Caritas-Krankenhaus St. Josef
Operieren auf weniger als einem Millimeter im Zentrum der Lymphchirurgie

04.01.2023 | Stand 15.09.2023, 2:10 Uhr
Da die feinen Gefäße mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind, arbeiten Dr. Norbert Heine und seine Kolleginnen und Kollegen mit supermikrochirurgischen Verfahren. −Foto: Katharina Beer

Der Krebs ist besiegt, doch das Leid geht weiter: Rund ein Viertel aller Brustkrebspatientinnen erkrankt nach einer Operation an einem Lymphödem. Das teilt das Caritas-Krankenhaus St. Josef mit. Hier befindet sich nun auch das deutschlandweit einzige zertifizierte Zentrum für Lymphchirurgie. Mithilfe von Supermikrochirurgie werden hier Lymphknoten transplantiert oder Lymphgefäße umgeleitet.

„Etwa vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einem Lymphödem. Dieses kann angeboren sein, ist aber in der Mehrheit der Fälle eine schwerwiegende Nebenwirkung einer Tumoroperation, bei der Lymphknoten oder Lymphgefäße entfernt oder aufgrund von Chemotherapie beschädigt worden sind“, erklärt Norbert Heine laut Mitteilung. Er ist Leitender Oberarzt im Team von Lukas Prantl, dem Direktor der Klinik für Plastische, Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie. Ist das Lymphsystem gestört, kann die Lymphflüssigkeit nicht mehr abfließen und staut sich im umliegenden Gewebe. Die betroffenen Gliedmaßen – nach einer Brustkrebsoperation sind das die Arme, nach einer Operation im Bauchraum die Beine – werden schwer und schwellen an. Mit der Zeit verstärken sich die Symptome und die Patienten leiden zunehmend unter Schmerzen. Im fortgeschrittenen Stadium sind Patienten mit einem Lymphödem von der krankhaften Veränderung so beeinträchtigt, dass sie ihren Beruf oder auch ihren Alltag kaum mehr bewältigen können.

„Bis vor wenigen Jahren konnten wir so feine Strukturen nicht operieren. Daher blieben Betroffenen nur konservative Maßnahmen wie Lymphdrainagen und Kompressionsbehandlungen“, erklärt Heine. Mit der Lymphchirurgie hätten sich in den letzten Jahren ganz neue Möglichkeiten eröffnet. „Wir sind seitdem in der Lage, Lymphknoten zu transplantieren, oder mit einer sogenannten lymphovenösen Anastomose noch intakte Lymphgefäße mit Venen zu verbinden und so die Flüssigkeit, die ins Gewebe sickern würde, in den Blutkreislauf umzuleiten“, berichtet der Plastische Chirurg. Die Lymphflüssigkeit könne danach wieder frei fließen, die betroffenen Extremitäten schwellen ab. Das OP-Verfahren werde jedoch nur in wenigen großen Zentren in Deutschland angeboten. Dafür brauche es neben Expertise auch modernste Technik – von hochauflösenden Fluoreszenzkameras bis hin zum Spezialmikroskop, das allein mehr als eine halbe Million Euro kostet. „Wir bewegen uns hier im Bereich der Supermikrochirurgie. Die Lymphgefäße haben einen Außendurchmesser von 0,5 bis einen Millimeter. Der Faden, mit dem wir nähen, ist mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen“, sagt Heine.

Seit kurzem ist das Zentrum in Regensburg als erstes in Deutschland nach DIN EN ISO zertifiziert. „Gerade bei so feinen Strukturen spielt Qualität eine entscheidende Rolle. (...) Daher nehmen wir den Aufwand, der damit verbunden ist, gern in Kauf.“

Betroffene können unter der Tel. (0941)7823111 einen Termin in der Sprechstunde des Zentrums für Lymphchirurgie vereinbaren.