Der Bayerwald anno dazumal
Bieneninvasion bei der Bartholomäus-Kirchweih 1948

21.08.2022 | Stand 21.08.2022, 5:00 Uhr
Einen wahren Festtag hatten die Bienen beim Kirta in Harrling im Jahr 1948, erinnert sich unser Autor Georg Fleischmann. −Foto: Markus Beck/dpa

Es war im August 1948 – vor wenigen Wochen erst war die Währungsreform. Anstelle der bisherigen Reichsmark war man jetzt mit den vorerst kleineren Papierscheinen, die mit „Deutsche Mark“ bedruckt waren, sehr glücklich. Glücklich ja, aber man hatte nur wenige davon. Und kaum hatte man diese neuen Scheine in den Händen, kam das große Verlangen, möglichst schnell mehr davon zu haben. Dieses Verlangen hätte damals das Harrlinger Kirchweihfest, das an St. Bartholomäus (24. August) gefeiert wird, möglich machen können. Doch es kam alles ein bisschen anders als gedacht.

Das Harrlinger Kirchweihfest wurde seit jeher zusammen mit einem Viehmarkt begangen. Und so wurde daraus bald ein kleiner Jahrmarkt mit großem Bekanntheitsgrad. Kaufleute kamen und bauten ihre Stände auf. Und bald gesellte sich auch ein Schausteller mit Schiffsschaukel und Karussell für die Kinderbelustigung dazu, und so wurde das Harrlinger Kirchweihfest geboren. Die zwei Wirte im Dorf bemühten sich ebenfalls, damit ein Geschäft zu machen. Die Harrlinger Bartholomäus- Kirchweih war bald weitum bekannt. Es war immer ein lustiges Treiben auf dem Dorfplatz, wenn die Händler den ganzen Tag über laut schreiend ihre Ware anboten und nur während der Zeit des Festgottesdienstes in der nahen Kirche still sein mussten.

Es gab in all den Jahren kaum besondere Zwischenfälle auf dem Kirtamarkt in Harrling bis 1948. Es war ein total verregneter Sommer in diesem Jahr.Im Kalender stand am 27. Juni „Siebenschläfer“, ein Wort das die Bauern nicht gerne hörten, wenn es an diesem Tage regnete. Ein alter Volksglaube sagt nämlich, dass es dann sieben Wochen lang regnet. Ob dies stimmt oder nicht – 1948 war diese „Voraussage“ wahr geworden. Die Natur kennt nämlich keinen Pardon. Gemeint sind damit die Bienenvölker, die damals im elterlichen Garten dieses Geschichteschreibers standen.

Es war eine sehr stattliche Zahl von Bienen, die nach sieben Wochen Regenzeit gerade an diesem Kirtamorgen wieder fliegen durften und nach Futter suchten. Doch all die Blüten waren längst verregnet. Somit war der imkerliche Tisch schlecht gedeckt, wären da nicht die Verkaufsstände auf dem Kirtamarkt gewesen, die schon in aller Herrgottsfrüh mit Süßigkeiten und vor allen mit frischen saftigen Birnen, Zwetschgen und sonstigen Früchten gedeckt wurden. Eine wahre Fundgrube für die Bienen, die innerhalb von wenigen Minuten zu einem Großangriff auf all diese „Kirchweihware“ starteten und den Verkauf stark behinderten. Die Händler versuchten fast verzweifelt, ihre süße Ware abzudecken, und die Kunden bekamen ihre „Bienenstiche“ dieses Mal umsonst. Der erhoffte Verkaufserfolg ließ dadurch sehr zu wünschen übrig und die erhofften neuen DM-Scheine ebenso.

− cgf