Energieversorger
Regensburgs neuer Rewag-Chef: „Wir schaffen auch diese Krise“

11.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:56 Uhr
Der Ingenieur Robert Greb übernimmt ab 1. April 2023 die Geschicke des regionalen Energieversorgers Rewag. Im Interview mit der MZ sprach er über die Energiekrise, die Situation in der Belegschaft und über seine Pläne. −Foto: Eckl

Robert Greb kommt von Delitzsch nach Regensburg. Im Interview erklärt der neue Rewag-Chef: Der Energieversorger muss massiv in Leitungen investieren – Geld für die Stadt soll trotzdem fließen. Sie wurden vom Aufsichtsrat der Rewag zum neuen Vorstandsvorsitzenden gewählt. Freuen Sie sich auf Regensburg und das Unternehmen?

Robert Greb:Natürlich freue ich mich auf Regensburg. Regensburg ist eine sehr attraktive Stadt. Wirtschaftlich, kulturell, die Natur um Regensburg herum, vor allem aber die Menschen hier sind positiv. Ich hatte schon einige wirklich sehr nette und freundliche Begegnungen mit Rewag-Mitarbeitern. Und natürlich ist die Aufgabe in Regensburg auch für mich eine persönliche Weiterentwicklung.

Regensburg ist politisch kein leichtes Pflaster, Affären sorgten für überregionale Schlagzeilen. Hat Sie das nicht abgeschreckt?

Robert Greb:Ich sehe hier Einzelfälle, die ja auch abgearbeitet wurden und werden. Außerdem bin ich nicht sicher, ob nicht manchmal die Schlagzeilen größer waren als die eigentlichen Tatsachen. Man hat mir in den Begegnungen mit der Oberbürgermeisterin, mit der Stadtverwaltung, aber auch mit den Rewag-Mitarbeitern und Führungskräften das Gefühl gegeben, dass man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann. Das ist eine gute Ausgangslage, in der ich auch meine Ideen, beispielsweise zu den Erneuerbaren Energien, einbringen und verwirklichen kann.

Derzeit sind Sie Geschäftsführer der Stadtwerke Delitzsch, die Rewag ist um einiges größer. Wie groß ist Ihr Respekt vor dieser Aufgabe und wie wollen Sie diese angehen?

Robert Greb:Ich werde wohl nicht so viel Zeit haben, um mir alles im kleinsten Detail anzusehen, weil die Krise doch zügiges Handeln fordert. Aber was ich gesehen habe ist, dass die Rewag ein stabiles und erfolgreiches Unternehmen ist. Ich habe darüber hinaus auch Erfahrungen bei deutlich größeren Unternehmen wie der MVV Energie in Mannheim oder der Badenova in Freiburg. Respekt ist also natürlich da, verbunden aber mit großer Vorfreude.

Die Rewag sorgte in den vergangenen Monaten für Schlagzeilen. Ihr Vorgänger wurde fristlos entlassen, wogegen er klagt. Wie wollen Sie das für die Region so wichtige Unternehmen in ruhiges Fahrwasser bekommen?

Robert Greb:Ich habe jetzt keine übermäßige Unruhe im Haus feststellen können. Auch da waren die Schlagzeilen vielleicht manchmal größer als die tatsächlichen Umstände. Die Unruhe, die die Krise mit sich bringt, stellt die Mitarbeiter natürlich vor große Herausforderungen. Der Dezember-Abschlag bei den Gaspreisen beispielsweise, die Preisdeckel – all das muss schnell in die IT-Systeme eingespeist werden. Das ist ein sehr hoher Arbeitsaufwand. Ich bemühe mich, einen offenen Führungsstil, der hoffentlich auch motivierend ist, an den Tag zu legen. Kritikfähigkeit und gut zuhören können, auch das ist mir ganz wichtig.

Wir stehen von einem Krisenwinter. Was erwartet die Kunden der Rewag?

Robert Greb:Die politischen Maßnahmen, etwa die Preisdeckel, werden die Härten abfedern. Auch die Risiken der Stadtwerke wurden durch die Stützung der Gasimporteure durch den Bund genommen. Diese Unterstützung ist für alle wichtig. Es dürfte in vielen Fällen aber leider so sein, dass erst mit der Abschlagszahlung und der Rechnung klar wird, wie tiefgreifend diese Krise ist.

Ebben derzeit die großen Schwankungen auf den Energiemärkten ab?

Robert Greb:Im August und September gab es extreme Ausschläge. Damals ging der Strompreis auf 1000 Euro pro Megawattstunde. Das hat sich wieder mehr normalisiert, aber auf deutlich höherem Niveau als etwa während der Corona-Krise. Das Preisniveau ist weiterhin sehr, sehr hoch, auch für die Folgejahre. Ich denke nicht, dass wir auf das komfortable Niveau der vergangenen Jahre zurückkehren.

Sind das schlechte Zeiten für die Erneuerbaren Energien?

Robert Greb:Das Gute an der Energiewende ist, dass sie zum großen Teil sehr dezentral geschieht. Die Rewag ist ein regional verwurzeltes Unternehmen. Da kann die Rewag also viel tun. Ich habe entlang der Autobahn Photovoltaikanlagen gesehen. Auch in Sachen Windkraft passiert jetzt in Bayern wieder einiges. Durch die guten Beziehungen in der Region, also mit Stadt und Landkreis, kann die Rewag hier in Zukunft viel bewegen.

Jahrelang leistete die Rewag wichtige Beiträge zur Quersubventionierung beispielsweise der Bäder und der Busbetriebe. Glauben Sie, dass dieses Modell Zukunft hat?

Robert Greb:Die Zusammenarbeit mit dem Stadtwerk halte ich für sehr wichtig. Sie haben die Bäder und den ÖPNV erwähnt. Das sind wichtige Faktoren für die Attraktivität der Stadt. Auch die Verkehrswende wird immer wichtiger und da sehe ich noch viel Potenzial in der Zusammenarbeit. Aber auch im gemeinsamen Außenauftritt mit dem Stadtwerk, indem wir beispielsweise Pakete schnüren und gemeinsame Leistungen anbieten, können wir noch einiges tun. Das bestehende Modell steht also für mich überhaupt nicht in Frage. Erst recht nicht bei grundsätzlich knapper werdenden Mitteln.

Kann man als Energieversorger überhaupt noch Geld verdienen?

Robert Greb:Ohne die entsprechende Wirtschaftlichkeit würde es bald keine Energieversorger mehr geben. Deshalb natürlich auch die Stützmaßnahmen der Politik, damit es keinen Dominoeffekt geben. Die Deckelungen sorgen dafür, dass die Zahlungsausfälle nicht zu hoch werden.

Angeblich gibt es einen Investitionsstau gerade beim Netz der Rewag. Alte Leitungen müssen erneuert werden. Fließen die Gewinne in die Sanierung?

Robert Greb:Ich weiß, dass Investitionen in das Stromnetz eine hohe Priorität bei der Rewag haben. Hier wird viel passieren in den nächsten Jahren. Die Rewag ist sich ihrer Verantwortung bewusst, ihren Beitrag dafür zu leisten, dass Regensburg und die Region einer der attraktivsten Lebens- und Wirtschaftsräume Deutschlands bleiben.

Glauben Sie, dass jemand frieren muss in Regensburg diesen Winter?

Robert Greb:Ich bin sehr optimistisch, dass wir gut durch den Winter kommen. Aber, die Krise wird nach diesem Winter nicht vorbei sein. Wenn nicht ein Wunder in der Ukraine passiert, dann werden wir die kommenden ein, zwei Winter weiterhin eine angespannte Lage mit sich bringen.

Werden Gas- und Strompreisdeckel wirken?

Robert Greb:Das sind wirksame Instrumente, um die Preise zu begrenzen. Gleichzeitig ist noch ein Anreiz da, zu sparen, weil die Deckelung nur 80 Prozent der Energiemenge für die Privatkunden betrifft. 20 Prozent werden dem Markt zugeordnet. Natürlich wird die finanzielle Belastung, die im Raum stehenden 200 Milliarden Euro, auch auf die kommenden Generationen übertragen. Zur Entlastung gibt es aber die Idee, Übergewinne abzuschöpfen. Das würde übrigens die Rewag mit ihren Windparks auch treffen. Aber das ist nur fair, finde ich. Diese Krise zu meistern, verlangt von allen ein Mindestmaß an Solidarität. Es geht nur gemeinsam.