Rechtstipp
Überstunden sind ein brisantes Thema

Häufig entstehen Streits zwischen den Parteien. Experte Christoph Treml gibt einen Einblick in dieses Feld des Arbeitsrecht.

17.07.2021 | Stand 16.09.2023, 1:56 Uhr
Wer länger arbeitet – zum Beispiel im Büro –, macht Überstunden. Ob diese bezahlt werden, hängt unter anderem vom Arbeitsvertrag ab. −Foto: Roland Holschneider/dpa

Überstunden und Mehrarbeit gehören zu den häufigsten Streitthemen im Arbeitsrecht. Überstunden sind dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer über die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit hinaus Arbeit leistet. Überstunden werden von Seiten des Arbeitgebers oft angeordnet. Häufig entstehen rechtliche Streitigkeiten zu den Fragen, ob Überstunden abgeleistet werden müssen oder der Arbeitnehmer sich weigern kann. Auch die Frage der Vergütung von Überstunden beschäftigt häufig die Gerichte.

Eine generelle gesetzliche Verpflichtung zur Leistung von Überstunden gibt es nicht. Die Dauer der gewöhnlichen Arbeitszeit ist meist in Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung geregelt. Oft wird im Rahmen des Arbeitsvertrages, des Tarifvertrages oder der Betriebsvereinbarung jedoch eine Überstunden-Klausel vereinbart, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, Überstunden zu leisten. Ist eine derartige Klausel vereinbart, ist der Arbeitnehmer zunächst verpflichtet, Überstunden zu leisten, wenn diese betrieblich erforderlich sind und von Seiten des Arbeitgebers angeordnet werden.

Auch Überstunden können von Seiten des Arbeitgebers nicht unbegrenzt angeordnet werden. Überstunden sind begrenzt durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Das ArbZG sieht tägliche Höchstarbeitszeiten vor, welche auch bei einer Anordnung und Ableistung von Überstunden eingehalten werden müssen. Der Arbeitnehmer kann sich stets auf das ArbZG berufen. Die Vergütung der Überstunden hängt von verschiedenen Faktoren und insbesondere der im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag hierzu getroffenen Vereinbarung ab.

Zunächst muss geklärt werden, ob die Überstunden von Seiten des Arbeitgebers angeordnet oder zumindest von diesem veranlasst wurden. Dies soll ausschließen, dass der Arbeitnehmer „freiwillige“ Überstunden ableistet und dadurch einen weiteren Vergütungsanspruch erhält. Der Arbeitnehmer kann nicht selbst über seine Überstunden bestimmen. Es kann hier gegebenenfalls jedoch ausreichen, dass von Seiten des Arbeitgebers die Überstunden geduldet werden.

Sofern eine Anordnung durch den Arbeitgeber oder eine Zurechnung besteht, sind die Überstunden generell zu vergüten. Die Vergütung kann durch Auszahlung oder Freizeitausgleich erfolgen. Hier sind die getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen maßgeblich. Sollte keine Regelung getroffen worden sein, ist von einer Auszahlung auszugehen. Einen Überstundenzuschlag schuldet der Arbeitgeber regelmäßig nicht. Dies ist nur dann der Fall, wenn arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich ein Überstunden-Zuschlag vereinbart wurde.

In manchen Arbeitsverträgen finden sich Klauseln, welche besagen, dass eine gewisse Anzahl von Überstunden mit dem regulären Bruttomonatsgehalt abgegolten ist. Dies bedeutet, dass bis zu der in der Klausel genannten Anzahl geleistete Überstunden nicht gesondert vergütet werden, sondern nur die Überstunden, die über die genannte Anzahl hinausgehen. Die Wirksamkeit derartiger Klauseln hängt vom Einzelfall ab. Es kommt auf die Anzahl der Überstunden an, welche nicht bezahlt werden, und das monatliche Gehalt des Arbeitnehmers.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits in seiner Rechtsprechung bestätigt, dass bei niedrigen Gehältern eine pauschale Abgeltung von mehreren Überstunden unangemessen sein kann und damit unwirksam. Sollte eine derartige Klausel im Arbeitsvertrag stehen, müsste man im Einzelfall prüfen, ob diese wirksam ist oder nicht. Überstunden sind ein brisantes Thema im Arbeitsrecht und werden es im Hinblick auf die sich stets ändernde Rechtsprechung auch bleiben.