Interview
Die Mona hilft bei Schicksalsschlägen

Die Leiter der Mobilen Organisation für Notfallseelsorge und Anschlussdienste berichtet über die Arbeit der Ehrenamtlichen.

04.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:37 Uhr
Elfriede Bachmeier-Fausten
16 Ehrenamtliche engagieren sich bei der Mobilen Organisation für Notfallseelsorge und Anschlussdienste. −Foto: Archivfoto: Stöcker

Seit Frühjahr leiten die Ihrlersteinerin Bettina Manglkramer und der Kelheimer Herbert Pügerl die Mobile Organisation für Notfallseelsorge und Anschlussdienste (Mona) des BRK-Kreisverbandes Kelheim. Im Interview berichten beide über ihre bisherigen Erfahrungen, Probleme und positiven Momente. Mona hilft Mitmenschen im gesamten Landkreis Kelheim.

Wie kamen Sie zu Mona?

Bettina Manglkramer: Durch den plötzlichen und frühen Tod meines Bruders. Man steht einfach vor einer Wand und weiß nicht weiter. Dann habe ich mich schlaugemacht, wie ich mich engagieren könnte, um anderen in einer solchen Situation zu helfen. Da kam ich auf Erich Stauber von der Mona.

Herbert Pügerl: Ich habe früher jahrelang bei der Feuerwehr aktiven Dienst, auch in Führungspositionen, geleistet. Meinen Feuerwehrdienst habe ich beendet. Da ich Erich Stauber schon sehr lange kannte, bin ich mit ihm ins Gespräch gekommen. Er fragte mich, ob ich nicht bei Mona mitmachen würde.

Wie lange sind Sie schon ehrenamtlich bei Mona engagiert?

Bettina Manglkramer: Herbert Pügerl acht Jahre und ich sieben Jahre

Wie kam es dazu, dass Sie die Leitung der Organisation übernommen haben?

Herbert Pügerl: Frau Manglkramer und ich sind sehr aktiv gewesen und haben Erich Stauber als Stellvertreter seit einigen Jahren unterstützt. Mona-Gründer Erich Stauber fragte uns, nachdem sein Ruhestand im kommenden Jahr ansteht, ob wir die Leitung übernehmen würden. Wir haben uns schnell entschlossen, die Nachfolge anzutreten, da Erich Stauber noch ein Jahr mit Rat und Tat zur Seite steht.

Wie war der Start im April?

Herbert Pügerl: Es war ein reibungsloser Übergang.

Bettina Manglkramer: Für uns war wichtig, die Leitung zu zweit zu übernehmen, weil es für einen alleine eine sehr große Aufgabe ist.

Wer informiert Sie eigentlich, wenn Ihre Hilfe gefragt ist?

Bettina Manglkramer: Die Rettungskräfte vor Ort – Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei. Die Alarmierung erfolgt dann über die Rettungsleitstelle Landshut.

Sie müssen ja Tag und Nacht in Bereitschaft sein – wechseln Sie sich ab?

Bettina Manglkramer: Hauptsächlich übernimmt Herbert Pügerl die Bereitschaft, da ich berufstätig bin und er bei seinen Arbeitszeiten flexibler ist.

Wie funktioniert eine Alarmierung der ehrenamtlichen Mona-Mitarbeiter im Ernstfall?

Herbert Pügerl: Die Alarmierung erfolgt durch die Rettungsleitstelle Landshut per SMS. Daraufhin frage ich an der Leitstelle umgehend nach, welcher Einsatz für uns ansteht. Die Mitarbeiter melden sich telefonisch innerhalb von wenigen Minuten bei mir und melden sich einsatzbereit. Ich entscheide dann, wer am nächsten vor Ort ist und am geeignetsten ist. Wenn ein Kleinkind beispielsweise verunglückt, kommen keine jungen Mütter zum Einsatz, um diese nicht zu belasten. Innerhalb von fünf Minuten sind die Ehrenamtlichen zu einem Einsatz unterwegs. Nach Möglichkeit fahren zu jedem Einsatz zwei Mitarbeiter raus, da man zunächst nicht weiß, wie viele Personen vor Ort zu betreuen sind. Auch zur psychischen Unterstützung unserer Mitarbeiter ist es wichtig, dass sie sich gegenseitig auffangen können und die Belastung besser verkraften. Tragische Nachrichten für Angehörige überbringt die Polizei, wir sind dabei und bleiben dann bei den Angehörigen.

Werden die Mona-Kräfte psychologisch geschult?

Bettina Manglkramer: Ja, bevor man Einsätze fahren darf, muss man einen Grund- und Aufbaukurs besuchen zum Thema ,Psychosoziale Notfallversorgung‘. Die Ausbildung wird mit einer Zertifizierung beendet.

Mona ist für den gesamten Landkreis zuständig. Wie viele Ehrenamtliche sind derzeit bei der Organisation engagiert?

Herbert Pügerl: 16 Mitarbeiter, quer über den Landkreis Kelheim verteilt. Wir könnten noch weitere Ehrenamtliche gebrauchen, weil tagsüber haben wenig Zeit, da die meisten Helfer berufstägig sind. Es gibt bislang nur ein Unternehmen, das seine Mitarbeiter während der Arbeitszeit freistellt für Mona-Einsätze. Voraussetzung, sich bei Mona zu engagieren, ist ein Alter von mindestens 24 Jahren und eine gefestigte Lebensposition.

Sie arbeiten auch mit Birlik, die Mona für die türkischstämmige Bevölkerung, zusammen. Wie funktioniert das?

Herbert Pügerl: Wir wenden uns an Birlik, wenn bekannt ist, dass eine Familie betroffen ist. Auch andere Landkreise haben Birlik schon angefordert, da es dort eine Organisation nicht gibt.

Sind die Einsätze von Mona steigend?

Bettina Manglkramer: Ja, weil die Öffentlichkeit sensibilisiert ist für die Krisenintervention. Herbert Pügerl und ich haben die Zusatzausbildung zur Betreuung von Einsatzkräften.

Herbert Pügerl: In diesem Jahr ereigneten sich sehr viele tragische Verkehrsunfälle.

Wie können Sie das große Leid, dass mit einem Unglück über Mitmenschen hereinbricht, selbst verkraften?

Bettina Manglkramer: Das sehr gute Miteinander mit den Kollegen, Rückhalt von der Familie und dass wir jederzeit psychologische Hilfe in Anspruch nehmen können.

Gibt es auch Erfreuliches in Ihrer Arbeit?

Herbert Pügerl: Beispielsweise, wenn man Angehörige nach längerer Zeit wieder trifft, die einem sagen, sie waren sehr froh, in den ersten schweren Stunden Unterstützung bekommen zu haben.

Bettina Manglkramer: Auch Spenden für unsere Arbeit zeigen, dass unser Engagement anerkannt ist. Mona ist alleine durch Spenden finanziert, Die Ausbildung und die Schutzkleidung belaufen sich pro Personen auf circa 1300 Euro, zusätzlich müssen Weiterbildungskosten finanziert werden.

Mona besteht seit 1995. Heuer ist zum elften Mal ein ökumenischer Gedenkgottesdienst für Betroffene und Mitarbeiter am 9. November, 19 Uhr, in der Matthäuskirche. Wie wichtig ist dieses Angebot?

Herbert Pügerl: Da haben Betroffene die Möglichkeit, wieder Kontakt mit uns zu haben. Es haben sich auch schon Kontakte zwischen Betroffenen gebildet, die das selbe Schicksal erlitten haben. Die Gruppe „Wamaluru“ umrahmt den Gottesdienst immer musikalisch. Dass anschließende Zusammensein wird gerne von Gottesdienstteilnehmern angenommen.

Behindern sogenannte Gaffer, zum Beispiel bei tragischen Unfällen, die Arbeit von Mona?

Herbert Pügerl: Wir versuchen, die Betroffenen vom Blickfeld der Gaffer abzuschirmen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Mona?

Herbert Pügerl: Dass wir weiterhin die Betreuung so wie bisher durchführen können und die Belastung unserer Mitarbeiter gut getragen werden kann.