Gesellschaft
Gemeinschaftsleben passé?

Vereinsvertreter, der ehemalige Ortssprecher und etliche Bürger suchen nach Alternativen, um der angespannten Finanzlage zu trotzen.

25.03.2022 | Stand 15.09.2023, 6:23 Uhr
Petra Kolbinger
Das Feuerwehrgerätehaus in Otterzhofen wird erweitert. Ein Dorfgemeinschaftshaus soll es nicht geben. −Foto: Petra Kolbinger

Der Frust in Otterzhofen ist groß. Im Januar hatte der Riedenburger Stadtrat einstimmig den Beschluss gefasst, dass die Bürger im Ortsteil Otterzhofen kein Dorfgemeinschaftshaus bekommen. Nur das Feuerwehrgerätehaus wird entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erweitert. Die seit über zehn Jahren geplante Erweiterung und Aufstockung zum gemeinsamen Domizil für die örtlichen Vereine ist so mit Verweis auf die angespannte Finanzlage der Stadt vom Tisch.

Damit, dass das der Schlussstrich unter unzählige Stunden, in denen sie geplant, gerechnet, kalkuliert und konzipiert haben, gewesen sein soll, wollen sich die Otterzhofener nicht abfinden. Deshalb trafen sich nun Vereinsvertreter, der ehemalige Ortssprecher Josef Schöberl und etliche Bürger zum Gespräch mit unserer Zeitung im Schulungsraum des Feuerwehrgerätehauses. Seit das letzte Dorfwirtshaus geschlossen hat, ist das der einzige Versammlungsraum, der den Otterzhofenern noch zur Verfügung steht. Unverzichtbar, um das rege Gemeinschaftsleben in dem Ortsteil aufrecht zu erhalten. Das Gespräch nimmt Bezug auf einen Brief der Vereinsvorsitzenden und von Josef Schöberl an Bürgermeister Thomas Zehetbauer (CWG), verbunden mit der Bitte, diesen in der Februarsitzung des Stadtrates öffentlich zu verlesen und an die Presse zu geben. Zehetbauer entschied sich, das Schreiben direkt an die Stadträte weiterzuleiten und beschränkte sich in der Sitzung auf die Frage ans Gremium, ob Gesprächsbedarf bestehe. Als dies nicht der Fall zu sein schien, sei man zur Abstimmung geschritten. „Wir möchten im Dialog mit der Stadt bleiben“, sagen die Otterzhofener und stellen klar: „Wir sind keine Größenwahnsinnigen!“ Auch liege es ihnen fern, Zeitdruck aufzubauen. „Aber wir möchten eine Perspektive haben.“ Letztlich gehe es um nichts weniger, als um das Aufrechterhalten des regen Gemeinschaftslebens in dem Dorf. Die Finanzlage der Stadt sei ihnen durchaus bewusst, aber die Otterzhofener üben Kritik: Die letzte Planung zum Dorfgemeinschaftshaus Otterzhofen stamme vom November 2019. Das zuständige Architekturbüro habe eine mögliche Eigenleistung ermittelt und in die Kostenberechnung mit einfließen lassen. Der Dorfverein habe dem Bauausschuss am 4. November 2021 eine neue, detaillierte Kostenaufstellung präsentiert (wir berichteten). Die seit längerem notwendigen Umbaumaßnahmen des Feuerwehrhauses seien Pflichtaufgaben der Stadt. Berechnungen der Otterzhofener zufolge blieben als Zuschuss respektive freiwillige Leistung der Stadt für das Dorfgemeinschaftshaus nur rund 100 000 Euro. An dieser Stelle wird auch der Vergleich zum Dorfgemeinschaftshaus Hattenhausen gezogen, das 66 000 Euro und damit mehr als 50 Prozent der Baukosten von der Stadt erhalten habe. Man sei mehr als überrascht gewesen über die neue Kostenschätzung von 1,4 bis 1,9 Millionen Euro, die Bürgermeister Zehetbauer bei der Stadtratsitzung präsentiert habe. Diese Zahlen seien völlig aus der Luft gegriffen. Es gebe dazu keine Berechnung. Die Otterzhofener kritisieren, man habe dem Stadtoberhaupt und auch den einzelnen Parteien mehrfach angeboten, sich mit ihnen zusammenzusetzen und nach Alternativen zu suchen. Bis dato vergeblich. Ferner habe man Zehetbauer gebeten, ähnliche Projekte, wie Tettenwang oder den Vereinsbahnhof Offendorf, zu besichtigen. Auch dies sei nie geschehen. Auch auf das Angebot der Otterzhofener, über die Wintermonate Preise bei den Firmen einzuholen, um das aktuelle Preisniveau zu ermitteln, sei nie eingegangen worden.

Man stelle sich auch die Frage, warum nie über eine kleine Dorferneuerung – ähnlich Prunn – gesprochen worden sei? Bei vergleichbaren Projekten in Bayern konnten nach Angaben der Otterzhofener Förderungen bis zu einer Million Euro über das Amt für Ländliche Entwicklung abgerufen werden. Leidtragende des Beschlusses seien alle örtlichen Vereine. Diverse Fördertöpfe stünden indes immer noch zur Verfügung und könnten auch in den nächsten Jahren in Anspruch genommen werden. Die Otterzhofener sagen, man erwarte und hoffe, dass der Beschluss des Stadtrates über die weitere Vorgehensweise nochmals überdacht und die Planung überarbeitet wird. Otterzhofen Bürgermeister Thomas Zehetbauer (CWG) räumt im Gespräch mit unserer Zeitung ein: „Ich verstehe durchaus, wie wichtig ein intaktes Dorfleben ist und ich will das Engagement der Otterzhofener auf keinen Fall klein reden.“ Doch er findet deutliche Worte für die Wünsche der Bürger in dem kleinen Ortsteil: „Ein Dorfgemeinschaftshaus in dieser Größenordnung kann es bei dieser Haushaltslage und angesichts der anstehenden Projekte nicht geben!“ (Petra Kolbinger) (Petra Kolbinger , Donaukurier, Mitarbeiterin)