Landkreis-Jubiläum in Kelheim
Ein halbes Jahrhundert auf knapp 200 Seiten

20.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:21 Uhr
Ob Hopfen oder Ölindustrie, Sehenswertes wie die Befreiungshalle - der Landkreis Kelheim ist vielfältig. Das spiegelt die Chronik, die Landrat Martin Neumeyer vorstellte. −Foto: Fotos: Dennis Wiencek, Tobias Meier, Armin Weigel/dpa, Lucia Pirkl

Der Landkreis Kelheim feiert heuer Jubiläum. Zu diesem Anlass hat das Landratsamt jetzt seine Chronik in Buchform vorgestellt.

Das Buch, hochwertig in seiner Aufmachung, blickt zurück auf die Anfänge: Aus der Sicht der Hallertau war Kelheim damals nicht die Mitte des Landkreises, sondern irgendwo am Rand, gefühlt schon längst in der Oberpfalz. Wenn sich Egon Sedlmeier, Kreisrat der ersten Stunde, an die Gründung des jungen Landkreises Kelheim zurück erinnert, fallen ihm sogleich auch die Ressentiments ein. Gerade für die Mainburger war es ein Unding, dass sie keinen eigenen Landkreis bekommen, sondern künftig von Kelheim aus mit verwaltet werden sollen.

50 Jahre später ist das alles vergessen, aus 24, recht unterschiedlichen Orten ist ein vielfältiger, prosperierender Landkreis geworden. In einem Buch sind jetzt all diese vielfältigen Seiten zusammengefasst. „50 Jahre Landkreis Kelheim...im Herzen Bayerns“ heißt das 192-seitige Buch, das den Landkreis und die Gemeinden feiert, zeigt, welch kulturellen Schätze und wirtschaftliche Besonderheiten den Landkreis ein halbes Jahrhundert nach seiner Gründung ausmachen. „Wir wollten eine Mischung aus Unterhaltsamem, Brauchtum und Fakten“, sagt Landrat Martin Neumeyer, „es ist eine Chronik aus Liebe zum Landkreis“.

Besonderes Projekt

Anlässlich des 50-jährigen Landkreisjubiläums war schnell klar, dass man eine Chronik herausbringen wolle. In Zusammenarbeit mit dem Wikommedia Verlag für Kommunale- und Wirtschaftsmedien GmbH ist dann dieses Werk entstanden. Auf einer Schifffahrt, zu der die Beteiligten eingeladen waren, wurde das Buch zum ersten Mal präsentiert: „Für mich war es ein besonderes Projekt“, bekennt Peter F. Schneider, Geschäftsführer des Verlags, und sagt, „die Beteiligung der Firmen, die im Buch vorgestellt werden, war groß“.

Auch Autor Herbert Scheubner betonte das Besondere: „So etwas wie dieses Projekt war noch nie da. Es war unglaublich toll. Die Firmen im Landkreis sind so spannend.“ Ob Elektronikteile für Autos, veredelter Hopfen oder Schifffahrt – „der Landkreis Kelheim ist in einer Fülle so vielfältig, wie ich mir das nicht hätte vorstellen können“, so der Autor. Im Band käme aber auch die Historie nicht zu kurz. Und es menschle. Der Autor dankte auch der Presseabteilung, Lukas Sendtner vom Landratsamt: „Ohne den Lukas Sendtner würde ich hier nicht stehen.“ Er habe viele Stunden an Arbeit investiert.

Neben vielen wirtschaftlichen oder kulturellen Fakten, Infos zu Bräuchen, der Geschichte oder der Natur, den Portraits der verschiedenen Orte oder heimischen Firmen kommen auch Zeitzeugen zu Wort: Egon Sedlmeier erinnert sich an die Gründung des neuen Landkreises: „Holzmannshausen hatte einen eigenen Bürgermeister, der hat daheim vom Wohnzimmer aus regiert. Und dann kam die Reform. Wer ist da schon freudig?“ Für jene, die es nicht kennen: Holzmannshausen ist ein Weiler bei Mainburg mit etwa 25 Einwohnern.

Stimmung war „sehr gereizt“

Vor allem in Mainburg seien die Proteste groß gewesen. „Das ist ein ganz eigenes Volk, da gab es früher 100 Hopfenbauern. Sogar Bäcker oder Zahnärzte hatten kleine Hopfenfelder.“

Und zum Hopfenzupfen kamen dann eben die Leute aus der Oberpfalz, oder aus Kelheim. Für die Mainburger war das damals geografisch fast das Gleiche. Die Mainburger hofften auf einen eigenen Landkreis, so der Zeitzeuge. „Aber ein Landkreis Hallertau mit 20000 Einwohner ist eine Illusion“, sagt Sedlmeier. Schon bei der ersten Sitzung 1972 habe die Mehrheit für Kelheim als Kreisstadt gestimmt. Dass die Mainburger dann eine Außenstelle des Landratsamtes bekamen und zur Zulassung nicht mehr nach Kelheim pendeln mussten, habe die Gemüter dann etwas beruhigt. „Es war das Sinnvollste und Beste.“ Die Reform selbst sei ja schon in den 1960ern angedacht gewesen. Aber erst als die CSU-Regierung, die auf dem Land eine breite Unterstützung hatte, an die Macht kam, wurde sie umgesetzt.

Freilich ging das nicht ohne Murren von statten. In der Chronik beschreibt Sedlmeier die Stimmung bei der ersten Sitzung in Bad Abbach auch als „sehr gereizt...Wir haben erst zusammenwachsen müssen.“

Und wie beurteilt Sedlmeier die Reform heute? War sie erfolgreich? „Ja, unbedingt. Wenn man die komplexen Aufgaben ansieht, weiß ich nicht, wie das ein kleinerer Landkreis hätte schaffen sollen.“

Das Buch „50 Jahre Landkreis Kelheim...im Herzen Bayerns“ ist im Buchhandel erhältlich.

Kommentar: Ein bunter Werbekatalog

„Eine Chronik zum 50-jährigen Landkreisjubiläum, braucht es das? Unbedingt. So abwechslungsreich der Landkreis ist, so vielfältig sind auch seine Betriebe. Die mit ins Boot zu holen, ist an und für sich also keine schlechte Idee. Schließlich prägen sie den Landkreis mit. Es ist durchaus interessant, zu lesen, was hinter den Toren produziert ist, wo deren Alleinstellungsmerkmal liegt. Zudem muss so ein Buch auch finanziert werden. Doch eine „Chronik“ im eigentlichen Sinne ist das Werk nicht. Laut Definition wäre eine Chronik nämlich eine „geschichtliche Darstellung, in der die Ereignisse in zeitlich genauer Reihenfolge aufgezeichnet werden“. Das geschieht hier nur am Rande und auf vergleichsweise wenigen Seiten. Die „Chronik aus Liebe zum Landkreis“, wie sie Landrat Martin Neumeyer nennt, ist vielmehr ein schöner Werbekatalog für den Landkreis, den die präsentierten Firmen sicherlich gerne auch als Geschenk für ihre Geschäftspartner oder die Wirtschaftsförderung als Aushängeschild verwenden wird.“