher konnte ich aber alle Schwangeren, die bei mir anriefen, an Nachsorgehebammen weitervermitteln. Vor allem Erstgebärenden merkt man an, wie wichtig ihnen die fachliche Kompetenz der Hebammen ist.

Wie arbeiten Sie konkret mit den Hebammen zusammen?

Alles, was die Koordinierungsstelle leistet oder unternimmt, um neue Hebammen zu gewinnen, geschieht in enger Kooperation mit den Hebammen. Wir treffen uns regelmäßig und besprechen die weiteren Vorgehensweisen.

Zum Beispiel?

Wie wollen Sie die wohl drängendste Aufgabe lösen: mehr Hebammen in den Landkreis zu bekommen?

Der Landkreis Cham ist eine attraktive Region für Familien und junge Menschen. Gleichzeitig ist der Chamer Kreißsaal Hebammen-geleitet und bietet somit allen Hebammen eine selbstständige Arbeitsweise. Dies möchte ich durch engen Kontakt zu Hebammenschulen und der OTH Regensburg, sowie durch Vernetzung an (künftige) Hebammen weitervermitteln.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil meiner Arbeit wird sein, Schülern den Hebammenberuf wieder näher zu bringen, indem ich zum Beispiel an Berufswahltagen von Schulen teilnehmen werde, damit sich wieder mehr junge Menschen für den Beruf der Hebamme interessieren und ihn wieder als wertvollen und wichtigen Beruf wahrnehmen. Studenten wird es außerdem möglich sein, ihre praktischen Einheiten an der Sana-Klinik in Cham zu absolvieren. Somit haben sie bereits während des Studiums die Möglichkeit, sich von den Vorzügen des Chamer Kreißsaales zu überzeugen. Hebammenschüler/-innen nutzen dies bereits!

Der Landkreis finanziert die Koordinierungsstelle zu einem Teil mit. Hier lesen Sie ein Interview mit Landrat Franz Löffler, wie es überhaupt zu der neuen Stelle kam:

Herr Landrat, wie und zu welcher Gelegenheit kam man denn auf den Gedanken, selbst als Landkreis aktiv zu werden und sich des Problems mit den fehlenden Hebammen anzunehmen?

Was erhofft man sich bestenfalls von der neu geschaffenen Stelle?

Der Landkreis Cham und alle Beteiligten möchten, dass Kinder in der Sicherheit einer Klinik mit bestmöglicher Betreuung zur Welt kommen und dass die Eltern vor und nach der Geburt zu Hause kompetent beraten und versorgt werden. Dafür brauchen wir Hebammen, die gemeinsam mit allen Netzwerkpartnern im Landkreis Cham arbeiten. Die Koordinierungsstelle Hebammenversorgung soll dazu beitragen!

Wie unterstützt der Landkreis Frau Lemberger?

Der Landkreis hat ja die von Frau Lemberger besetzte Stelle eingerichtet. Als Mitarbeiterin im Gesundheitsamt am Landratsamt ist keine sie „Einzelkämpferin“, sondern eingebunden in ein Team mit fachlich kompetenten Kolleginnen und Kollegen.

Zur Unterstützung der Arbeit von Frau Lemberger fördert der Landkreis zum Beispiel Auszubildende zur Hebamme beziehungsweise einen Entbindungspfleger mit einem Stipendium von 200 Euro je Ausbildungsmonat. Außerdem stellt er ein finanzielles Begrüßungspaket von 500 Euro für jede neu gewonnene Hebamme zur Verfügung.

Das Projekt ist auf zunächst zwei Jahre ausgelegt?

Der Förderzeitraum dauert zunächst bis 31. Dezember 2021.

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