MZ-Urgestein Herbert Brunner
Er bringt Regensburgern seit 55 Jahren die Zeitung

23.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:43 Uhr
Johannes Hirschlach
200 Exemplare der Mittelbayerischen Zeitung trug Herbert Brunner bislang täglich in der Regensburger Innenstadt aus. −Foto: altrofoto.de

Herbert Brunner gehört zur Mittelbayerischen, wie die Mittelbayerische zu Herbert Brunner gehört. Der 80-Jährige kennt die Altstadt als Austräger in und auswendig. Jetzt will er kürzer treten.

Der Tag ist gerade einmal eine halbe Stunde alt, da klingelt in einem Hochhaus im Nordosten Regensburgs schon der Wecker. Der Mann, der um 0.30 Uhr aus dem Bett steigt, hat seine Routine. Die Klamotten liegen auf einem Stuhl schon bereit. Eine Tablette im Magen, zwei Flaschen Wasser in der Tasche, dann verlässt der schlanke Herr mit den schlohweißen Haaren das Haus. Herbert Brunner, 80, ist wohl Regensburgs frühester Frühaufsteher.



Jede Nacht hat er eine Mission, seit 55 Jahren: in der Altstadt die Mittelbayerische Zeitung zustellen. Gut 200 Exemplare steckt Brunner täglich in Briefkästen und Zeitungsrollen. Der Mann in der blauen Austrägerjacke war schon Zusteller, da waren etliche seiner Kunden noch nicht einmal geboren. „Ich brauche einfach eine Aufgabe“, sagt Brunner. Der 30. Juni wird nun aber doch ein Einschnitt für ihn: Dann gibt der 80-Jährige den Großteil seiner Bezirke ab. Ruhestand für den Mann mit den Zeitungen unterm Arm, zumindest ein bisschen.

Ein Leben für die Zeitung

Überhaupt, die Zeitung: Kaum etwas hat Brunners Leben so geprägt, wie die Stapel druckfrischer Nachrichten. „Meine Familie hat das in sich“, sagt Brunner. Schon seine Mutter trug die Mittelbayerische aus, als Teenager musste er mit seinem Bruder aushelfen. Eine kurze Exkursion als Tankwart, dann landete Brunner erneut bei der Zeitung: „1967 war das - wir haben nichts gehabt. Dann habe ich meiner Frau gesagt: So geht es nicht weiter“, erzählt er. Ein Zusatzjob musste her, Brunner begann als Zusteller mit eigenem Bezirk bei der MZ. Ein Jahr später startete er auch als Vollzeit-Beschäftigter im Betrieb: „Ich war als Arbeiter in der Fertigmacherei“, sagt Brunner, zwölf Jahre bis zum Ruhestand 2002 auch als Versandleiter.

Herbert Brunner genießt die nächtliche Ruhe

Der Austrägerei blieb er in all der Zeit und darüber hinaus treu. „Weil es mir einfach Spaß macht“, sagt Brunner. „Die Stadt ist nachts so schön stad, ich laufe eineinhalb Stunden, bis ich mal einen Menschen treffe“, sagt er. Regen, Hitze, Kälte: „Das macht mir wenig aus.“ Wobei, sagt er, wenn es richtig schüttet, dann sei er schon auch mal froh, wenn alle Zeitungen verteilt sind.

Dabei ist es an fünf von sechs seiner Arbeitstage pro Woche mit den Zeitungen nicht getan: Seit 15 Jahren trägt Brunner in der Altstadt auch noch für CityMail die Post aus. Deswegen auch das besonders frühe Aufstehen: „Ab 1 Uhr sortiere ich die Briefe“, sagt Brunner. Um 3.30 Uhr muss er dann zum Arnulfsplatz, um die bereitgelegten Zeitungen abzuholen.

So beginnt Brunner seine Spezialtour: „Ich habe mir alles so zusammengestellt, wie es am besten läuft“, sagt Brunner. Für seine Runde hat er die idealen Stellplätze fürs Auto erspäht und die effizientesten Fußwege ertüftelt. Am frühen Morgen entspannt Brunner dann in einem Cafe, „da lese ich ein bisschen Zeitung“.

Nach der Zeitung ist die Post dran

Nach einer Stunde geht es weiter - mit dem roten CityMail-Dienstrad. Noch einmal zwei bis drei Stunden flitzt Brunner am Vormittag damit durch die Stadt. Dann ist Feierabend, respektive -mittag, bis zum Essen ist er wieder daheim.

Zumindest war das bislang so. Jetzt will Brunner kürzertreten. Seine so vertrauten Bezirke legt er in andere Hände - bis auf eine Runde mit 50 Zeitungen, die behält er weiter. Auch die Post will er in diesem Bereich weiter zustellen. „Ich denke, dass ich noch ein paar Jahre runterreißen kann“, hofft er. „Ich mach‘s so lange, wie es mir der Herrgott erlaubt.“

Wird der Früh- also nun zum Spätaufsteher - statt um 0.30 Uhr erst um 3.30 Uhr aus dem Bett? „Naja“, sagt Brunner, da müsse man sich schon daran gewöhnen. „Ab und zu laufe ich jetzt schon nachts im Jogginganzug eine Runde.“ So ganz ohne Zeitungen, nur aus Spaß. Fit sein, das ist Brunners Credo: „Man muss eben auf den Füßen bleiben.“