Spurensuche in Regensburg
Nachtwanderung: Christkind-Detektive unterwegs

14.12.2022 | Stand 15.09.2023, 2:33 Uhr
Quirin Seilbeck
Am Ziel angelangt: Nach eineinhalbstündiger Wanderung ist die Kirche St. Leonhard in der Westnerwacht erreicht. −Foto: Seilbeck

Bistumsmuseen bieten eine Schnitzeljagd durch die Altstadt an. Mehrere Hinweise führen die Gruppe in die Kirche St. Leonhard.

Das Kuhgässel: Eine engere Gasse findet man in Regensburg nicht. Eine Wandergruppe von neun Personen zwängt sich durch das schmale Spalier von Hauswänden. Für Constantin, der im Rollstuhl sitzt, ist es ein Leichtes. Doch die Familie hinter ihm mit dem Kinderwagen hat Schwierigkeiten. Gerade so schleift sich das Gefährt entlang der Mauern durch das Kuhgässel. Wohin zieht es die Wandergruppe? Die Kinder sind auf Spurensuche nach dem Christkind.

„Wie sieht das Christkind eigentlich aus?“, fragt Gruppenführerin Christine Bortmes am Vorplatz des Velodroms, dem Startpunkt der Nachtwanderung. Ein Mädchen antwortet zögerlich: „Ganz viel weiß?“ Bortmes leitet zusammen mit ihrer Kollegin Felicitas Hölzel die Veranstaltung, die von den Bistumsmuseen für Kinder und deren Familien angeboten wird. Alle Teilnehmer kommen bestückt mit einem Leuchtgegenstand. Eine Mutter hat für ihre drei Kinder sogar drei Taschenlampen in diversen Farben dabei. „Damit es keine Streitereien gibt“, erklärt sie. Bei winterlichen Temperaturen leuchtet die Gruppe die dunkelsten Ecken aus, stets auf der Suche nach dem Christkind. Und siehe da: An einer Hecke in der Portnergasse entdeckt eines der Mädchen etwas: einen Brief vom Christkind. „Magst du ihn uns vorlesen?“, fragt Bortmes. Ihre Kollegin eilt dem noch etwas schüchternen Kind zur Hilfe: „Wollen wir das gemeinsam machen?“ Das Christkind stellt im Brief die Frage, was den Hirten denn den Weg zu ihm zeige. Zügig einigen sich die Kinder auf „Stern von Betlehem“. Es folgen weitere Stationen mit weiteren Rätselbriefen vom Christkind. Dazwischen verteilen Bortmes und Hölzel zur Stärkung die wohl bekanntesten Kuchen des Advents: „Lebkuchen“. Als den tapferen Stadtwanderern die Kälte allmählich zu schaffen macht, erreichen sie ihr Ziel: die Kirche St. Leonhard. Dort soll sich das Christkind verstecken? Ja, auf einem Seitenaltar des mit zahlreichen Kerzen erleuchteten Sakralraums entdecken die Kinder das Christkind in Marias Armen.

Zur Feier singen die Kinder und Erwachsenen zwei Weihnachtslieder. Dann fragt Bortmes: „Wie macht ihr das, dass das Christkind weiß, was ihr euch wünscht?“ Sekundenlanges Schweigen. Dann traut sich der 13-jährige Constantin: „Einen Wunschzettel schreiben.“ Und so verteilt Bortmes Wunschzettel, die die Kinder ausfüllen und vor den Altar legen, damit sie „das Christkind auch lesen kann.“ Fehlt nur noch ein Stern: „Den basteln wir zusammen, und zwar aus roten Papierbögen“, schlägt Bortmes vor.

Sie ist glücklich, dass die Nachtwanderung heuer endlich wieder stattfinden kann. In den vergangenen zwei Jahren habe stets Corona die Pläne durchkreuzt. Dieses Jahr nicht. Daher nutzt sie abschließend die Gelegenheit, die Kinder zu ermuntern, auch die einfachen Dinge wertzuschätzen. Denn nicht alle auf der Welt hätten „ein Dach über den Kopf“ oder eine „warme Mahlzeit“, so Bortmes. Einen Wunsch hatten die Kinder aber noch auf der Seele – und sprachen damit vielen Gleichaltrigen aus der Seele: „Schnee!“ Und, als hätte es das Christkind gehört, verirren sich auf dem Nachhauseweg vereinzelte Flocken in die engen Altstadtgassen.