Musik
Kinder von klassischer Musik begeistert

Tausend Kinder lernten in Regensburg klassische Musik kennen. Zu Verdis Triumphmarsch aus „Aida“ sangen sie ein Fußballlied.

15.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:14 Uhr
Angelika Lukesch

Beim Kinderkonzert im Audimax Regensburg konnten die Kinder klassische Musik auf neue Weise erleben. Foto: Angelika Lukesch

Am Montag füllte sich das Audimax bei zwei Terminen mit mehr als tausend aufgeregten Kindern. Das Uniorchester begann das Kinderkonzert mit der Wassermusik von Georg Friedrich Händel und die jungen Zuhörer lauschten verzückt. Sehr viele Kinder kommen mit sogenannter klassischer Musik kaum in Berührung, es sei denn, die 6. Symphonie von Ludwig van Beethoven oder auch gerne mal die kleine Nachtmusik von Wolfgang Amadeus Mozart wird zufällig als Hintergrundmusik für Werbung verwendet. Solche klassischen Hits sind oft zu hören, denn sie sind zeitlos schön und erschließen sich jedem. Doch klassische Musik bietet so viel mehr an Freude und Emotionalität.

Eine Laola-Welle im Audimax

Diese Freude Kindern der 3. bis 7. Klassen der Grund- und Mittelschulen in Stadt und Landkreis Regensburg nahe zu bringen, haben sich Professor Dr. Magnus Gaul (Musikpädagogik), seine Studenten und auch der Leiter des Uniorchesters, Arn Goerke, vorgenommen, als sie Schüler zum Kinderkonzert ins Audimax der Universität Regensburg einluden. Das Universitätsorchester, erklärt Professor Gaul am Rande des Konzerts, sei zum ersten Mal bei einem solchen Kinderkonzert dabei. Bereits einige Wochen zuvor hatte eine Vorbereitungsveranstaltung für die Lehrkräfte stattgefunden, im Rahmen derer auch konkrete Anleitungen und Material mit einer CD zur Vorbereitung der Klassen auf dieses Kinderkonzert weitergegeben wurden. Professor Gaul stimmte die Kinder auf das Kinderkonzert mit dem Titel „Fußballfieber“ ein und übte mit ihnen auch gleich eine Laola-Welle. Im Laufe von eineinhalb Stunden sollte klassische Musik eine kongeniale Verbindung mit dem Fußball eingehen und die Kinder sollten dabei selbst mitmachen.

Eine Studentin aus dem Seminar von Professor Gaul interviewte den Dirigenten des Uni-Orchesters, Arn Goerke. Es stellte sich heraus, dass ein Dirigent eine ähnliche Funktion habe wie Jogi Löw für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Goerke erklärte, dass der Dirigentenstab eine Art „verlängerter Arm“ sei, der den Musikern Geschwindigkeit, Länge der Töne und die Interpretation des jeweiligen Stückes vorgebe. „Wir hoffen, dass wir durch diese Kinderkonzerte mit den Kindern die Musik in die Familien hineintragen“, sagte Professor Gaul. Bei diesen Kinderkonzerten geht es auch immer um Lehrerfortbildung, denn: „Es ist für mich eine Frage der Lehrerbildung. Wenn man bei einem Konzert vor einem Publikum steht, ist das so ähnlich, als wenn man vor einer Klasse steht. Man vermittelt etwas und versucht, die Kinder zu faszinieren.“

In den Wochen vor dem Konzert konnten die Lehrkräfte anhand der Materialien, die ihnen vom Lehrstuhl für Musikpädagogik und von dessen Studierenden an die Hand gegeben wurden, ihre Kinder auf das Kinderkonzert vorbereiten. Auch wurden von den Studierenden Materialien entwickelt, die der Nachbereitung des Kinderkonzerts dienen. „Wir wollen nicht, dass ein Kind unvorbereitet in das Konzert kommt, denn dann ist das Desinteresse vorprogrammiert“, sagt Professor Gaul.

Leuchttürmchen bilden

Auf die Frage, wie Eltern ihren Kindern Musik oder das Singen nahebringen können, stellt der Professor fest: „Das Singen ist in den Familien nicht mehr so zu Hause wie früher. Dieses Konzert könnte zum Beispiel eine Anregung dafür sein, mit den Kindern ein Konzert zu besuchen, zum Beispiel unser Advents- Kinderkonzert im Dezember. Das gemeinsame Singen und Musizieren und Interagieren wird dann eine Selbstverständlichkeit. Die Kinder entdecken plötzlich, dass sie selbst etwas können und selbst zum Gelingen eines Konzerts beitragen können, weitab von den Medien, die sie in ihrem Kinderzimmer verwenden. Eine solche Interaktion, solche Mitmachkonzerte bilden Leuchttürmchen dafür, dass sie selber mit anderen in Kontakt treten können und mit der Bühne ein Wechselspiel geschieht.“ Besonders begeistert zeigten sich die Kinder von Ballkünstler Samuel Weller, der seine Kunststücke mit dem Ball zur klassischen Musik zeigte und bei den Schülern große Bewunderung erweckte.

Body-Percussion zu Verdi

Beim Kinderkonzert im Audimax entspann sich im Laufe von eineinhalb Stunden ein lebhaftes Wechselspiel. Als das Uni-Orchester Beethovens 5. Symphonie anstimmte, konnten die Kinder einzelne Instrumentengruppen anzeigen, indem sie Kärtchen in unterschiedlichen Farben hochhielten. Am spannendsten jedoch wurde es bei der Musik von Giuseppe Verdi, dem Triumphmarsch aus der Oper Aida. Die Body Percussion, die die Kinder mit großer Begeisterung vollführten, hatten sie schon vorher im Unterricht perfekt gelernt und wendeten sie beim Triumphmarsch mit großem Rhythmusgefühl an. Als dann auf die Melodie dieses Marsches noch ein mitreißender Fußballtext gelegt wurde, schallte das Audimax vielhundert-stimmig von einem Kinderchor wider.

Künftige Musikpädagogen:

Konstantin Preising findet solche Kinderkonzerte gut, weil dadurch klassische Musik für Kinder zugänglich gemacht wird. „Klassische Musik ist dann nicht so etwas Abgehobenes, dass es ein Privileg von erwachsenen Menschen ist. Kinder werden so zum zukünftigen Publikum.“

Beate Minar denkt, dass es für viele Kinder „ein großes Erlebnis ist, allein schon mal ins Audimax zu kommen und dann auch ein Orchester zu hören. Es ist ja doch was ganz anderes, Instrumente live zu hören. Das macht einen ganz anderen Eindruck, als wenn man sie von einer CD hört.“

Wanda Gardner sagt: „Ich finde es toll, dass Kinder es mal schaffen, in so ein Live-Konzert zu gehen. Es ist ja oft so, dass sie die klassische Musik zwar in der Schule von der CD abhören, aber nie wirklich ein Konzert erleben. So ein Kinderkonzert ist eben auch kürzer als ein normales Konzert.“

Helena Lis findet es „toll, dass wir die Kinder mit einbeziehen können. Sie sind natürlich jetzt sehr aufgeregt, dass sie in die Universität kommen dürfen und dann dürfen sie auch noch an der Musik teilhaben, und genau das wollen wir ja auch, dass die Kinder Teil der Musik werden.“