Projekt plant schon Auftritte
Regensburg: Wie ein inklusiver Chor Demenzkranken hilft

06.08.2022 | Stand 15.09.2023, 4:08 Uhr
Martina Groh-Schad
Chorleiter Hans Wax begleitet die Gruppe mit der Gitarre. −Foto: Fotos: Martina Groh-Schad

Ein inklusiver Chor trifft sich regelmäßig in Regensburg. Ein Auftritt der Gesangsgruppe ist schon geplant.

Aus dem Gemeindesaal der evangelischen Kirche St. Markus tönt vielstimmig die Tonleiter. Hans Wax an der Gitarre läuft im Raum auf und ab und koordiniert die 15 Sänger im Saal. Der ehemalige Brauchtumspfleger ist in seinem Element. „Ich leite gerne an“, erklärt er und man merkt sofort, er ist mit Feuereifer bei der Sache. Die Teilnehmer sind Menschen mit und ohne Demenzerkrankung, Frauen und Männer etwa ab Mitte 40. Wer ist betroffen? Man sieht es nicht. „Beim Singen fällt die Erkrankung nicht auf“, erklärt Wax.

Im vergangenen Oktober hat sich die Singgruppe gegründet und zunächst im Aktivzentrum Königswiesen getroffen. „Es waren gleich beim ersten Mal 14 Teilnehmer dabei“, sagt Maria Kammermeier, Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft Oberpfalz. Da sich abzeichnete, dass noch mehr Sänger kommen können und man zudem aufgrund der Pandemie Abstand untereinander halten wollte, zog die Singgruppe um und fand im evangelischen Gemeindesaal in der Killermannstraße Unterschlupf. Etwa 15 Teilnehmer zählte der Chor in den vergangenen Monaten regelmäßig. „20 Personen können mitmachen“, sagt Kammermeier. „Die Zusammensetzung der Sänger wechselt.“

Wiederholung ist wichtig

Schon zur Begrüßung geht es fröhlich zu. Chor-Leiter Hans Wax gibt die bayerische Variante des Eingangsliedes aus der Operette der Vogelhändler vor. „Griaß eich Gott alle miteinander“, stimmt die Gruppe ein und wippt im Takt. „Wir haben immer den gleichen Ablauf“, erklärt Wax. Die Wiederholung ist wichtig für die Teilnehmer und hilft, dass sich alle wohlfühlen. Zunächst kommt das Begrüßungslied, dann folgt das Einsingen. Gesungen wird im Sitzen und im Stehen, aber auch in Bewegung. Immer wieder erinnert Wax daran, Wasser zu trinken. „Ich denke selbst oft nicht daran“, räumt er ein.

Wax wählt vor allem volkstümliche Lieder aus, die alle kennen, andere sind passend zur Jahreszeit, beliebt sind auch Wanderlieder. „Alte Schlager sind auch oft dabei.“ Unterstützt wird er von Margit Hellwig-Tauer und Ulrike Schrettenbrunner. Alle drei sind erfahren rund um das Musizieren mit Gruppen. Schrettenbrunner organisiert schon länger Singgruppen in Senioreneinrichtungen. „Musik weckt Emotionen“, erklärt sie. „Positive Erinnerungen können entstehen und das wirkt sich positiv auf die Menschen und ihre Lebensqualität aus.“ Das gelte für Menschen mit und ohne Demenz.

Demenz soll kein Tabu-Thema sein

„Bei dem Projekt zählt vor allem der Inklusionsgedanke“, betont Kammermeier. „Wir wollen Teilhabe leben.“ Durch das Miteinander von Menschen mit und ohne Demenz sollen Vorurteile abgebaut und die Chance eröffnet werden, die Angst vor der Erkrankung zu verlieren. „Das ist für Erkrankte wie auch für Angehörige eine gute Erfahrung“, betont Kammermeier. Ihr ist wichtig, dass die Erkrankung kein Tabu-Thema bleibt, was in der Vergangenheit der Fall war.

Am 23. September wird der Chor erstmals öffentlich auftreten. Im Rahmen der Woche der Demenz findet um 18:30 Uhr im Runtingersaal eine Konzertlesung mit der Musikerin, Neuropsychologin und Demenzexpertin Sarah Straub aus Ulm statt. Sie hat das Buch „Wie meine Großmutter ihr Ich verlor“ geschrieben, dass sie während der Aktionswoche vorstellen will. „Unser Chor ist das Rahmenprogramm“, erklärt Kammermeier.

In den vergangenen Monaten gab es bereits mehrere Anfragen für öffentliche Auftritte, doch diese sollen die Ausnahme bleiben. „Es ist für die Menschen mit zu viel Stress verbunden“, sagt Kammermeier. „Das wollen wir vermeiden.“

Weitere Informationen zur Singgruppe gibt es im Internet unter der Adressewww.oberpfalzheimer.de.