Malteser in Rötz
Was die Retter aus dem Schulbus-Unfall lernen

Ehrenamtliche Kräfte trugen ganz wesentlich dazu bei, dass die 36 Kinder in Grassersdorf zügig gerettet werden konnten.

30.01.2022 | Stand 15.09.2023, 21:30 Uhr
Glimpflich ausgegangen ist der Schulbusunfall am Freitag vor einer Woche in Grassersdorf. −Foto: Petra Schoplocher

„Ohne Ehrenamt wäre so etwas nicht zu stemmen“: So lautete das Resümee von Markus Wolkner und Josef Brandl von den Maltesern in Rötz nach dem Schulbusunfall am Freitag vor einer Woche in Grassersdorf.

Zu einer Nachbetrachtung luden Josef Brandl, Notfallsanitäter und ehrenamtlicher Geschäftsleiter des Malteser Hilfsdienstes in Rötz, und Notfallsanitäter Markus Wolkner, Leiter Rettungsdienst, in die Wache ein.

Nach einer Meldung „Unfall mit Schulbus“ stellt sich besonders für die ersten Einsatzkräfte, die zum Unfalort eilen, die Frage: Was kommt auf uns zu? Als die Alarmierungen begonnen hatten, befand sich der hauptamtlich betriebene Rettungswagen in der Nähe, war jedoch noch an einen anderen Einsatz gebunden.

Glück im Unglück

Der ehrenamtliche Rettungswagen, der genau für solche Spitzenabdeckungen vorgehalten wird, war somit das erste eintreffende Fahrzeug, zeitgleich mit der Feuerwehr Rötz. In solchen Fällen obliegt es der Mannschaft dieses Fahrzeugs, die Einsatzleitung zu übernehmen. Bei einer derart großen Anzahl von Betroffenen eines Unfalls gilt es zunächst jedoch, den „Raum“ zu ordnen. Das heißt: Ordnung schaffen und einen Überblick bekommen.

Die allerersten Maßnahmen, so wurde bei der Nachbetrachtung geschildert, waren aber, inzwischen eingetroffene Eltern aufzufordern, ihre Privat-Pkw, die entlang der schmalen Verbindungsstraße standen, möglichst am Straßenrand zu parken, um den vielen noch folgenden Einsatzfahrzeugen die Zufahrt zu ermöglichen.

Außerdem wurden Eltern darum gebeten, noch keines der Kinder nach Hause zu bringen, weil an Ort und Stelle noch eine „erste Sichtung“ erforderlich war. Dabei galt es, jeden Einzelnen namentlich zu erfassen und auf Verletzungen zu untersuchen.

Bus-Insassen:Rettung:Hubschrauber:
Bei dem Schulbusunfall waren 36 Kinder beteiligt. Sie konnten sich alle selbst durch ein Notausstiegsfenster befreien.Rettungswagen aus dem gesamten Landkreis Cham und dem östlichen Nachbarlandkreis Schwandorf waren am Unfallort.Ein Rettungshubschrauber aus Regensburg unterstützte die örtlichen Kräfte.

Unterdessen trafen weitere Rettungswagen aus Oberviechtach und Waldmünchen ein. Auch der reguläre Rötzer Rettungswagen wurde nun zur Einsatzstelle geschickt, weil sein vorheriger Einsatz keinen Transport erforderte. Somit waren nun alle sechs hauptamtlichen Mitarbeiter plus die ehrenamtlichen Kräfte der Rötzer Malteser mit eingebunden. Bis der vom BRK abgesandte Einsatzleiter sowie deren Fahrzeuge für die Logistik als Rettungsleitstelle vor Ort eintrafen, konnte bereits Entwarnung gegeben werden: Keines der im Bus befindlichen 36 Kinder war augenscheinlich bei dem Unfall verletzt worden. Auch der Busfahrer, der sich tröstend an der Einsatzstelle mit einbrachte, wies keinerlei Blessuren auf.

Die Gesamteinsatzleitung wurde später vom Roten Kreuz mit Dominik Lommer, Tobias Muhr und Christian Pauli übernommen. Die Besatzung des herbeigerufenen Hubschraubers blieb bis zum Einsatzende vor Ort.

Nun ging es darum, einen raschen und vollständigen Transport der Schüler zu organisieren. Die eisigen Temperaturen bei etwa minus 11 Grad und die verengten Straßenverhältnisse ließen nicht viele Möglichkeiten zu. Daher war von großem Wert, dass die nahe gelegene Gastwirtschaft Alte Taverne ihre Hilfe anbot, um den „gestrandeten“ Buskindern in der Eiseskälte vorübergehend Obdach zu gewähren.

Bei dem Schulbusunfall handelte es sich nicht um einen Alltagseinsatz, wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Sturzverletzung. Hier brauche es „Man- und Woman-Power“ und eine spezielle Ausbildung, wie bei der Nachbetrachtung deutlich wurde. Die Erfahrungen aus dem Unfall-Großereignis könne und müsse in der Ausbildung berücksichtigt werden. Das Problem: So ein Ereignis könne nicht so einfach geübt werden. Bei einer Übung könnten nicht Minusgrade herbeigezaubert oder besorgte Eltern mit eingebunden werden. Aber: „Aus so einem Einsatz kann man lernen.“

Die Sichtungstasche

Markus Wolkner wies darauf hin, dass an der Rettungsdienstschule in Regenstauf auch der Umgang mit der sogenannten Sichtungstasche gelernt wird. In Fortbildungen mache man sich mit dem Inhalt der Tasche vertraut. Darin befänden sich auch Unterlagen zur Erfassung von mehreren Verletzten, Protokollvorlagen und ein Trassierband.

Josef Brandl hob „die sehr gute Zusammenarbeit mit den Feuerwehren“ hervor. Wieder einmal habe sich gezeigt, wie wichtig es sei, dass im Einsatz befindliche Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlassen dürfen. Das Fazit der beiden Malteser: „Ohne Ehrenamt ist so etwas nicht zu stemmen.“ (whg)