Mit Solarpanels
Bayern-Museum in Regensburg will Energie-Weltmeister werden

09.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:23 Uhr
„Wird sind das Museum der Zukunft“: Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, in der Energiezentrale des Museumskomplexes −Foto: www.altrofoto.de/Moosburger

Das Bayern-Museum will Weltmeister werden: als erstes Museum, das seinen Energiebedarf vollständig autark deckt und 100 Prozent Klimaneutralität vorweisen kann. Das riesige Dach bekommt Solarpanels.



Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte (HdBG), kündigte am Samstag in Regensburg an, den Komplex mit Photovoltaik auszustatten. Das Museum, für rund 100 Millionen Euro errichtet und 2019 eröffnet, ist beim Umgang mit Energie bereits heute ganz vorn dabei. Das Haus mit rund 2500 Quadratmetern Ausstellungsfläche heizt und kühlt mit Energie aus der Kanalisation. „Wir brauchen bereits heute keinen Tropfen Öl und kein Quäntchen Gas“, betonte Loibl im Donausaal beim Auftakt zum „Fest der Kultur“.

Möglich macht das eine innovative Technik: Im Zusammenspiel von Wärmetauscher und Wärmepumpe wird dem Abwasser im Quartier Wärme entzogen und dem Komplex zugeführt oder umgekehrt: Es wird dem Haus Wärme entzogen und dem Abwasser zugeführt. Wie vorausschauend der Einbau der Anlage war, zeigt sich angesichts der aktuell explodierenden Energiepreise, besonders scharf. 100-prozentig energieautark zu werden, gelang dem HdBG aber noch nicht. Das Museum ist für die Wärmepumpen auf externen – grünen – Strom angewiesen. Bis zu den aktuellen dramatischen Preissteigerungen wurden für Museum mit Bavariathek und Depot 200.000 bis 250.000 Euro im Jahr für Strom fällig, zum Vergleich: In Kulturhäusern vergleichbarer Ausdehnung würden schätzungsweise zwei, drei Millionen Euro Energiekosten im Jahr anfallen, macht Loibl deutlich.

Strom aus Sonne

Nach der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes, mit der Bayern im Sommer den Weg für Solarmodule auf historischen Häusern frei gemacht hat, kippte die Stadt Regensburg das Verbot von Solaranlagen aus der Altstadtschutzsatzung. Damit bekommt das Bayern-Museum die Option, künftig auch die Energie für die Pumpen selbst zu erzeugen – mit Strom aus Sonne. „Dann haben wir hier den Passivhaus-Standard“, frohlockt Loibl. „Damit sind wir, nach allem, was wir wissen, das erste Museum weltweit.“ Sogar das Museum der Zukunft in Nürnberg, 2021 von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) symbolisch mit dem Laserschwert von Luke Skywalker aus „Star Wars“ eröffnet, schaut gegen das Regensburger Haus alt aus.

Der Regensburger Komplex, der sich ungefähr 100 Meter lang am Donauufer erstreckt, bietet eine riesige Fläche für Solarpanels. Die Module sind in der Welterbestadt umstritten. Denkmalschützer und Heimatpfleger warnen vor der Zerstörung der Dachlandschaft als „fünfter Fassade der Stadt“ und drängen, vor Eingriffen in das über Jahrhunderte intakt gebliebene Juwel Altstadt, erst auf den übrigen 95 Prozent Dachflächen außerhalb der Kernzone Photovoltaik zu installieren. Richard Loibl sagt mit Blick auf das neu errichtete Bayern-Museum: „Ein hochmodernes Haus kann nicht aussehen wie ein mittelalterlicher Stadel.“ Der Historiker beruft sich auf Bayern-König Maximilian II., der im 19. Jahrhundert dem Leitsatz „Fortschritt aus Tradition“ propagierte, und betont: „Wir können uns nicht tot stellen und alles, was uns stört, ausblenden.“ Früher habe man Hightech stolz gezeigt, angefangen bei Elektroleitungen, die über Putz gelegt wurden.

Den Dürer in die Klimabox

Der Museumschef kündigt außerdem an, Temperatur-Limits von Leihgebern stärker auf ihren Energieverbrauch zu checken. „Es ist üblich geworden, für viele Objekte gleich hohe Standards anzulegen. Aber ein Dürer hat einen anderen Bedarf an die Klimatisierung als ein historischer Dreschflegel.“ Statt Temperatur und Feuchtigkeit ganzer Säle aufwändig zu regeln, würde er ein Dürer-Gemälde in eine Klimabox stellen. „Oder überlegen: Brauche ich dieses Stück wirklich für die Ausstellung?“

Markus Blume (CSU), Bayerns Minister für Wissenschaft und Kunst, unterstützt Loibls Vorstoß. „Denkmalschutz und Klimaschutz sind keine Gegensätze“, sagte er am Rand vom „Fest der Kultur“. „Wir müssen alle Potenziale für eine möglichst unabhängige Energieversorgung nutzen.“