Karikaturen
Alle Menschen sitzen in einem Boot

Eine Ausstellung in Abensberg spielt mit Themen über Afrika und Europa. Afrikakenner Hanns-Peter Kirchmann blickt darauf.

10.11.2018 | Stand 16.09.2023, 5:53 Uhr

Vom Thema Afrika und Europa haben sich 28 prominente Karikaturisten aus Deutschland, Österreich, Holland und dem Senegal inspirieren lassen. Fotos: Forster

Eliten machen Mitmenschen das Leben schwer

Ein Afrikakenner, wie Hanns-Peter Kirchmann (unser Bild) einer ist, muss nicht lange überlegen, wenn er auf dieses Bild mit dem weißen Mann und dem afrikanischen Militär blickt. „Das zeigt die Wahrheit.“ In nicht wenigen afrikanischen Ländern haben einheimische Eliten in der Tat die früheren Kolonialherren abgelöst. „Viele sagen, dass die jetzt sogar noch schlimmer sind als seinerzeit die Europäer.“ Der Abensberger will hier gar nicht widersprechen. Mit seiner Stiftung, die in Westafrika etwa Krankenhäuser unterstützt, hat er es immer wieder mit modernen Machtstrukturen dort zu tun. Die reichen Afrikaner, die es in der Tat gibt, haben überhaupt keinen Kontakt zur Normalbevölkerung.

Deshalb hat Kirchmann auch eine klare Meinung zum Thema Entwicklungshilfe. „Die muss ganz anders laufen als derzeit.“ Er ist der Meinung: Wenn Gelder an die Regierungen gehen, sei es völlig unsicher, ob die bei denen, die es nötig haben, wirklich ankommen. Für den erfahrenen Afrikakenner gibt es nur einen Weg: Wer helfen will, benötige direkten Kontakt zu nichtstaatlichen Organisationen in den entsprechenden Ländern. Mit denen gemeinsam könnten dann Projekte aufblühen. Er macht es mit seiner Stiftung so, ist selbst oft in Westafrika unterwegs.

Damit das gelingt, müssen hiesige Experten aber die Afrikaner verstehen. Auch das Verhandeln mit Behörden dort benötige Geschick und das Vermögen, sich in die Gesprächspartner hineinzudenken. Da liege noch so einiges im Argen. Kirchmann fordert dazu entsprechende Ausbildung – auch an Universitäten. Denn die Uhren auf dem Kontinent ticken eben anders als in Europa. Auch Menschen, die es gut meinen, und wirklich helfen, wollen, müssen sich auf die besonderen Verhältnisse dort gut einstellen. So sieht es Experte Kirchmann.

Das vermeindliche Paradies ist nicht immer eins

Der Betrachter ist Zeuge eines kleinen Zwiegesprächs. Der ältere Herr fragt die Putzfrau: „Hätten sie halt studiert.“ Sie antwortet: „Hätte ich das nur nicht gemacht.“ Dahinter steckt eine eigentlich traurige Wahrheit, die auch Hanns-Peter Kirchmann nicht gefällt. Viele Afrikaner haben nur ein Ziel. Sie wollen nach Europa. Und machen sich absolut falsche Vorstellungen von dem Leben hier. Jeder, der selbst schon einmal Afrika bereist hat, weiß: Viele dort denken, wir leben hier im Paradies schlechthin.

In diesem Video spricht Hanns-Peter Kirchmann über afrikanische Kunst und seine Motivation, sich für Afrika einzusetzen:

Da machen gut ausgebildete Menschen, die es dort selbstverständlich gibt, keine Ausnahme. Sie wollen unbedingt hierher. Da nimmt es dann ein Akademiker hin, in einer Fabrik Schichtdienst zu leisten – oder sich eben als Putzfrau zu verdingen. Nicht nur der ehemalige Abensberger Unternehmer sieht darin einen großen Verlust für den afrikanischen Kontinent. Das allein schon sei traurig. Dazu komme, dass es bei Leibe nicht alle schaffen in Europa. Aber ohne wirtschaftlichen Erfolg in die Heimat zurückzukehren, das ist eben ein schwieriger Schritt. Noch dazu, weil ja auch die, die noch in Afrika leben, Europa als Paradies sehen wollen.

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Kirchmann sieht hier die deutschen Botschaften im Ausland in der Pflicht. „Die müssen die Menschen richtig aufklären über das Leben in unserem Land.“ Denn viele Afrikaner sehen beispielsweise über das Internet dieselben Hochglanz-Werbefilme wie wir. Sie halten dann das für das richtige Leben hier. Hier sollen in den Augen des Abensbergers die Botschaften ansetzen. Erklären, dass es gar nicht so einfach ist, in Europa als Auswärtiger Fuß zu fassen. Es gehe um ein realistisches Bild über das Leben hier. Schon der Hinweis, wie schwierig es sein könnte, Deutsch zu lernen, wäre hilfreich.

Die wirtschaftlichen Unterschiede sind zu groß

Diese Karikatur ist für Hanns-Peter Kirchmann ein Sinnbild für das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen den Afrikanern und den Europäern. Es sind zwei völlig verschiedene Welten Die Frau auf dem Bild würde ja vielleicht gerne an der Börse spekulieren. Es fehlen ihr alle Voraussetzungen. Das auszugleichen, benötigt sicherlich viel Zeit. Sofern es überhaupt möglich ist.

Hier lesen sie einen Artikel über das jüngste Projekt der Kirchmann-Stiftung.

Das ist in Kirchmanns Augen aber nur vordergründig das Thema der Abbildung. Reis wird in Afrika ja angebaut. Trotzdem müsse er oft importiert werden. Oder er kommt als Hilfsleistung zurück auf den Kontinent, nachdem er exportiert worden ist. Sicherlich liege das auch daran, dass Afrikaner oftmals lieber Waren kaufen, auf denen Europa steht. Weil sie denken, was von dort kommt, müsse ja gut sein.

Solch große Lagerflächen, wie es die Karikatur andeutet, hat der Abensberger durchaus schon gesehen. Sie sind letztendlich auch ein Zeichen dafür, dass es auch darum geht, Vorhandenes sinnvoll zu verteilen. Lebensmittel bleiben in Depots, werden zum Teil ganz bewusst nicht verteilt. Kirchmann weiß von Fällen, bei denen Menschen beim Sturm auf solche Lager sogar gestorben sind. Die Reissäcke haben sie schlichtweg erdrückt – so viel war in den Depots versteckt.

Dieses Bild ist eines von vielen der Ausstellung, die zeigen, wie groß die Unterschiede zwischen Afrika und Europa nach wie vor sind. Obwohl die geografische Nähe durch Flugzeug und Internet längst noch verstärkt wird. Der Europäer, der zu sehen ist, blickt auf die Afrikanerin herab, weil er es vielleicht gar nicht besser weiß. Es ist die Motivation von Kirchmann, dies zu ändern und Menschen für Afrika zu interessieren.

Das wahre Afrika ist schwer zu sehen

Eine typische Szene, wie sie sich etwa in einem Urlauberressort in Kenia oder Südafrika abspielen könnte. Hanns-Peter Kirchmann will den beiden Europäischen Gestalten auf dem Bild auch gar nicht böse sein. Es sei schwer, Einblicke in das wahre Afrika zu bekommen. In einem Hotel, in dem es Rundumversorgung gibt, ist das sicherlich unmöglich. Es ist aber der typische Weg, wie Europäer überhaupt nach Afrika kommen.

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Der Abensberger Stiftungsgründer kennt durchaus Menschen, die auf eigene Faust mit dem Geländewagen den Kontinent bereisen. Aber auch denen bliebe oft das Eigentliche verborgen. „Die bleiben auf der Asphaltstraße“, beschreibt Kirchmann es bildlich. Da seien eher angenehme Eindrücke zu gewinnen. Die wahren Probleme sehe nur der, der in die unbefestigten Wege abbiegt.

Dies ist nicht nur bildlich gemeint. In vielen westafrikanischen Staaten sind die Hauptverbindungswege asphaltiert und in gutem Zustand. Vor allem bei denen, die den Weg in die Hauptstädte weisen, ist das der Fall . Die Pisten, die in kleine Dörfer führen, sehen dagegen ganz anders aus.

Aber dorthin sollten die Europäer gehen. Nur auf diese Weise könnten sie nachvollziehen, wie es den Menschen in Afrika wirklich geht. Kirchmann bezweifelt aber, dass so etwas über die Schiene Tourismus überhaupt möglich ist. Dabei ist in seinen Augen klar: Afrikaner und Europäer müssten viel mehr als bisher ins Gespräch kommen. Beide müssten voneinander lernen, müssten wissen, dass es beim jeweils anderen auch Probleme gibt. Vor allem müssten Afrikaner das über Europa wissen. Helfen könnte in Zukunft vielleicht die moderne Kommunikation. Mit einem Handy könne man ja tausende von Kilometern überwinden. Die Ausstellung ist noch bis zum 16. November in den Räumen der Sparkasse in Abensberg in der Ulrichstraße zu sehen.

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