Programm
Hier hat die Volksmusik noch einen Platz

Das Arberwaldradio ist ein beliebter Sender im Internet. Die Macher fördern Musik aus dem Bayerwald und deren Interpreten.

22.02.2016 | Stand 16.09.2023, 6:57 Uhr
Isabell Dachs
„Eine Kombination aus Arbeits- und Bügelzimmer und Rumpelkammer“ – Matthias Baumgartner und dessen Frau Anita haben sich in ihrem Haus in Zachenberg ein Studio eingerichtet. −Foto: Isabell Dachs

Die aktuelle Diskussion um die Verbannung der Volksmusik aus dem Programm von Bayern 1berührt Matthias Baumgartner aus Zachenberg nur wenig. Er ist sich sicher: „Der BR will seine Hörer lediglich zum Kauf eines Digitalradios zwingen, damit sie weiterhin überBR HeimatVolksmusik empfangen können.“ Was ihn und seinen Freund Otto Kilger aus Piflitz ohnehin seit langem gestört hat, war die stetige Benachteiligung der Volksmusik aus dem Bayerischen Wald auf dem öffentlich rechtlichen Sender.

Ein Herz für die Musik der Waidler

Den beiden liegen die Musik der Waidler und die vielen guten Musikgruppen hier in der Region besonders am Herzen. Und so entstand 2011 der Gedanke, selbst ein Internetradio zu starten. Dazu war allerdings Startkapital notwendig, das sie über einen Aufruf auf Facebook erhalten wollten. „Innerhalb von drei Tagen hatten wir zwischen 600 und 700 Euro zusammen“, erzählt Matthias Baumgartner, den seine Hörer besser als Hias kennen. Am 2. Dezember 2011 ging ihr Arberwaldradio (AWR) dann zum ersten Mal auf Sendung und hat sich seitdem stetig weiterentwickelt. Dabei habe ihnen niemand zugetraut, dass sie mit dem Sender erfolgreich sein würden, sagt Baumgartner.

24 Stunden am Tag on Air

„Angefangen haben wir mit einem Server, bei dem sich 100 Leute einloggen können. Mittlerweile sind wir bei 1000 und überlegen, ob wir nicht wieder erweitern sollen“, erklärt der Hias. DasArberwaldradiospielt 24 Stunden am Tag Alpenländische und Oberkrainer Volksmusik, von 19 bis 22 Uhr wird live aus verschiedenen Studios moderiert. Livemoderation gibt es außerdem auch den ganzen Sonntag über ab zehn Uhr. Hias, der in der Seniorenresidenz Benediktus in Bad Kötzting Küchenleiter ist, und seine Frau Anita, Altenpflegerin im mobilen Dienst, sind für die Sendung am Mittwoch zuständig.

Nicht viel mehr als ein Laptop...

Etwa zehn Minuten vor Sendebeginn begibt sich Hias ins „Sendestudio“ in ihrem Haus in Zachenberg. „Eine Kombination aus Arbeits- und Bügelzimmer und Rumpelkammer“, lacht Anita Baumgartner. Eigentlich sei nicht viel mehr als ein Laptop nötig, um auf Sendung zu gehen, erklärt der Radiomann. Und natürlich Geld, denn allein die Serverkosten belaufen sich auf etwa 4000 Euro pro Jahr. GEMA-Gebühren müssen dann auch noch bezahlt werden. Finanziert wird der Sender hauptsächlich über Firmen, die ihre Werbejingles bei der Sendung laufen lassen, über Sponsoren und Spenden.

Gleich zu Beginn der Sendung sind 414 Hörer online. Nach den Nachrichten pendelt sich die Zuhörerzahl zwischen 340 und 370 ein, erklären die beiden. Wenn am Mittwoch Fußball ausgestrahlt wird, dann wirkt sich das auch auf die Hörerzahlen aus. Zum Frühschoppen am Sonntag, den Otto Kilger moderiert, ist der Server immer voll ausgelastet. Auf 110 000 bis 115 000 Hörer bringt es das „AWR“ monatlich.

„Erstaunlich ist, dass sich wieder viele junge Leute für die Volksmusik interessieren“, so der Hias. Zweimal im Jahr veranstaltet das AWR ein Hörer- und Fantreffen im Gasthaus Eck in Böbrach, das jedes Mal voll ausgebucht ist. Bestimmt die Hälfte der Gäste dort sei unter 30 Jahren, freut sich der Vollblutmusikant, der selbst auch mit Stephan Urban im „Katzberg-Duo“ musiziert. Leider werde die Musik in Deutschland zu wenig gefördert, sondern hauptsächlich der Fußball, bedauert er. Wie gut, dass es Eltern gebe, die mit viel Idealismus ihren Kindern eine musikalische Ausbildung ermöglichen.

„Erstaunlich ist, dass sich wieder viele junge Leute für die Volksmusik interessieren.“Matthias Baumgartner

Datenbank ist bestens gefüllt

Gute heimische Interpreten bekannt zu machen, das haben sich die Macher des AWR auf die Fahnen geschrieben. Otto Kilger hat selbst viele Stücke gesammelt, die heute auf dem Sender zu hören sind. Mittlerweile schicken die Musiker ihre Aufnahmen direkt zum Sender, der knapp über 70 000 Lieder und Stücke in der Datenbank verfügt. Viele der Musiker kennen die Moderatoren gut. „Sie freuen sich, wenn sie von uns persönlich im Radio begrüßt werden und wir ihre Stücke spielen“, erzählt Hias. Auch Geburtstagswünsche werden gesendet, wobei hier „fünf Lottosechser in Folge“ der traditionelle AWR-Wunsch sind.

„I hob einfach a Gosch’n“

Jeder der Moderatoren hat seinen eigenen Stil. So spielt Baumgartner gerne Blasmusik in seiner Sendung. Das Bedienen der Technik hat er sich von Otto Kilger zeigen lassen, das Moderieren liegt ihm im Blut. „I hob einfach a Gosch’n, schnodern und schmatz’n kone“, witzelt er. Mit der Zeit erkenne er als Moderator auch, ob er mit jemandem einen etwas derberen Spaß machen darf, oder nicht. Die Arberwaldmoderatoren und ihre Hörer sind wie eine große Familie, man begegne sich immer wieder. Gerade zu Hörer- und Fantreffen kämen viele von weiter her, um die Moderatoren auch mal live zu erleben.

„I hob einfach a Gosch’n, schnodern und schmatz’n kone.“Matthias Baumgartner

Hörer-Mails treffen aus der ganzen Welt beim AWR ein, was auch ein Blick ins Gästebuch auf der Internetseite zeigt. Gerade Auswanderer freuen sich, wenn sie die Musik aus der Heimat hören können, so ist sich Hias sicher. Er selbst hatte Bekannte, die im Auslandseinsatz in Afghanistan waren. Wenn es ihnen möglich war, lief auch dort abends das AWR.

Türkei, Brasilien, Malaysia

Welche Nationalitäten sich gerade auf dem Server eingeloggt haben, das können die Moderatoren auf ihrem Bildschirm sehen. Natürlich überwiegen hier Deutschland und Österreich, aber sogar aus der Türkei, Brasilien, oder Malaysia (Kuala Lumpur) sind Hörer dabei.

Verdienen können die Moderatoren beim AWR nichts, selbst die notwendige Technik besorgt sich jeder selbst. Lediglich Kleidung mit AWR-Aufdruck wird gelegentlich gestellt. Aber alle sind mit ihrem Herzblut und aus Leidenschaft dabei und freuen sich, ihren Hörern etwas Besonderes bieten zu können.

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