Geschenke
Amtsträger wandeln auf schmalem Grat

Geschenke, Spenden: Die Regeln für den Öffentlichen Dienst sind streng geworden. Auch im Kreis Kelheim wächst die Vorsicht.

15.03.2019 | Stand 16.09.2023, 5:49 Uhr

Selbstgemacht ist noch am besten: Mit solchen Geschenken, zum Beispiel für eine Lehrkraft, hat auch der Gesetzgeber kein Problem. Foto: Seidel / dpa

Neustadt/Kelheim Noch gut kann sich Wolfgang Brey an die Zeiten erinnern, als vor Jahren seine Lehrerkarriere begann: Da kam es schon mal vor, dass eine Mama mit der Bauerngans zur Schule kam, um einer Lehrkraft zu danken fürs pädagogische Bemühen um den Sprössling. Heute? „Undenkbar!“, bestätigt Brey. Ergänzend zumProzess wegen Vorteilsnahmeam Amtsgericht Kelheim haben wir bei dem Neustädter Kreisvorsitzenden im Bayerischen Beamtenbund und bei anderen Stellen zum Umgang mit dem Thema „Geschenke“ nachgefragt.

Nur „geringwertige Präsente“

Nicht nur bei Lehrern – generell für den Öffentlichen Dienst gelten mittlerweile sehr strikte Regeln für alles, was den zweifelhaften Ruch eines Vorteils für einen „Amtsträger“ hat. Um beim Eingangsbeispiel zu bleiben: Die Gans wäre mutmaßlich zu teuer für eine „geringwertige Aufmerksamkeit als Ausdruck der persönlichen Verbundenheit, die sich im Lauf eines oder mehrerer Schuljahre eingestellt hat“: Nur solch geringwertige Präsente von Eltern für Lehrer seien unbedenklich, hat beispielsweise das bayerische Kultusministerium in einem Eltern-Rundbrief vor einigen Jahren erklärt.

Konkrete Beträge nannte das Ministerium nicht – aber höchstrichterliche Urteile allgemein für den Öffentlichen Dienst gehen von 15 bis 20 Euro als Wert-Obergrenze aus. Es müsste also schon eine sehr kleine Gans sein, damit sich eine derart bedacht Lehrkraft nicht mindestens der Vorteilsannahme schuldig macht. Wenn der Gänsebraten dem Schüler zur besseren Zeugnisnote verhilft, wäre gar Bestechlichkeit gegeben.

Erklärungsbedarf bei Eltern

Die entsprechenden Gesetze für den Öffentlichen Dienst sind in den vergangenen Jahren deutlich verschärft worden – so sehr, dass es nach Erfahrung von Brey mittlerweile oft eine diplomatische Gratwanderung ist, sich nichts zuschulden kommen zu lassen, aber auch wohlmeinende Spender oder Eltern nicht zu sehr zu brüskieren.

Rat zur Vorsicht

Gerade junge Kolleginnen und Kollegen fordert der Abensberger Mittelschulleiter daher auf, in allen Zweifelsfällen lieber bei ihm nachzufragen – zu deren eigenem Schutz: „Jüngere Lehrkräfte sind da oft etwas blauäugig und denken, sie bekommen etwas geschenkt, weil sie so ein toller Lehrer sind“. Mag ja sein – aber es gebe schon Eltern, die hofften, mit derlei Aufmerksamkeiten etwas für bessere Noten zu tun, weiß der Neustädter aus langjähriger Erfahrung. Sein Rat: „Ein Blumenstrauß von der Klasse am Schuljahresende oder ähnliches, da würde ich nichts sagen. Aber alles, was teurer ist, ist einfach verboten.“

Denn grundsätzlich gilt: Amtsträger – egal ob im Beamten- oder Angestellten-Verhältnis – dürfen für ihre Dienste keine Belohnungen, Geschenke, Vorteile annehmen. Auf dieses grundsätzliche Verbot beruft sich auch das Kelheimer Landratsamt: „Von der Personalstelle gibt es die Anweisung beziehungsweise Belehrung, dass grundsätzlich die Annahme von Belohnungen und Geschenken untersagt ist“, teilt die dortige Pressestelle auf unsere Anfrage mit. Und bei ungefragt abgelieferten Präsenten? „Geschenke, die geschickt oder abgegeben werden, sind zurückzugeben.“

Es gibt Bagatell-Grenzen

Freilich wollen auch Gesetzgeber und Gerichte nicht päpstlicher sein als der Papst: Wenn zum Beispiel ein Behördenleiter dienstlich an einem offiziellen Empfang teilnimmt, erwartet nach gängiger Rechtssprechung niemand, dass der Staatsbedienstete vom kalten Buffet die Finger lässt und sein mitgebrachtes Knäckebrot knabbert.

Bürgermeister sind alarmiert

Aber wo verläuft konkret die Grenze zwischen erlaubt und unerlaubt? Auch in den Rathäusern im Landkreis hat man die bayernweite Welle an Vorteilsannahme-Verfahren beobachtet – und sieht verstärkt Regelungsbedarf, bestätigt Herbert Blascheck, Kreisvorsitzender im Bayerischen Gemeindetag. So gelte in seinem, dem Langquaider Rathaus, zwar bereits jetzt, dass nur geringwertige Geschenke wie Kugelschreiber, Kalender erlaubt seien, so der Bürgermeister. „Aber eine offizielle Dienstvereinbarung haben wir nicht.“ Nicht nur er überlegt nun, dies zu ändern, „wenn ich mir anschaue, wie hoch das mittlerweile alles gehängt wird“: Die Bürgermeister-Runde werde demnächst über eine kreisweit einheitliche Dienstvereinbarung beraten, kündigte Blascheck an.