Groß-Razzia in Niederlanden
Sie sorgten in Bayern für Schrecken: Automaten-Bomber im Fokus der Ermittler

30.01.2023 | Stand 15.09.2023, 1:48 Uhr
Spezialisten des Landeskriminalamts Bayern sicherten nach der Sprengung eines Geldautomaten im Regensburger Westen im Juli 2022 Spuren – die mutmaßlichen Täter könnten heute verhaftet worden sein. −Foto: Baumgarten

Seit Montagfrüh läuft eine Groß-Razzia gegen die organisierte Kriminalität: Polizei und Justiz durchsuchen in den niederländischen Provinzen Limburg und Utrecht mehrere Objekte. Es werden mehrere Haftbefehle vollzogen. Das bestätigten die Staatsanwaltschaft in Bamberg und die Landeskriminalämter Bayern und Baden-Württemberg.



Die konzertierte Aktion steht demnach im Zusammenhang mit einer beispiellosen Zahl von Geldautomaten-Sprengungen in den vergangenen zwei Jahren. „Es sind sehr viele Fälle quer durch ganz Bayern“, sagte Ludwig Waldinger auf Nachfrage der Mediengruppe Bayern; auch Sprengungen in derOberpfalz, in Niederbayern und Oberbayernseien dabei. Einzelheiten zu dem Zugriff und zum umfangreichen Ermittlungsverfahren wollen die Behörden aber erst am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in München bekannt geben.

Weitere Hintergründe lesen Sie hier:Spuren der Automaten-Bomber führen zu organisierten Banden in Holland

Seit Monaten waren die Ermittler offenbar einer Gruppierung auf der Spur, die seit 2021 von den Niederlanden aus, in Bayern und auch in Baden-Württemberg zahlreiche Geldautomaten mit Sprengstoff geknackt haben sollen. In Regensburg schlugen die dreisten Täterim vergangenen Jahr im JuliundAnfang Novembergleich zweimal zu – und sie machten jedes Mal auch Beute, wie aus Ermittlerkreisen zu erfahren war. Der Schaden, den die Automaten-Bomber bei ihren Coups hinterlassen, ist immens. Nicht selten dauert es Monate, bis die Bankfilialen wieder öffnen.

Noch nie so viele gesprengte Automaten wie 2022

Mit weiteren Fällen imLandkreis Schwandorf, in Niederbayern und auch in Oberbayern wie beispielsweise inLentingundDenkendorfsummierte sich die Zahl der gesprengter Geldautomaten im vergangenen Jahr auf ein bisher nie dagewesenesAllzeit-Hoch. In nicht wenigen Fällen wird wegen versuchten Mordes ermittelt – das bestätigte bereits im Sommer vergangenen Jahres die Staatsanwaltschaft Bamberg. Dort laufen die Ermittlungen gebündelt für ganz Bayern. „Der Grund dafür ist, dass die Täter keine Rücksicht darauf genommen haben, ob Personen, die in unmittelbarer Nähe zu den Automaten wohnen, geschädigt werden können“, so Oberstaatsanwältin Dr. Ursula Redler.



Die Vorgehensweise der Automaten-Bomber ist fast immer gleich: Sie schlagen meist am frühen Morgen blitzschnell zu und verschwinden wieder im Dunkel der Nacht. Dafür reisen die Täter sogar aus den Niederlanden ein und wählen häufig Geldautomaten in Autobahnnähe. Das erleichtert die Flucht in den „meist hochmotorisierten Fahrzeugen“, mit denen sie unterwegs sind. Um schnell an das Geld zu kommen, werden nach LKA-Erkenntnissen selbst gefertigte Sprengstoffe eingesetzt.

Spezialisten vom LKA ermitteln seit Monaten

„Wir gehen davon aus, dass eine große Zahl von ein und derselben Gruppierung verübt wird“, hatte LKA-Sprecher Waldinger in einem Interview im August 2022 gesagt. Die Täter sollen aus dem sogenannten Maghreb stammen und in den Niederlanden leben, hieß es aus Ermittlerkreisen. Das wären verschiedene Länder in Nordafrika; vornehmlich aber wohl Marokko. Waldinger weiter: „Das ist organisierte Kriminalität, wie man es auch von Einbrecherbanden kennt.“

Der aktuelle Zugriff mit Spezialkräften in den beiden Provinzen Utrecht und Limburg passt also ins Bild. Niederländische Medien berichten von Spezialkräften, die in einem Gewerbegebiet nahe Roermond im Einsatz seien. In einem Gebäude soll auch Sprengstoff gefunden worden sein, hieß es. Das Firmengelände liegt nur knapp sieben Kilometer von der deutsch-niederländischen Grenze entfernt.

Täter üben Sprengungen in Trainingszentrum

Utrecht stand bereits im Spätsommer 2021 im Fokus – auch dabei ging es um gesprengte Geldautomaten. 23 Verdächtige gerieten bei den fast eineinhalb Jahren langen verdeckten Ermittlungen ins Visier der Polizei; neun Haftbefehle wurde vollzogen. Auf die Spur kam man ihnen, weil ein Beschuldigter gebrauchte Geldautomaten kaufen wollte. So entdeckten die Behörden ein Trainingszentrum in Utrecht, wo die Täter an echten Automaten den Einsatz von Sprengstoffen übten. Auch dieser Gruppierung wurde ein Fall in der Region zugeschrieben: ImNovember 2020 waren die Automaten-Bomber in Nittenau (Lkr. Schwandorf) aber gestört worden und flüchteten ohne Beute.