Verkehr
Neue Züge „schweben“ auf U1 in Nürnberg

Für 260 Millionen Euro hat Nürnberg 34 neue U-Bahnen von Siemens gekauft. Die ersten Züge rollen jetzt auf der Linie 1.

20.08.2020 | Stand 16.09.2023, 4:45 Uhr
Die neuen U-Bahnen auf der Linie 1 fahren nicht automatisch, können aber nachträglich auf fahrerlosen Betrieb umgerüstet werden. −Foto: Nikolas Pelke/NP

Großer Bahnhof für die neuen U-Bahnen: Mit einer Jungfernfahrt ist am Mittwoch die Inbetriebnahme der ersten drei neuen U-Bahn-Züge auf der Linie 1 zwischen Nürnberg und Fürth gefeiert worden. Nach über 40 Jahren haben die alten U-Bahnen der Baureihe DT1 auf dieser Strecke bald ausgedient.

In den nächsten drei bis vier Jahren sollen die alten Züge nacheinander eingemottet und durch die modernen Wagen vom Typ G1 ersetzt werden. „Wir freuen uns heute wirklich riesig“, sagte Josef Hasler, Chef der städtischen Verkehrsbetriebe (VAG), und zeigte stolz auf die mit Girlanden geschmückte U-Bahn.

Weniger Menschen in der U-Bahn unterwegs

Sie soll den Passagieren auf der 35-minütigen Fahrt von Nürnberg-Langwasser nach Fürth-Hardthöhe mehr Komfort bieten. 2015 habe man sich dazu entschieden, die 42 alten Doppeltriebwägen des Tpys DT1 durch 34 neue U-Bahn-Züge vom Typ G1 zu ersetzen. Rund 260 Millionen Euro kostet die Modernisierung der Flotte. Der Freistaat Bayern fördert die Neuanschaffung mit 60 Millionen Euro. Die Investition ist laut Hasler kein Pappenstiel, sondern ein Kraftakt. Erschwerend kommt die Corona-Krise mit einer Halbierung der Fahrgastzahlen hinzu. Statt 400 000 Passagiere würden derzeit täglich „nur“ rund 200 000 Fahrgäste die U-Bahn in Nürnberg nutzen. Rund die Hälfte aller Fahrgäste ist auf der ältesten und längsten U-Bahn-Linie 1 unterwegs. Oberbürgermeister Marcus König (CSU) ist sich vor diesem Hintergrund sicher, dass die neuen U-Bahnen dem Nahverkehr in Nürnberg neuen Schwung verleihen werden. Die U-Bahn sei als Rückgrat des Nahverkehrs das Zugpferd für die Mobilitätswende, erklärte König.

Linie 1:Premiere:
Die ersten drei neuen U-Bahnen vom Typ G1 rollen seit Mittwoch auf der Linie 1. Bis spätestens 2024 sollen die über 40 Jahre alten U-Bahn-Züge vom Typ DT1 durch die Metrozügen ersetzt werden.Die Jungfernfahrt hat am Mittwoch mit Oberbürgermeister Marcus König (CSU) von Langwasser-Nord nach Langwasser-Süd stattgefunden. Die neuen U-Bahn sollen Türen mehr Komfort bieten.

Die Nostalgiker unter den Fahrgästen dürften das klassische Rattern und Ruckeln der alten Züge schon bald schmerzlich vermissen. Die neuen Bahnen scheinen beinahe lautlose über die Gleise zu schweben. Auch beim Bremsen des Zuges müssen Passagiere keine Angst mehr haben, plötzlich durch die Bahn geschleudert zu werden. Sanft wie eine Sänfte stoppt die neuen Metro an den 27 Haltestellen entlang der knapp 20 Kilometer langen Strecke.

Mehr Komfort, weniger Nostalgie

Dazu hat die neue Bahn auch eine Klimaanlage an Bord. Allerdings wird die Bahn nicht vollklimatisiert, um Energie zu sparen und damit die Umwelt zu schonen. „Die neuen U-Bahnen sind ein echter Quantensprung – eine Entwicklung wie vom alten Käfer zur neuen S-Klasse“, schwärmte Tim Dahlmann-Resing, Technik-Vorstand bei der VAG, von dem luxuriösen Fahrgefühl in den neuen Fahrzeugen. Beim Design setzen die neuen U-Bahnen dagegen auf Tradition. In den fränkischen Farben funkelt die neue Metro zur Jungfernfahrt wie eine rot-weiße Speckschwarte am Bahnsteig. Die technischen Innovationen sind trotzdem schon von weitem zu sehen. LED-Lichtbänder leuchten wie Rücklichter beim Auto an der Türen.

Grün bedeutet: Bitte einsteigen! Rot bedeutet: Achtung an der Bahnsteigkante vor der Abfahrt! Die Doppeltüren selbst sind um zehn Zentimeter deutlich verbreitert worden, um den Einstieg für die Passagiere zu erleichtern. Zur Überbrückung des kleinen Spalts zwischen Bahnsteig und Bordkante wird eine Rampe an den Türen automatisch ausgefahren. Im Innenraum geht das neue U-Bahn-Zeitalter weiter. Statt der bekannten Sitzreihen aus der Bimmelbahn hocken die Fahrgäste in dem neuen Zug längs zur Fahrtrichtung. Durch diese Anordnung der Sitzschalen soll es in der Bahn mehr Platz zum Gehen und Stehen geben. Außerdem ist sie jetzt für alle Passagiere durchgängig und nicht mehr in einzelne Waggons getrennt.

Mehr Bewegungsfreiheit

Dadurch können sich die Fahrgäste im ganzen Zug frei bewegen und sich bequem nach einem geeigneten Platz umsehen. Selbstverständlich haben die modernen Züge auch kostenloses Internet an Bord. Fast schon „old school“ geht es dagegen im Führerhaus zu. Im Cockpit haben immer noch Zugführer das Sagen. Allerdings könnte der Fahrerstand in Zukunft ausgebaut und für den automatischen Betrieb umgerüstet werden. Die computergesteuerte Metro feierte 2008 in Nürnberg ihre Premiere.

Die hohen Kosten in die neuen U-Bahn-Züge sind laut Oberbürgermeister König gut investiertes Geld. Schließlich sei ein Großteil des Zuges in der Region entwickelt worden. Nürnberg mache gerne Werbung für Spitzenunternehmen wie Siemens, sagte König und kündigte an, die Stadt zum Showroom für die heimische Wirtschaft machen zu wollen. „Wir bauen aus der Region und für die Region“, betonte Gerhard Greiter von Siemens und erklärte, dass im Mobility-Konzernbereich allein rund 3000 Menschen in der Region beschäftigt seien. Einige davon werden sicherlich bald auch in „ihrem“ neuen Zug mitfahren.