Verrückte Charity-Aktion
Warum ein Regensburger über 2000 Kilometer in einem alten Boot rudert

14.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:19 Uhr
Moritz Müllender
Paul Geisenhofer (l.) startet von Regensburg aus die letzten Kilometer seiner Reise. −Foto: Moritz Müllender

Mit nackten Waden und in dünner schwarzer Jacke steht Paul Geisenhofer am nebligen Donau-Ufer. Nein, Kälte sei für ihn kein Problem, sagt er. Man könne ja auch problemlos im Winter joggen. Seit April legte der ehemalige Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim über 2000 Kilometer auf dem Wasser zurück, jeden Tag 30.

Seine Route führte ihn vom friesischen Aurich über die Niederlande, Belgien und Frankreich bis nach Regensburg. Ziel ist Passau. Zu der Tour inspiriert hat ihn Venø – ein etwa 50 Jahre altes dänisches Ruderboot, das drei Personen trägt: zwei an den Rudern und eine am Steuer. Geisenhofer bleibt dem betagten Kahn aus Mahagoni-Planken die ganze Reise über treu. Seine Mannschaft rotiert. Am Freitagmorgen um halb zehn legte die Venø beim Regensburger Ruderklub ab – hinein in den typischen Dunst der morgendlichen Donau.

Erworben hat Geisenhofer den sogenannten Riemenzweier gemeinsam mit weiteren Mitgliedern des Rotary Clubs und bayerischer Rudervereine. Die Venø aus dem Norden per Auto nach Bayern zu transportieren, erschien dem gebürtigen Regensburger langweilig. Er fragte sich: „Kann man nach Bayern rudern?“ Als er von der Idee berichtet, pflanzt ihm jemand einen Gedanken ein: „Es ist so verrückt, sich so eine Tour vorzunehmen – mach doch eine Charity-Aktion daraus!“

Gesagt – noch nicht ganz getan. Der Wander-Ruderer findet die Idee gut, weiß aber nicht genau, wofür er Spenden sammeln will. Doch dann beginnt die Ukraine-Krise und Geisenhofer entscheidet, Geld für Integrationsprojekte für Geflüchtete in Rudervereinen zu sammeln. Unterstützt wird er dabei von Rotary und dem Deutschen Ruderverband.

Die Präsidentin des Rotary Clubs Regensburg-Millenium, Margit Brandl, verabschiedet die Ruderer am Steg. Sie habe „absoluten Respekt“ vor Geisenhofers Initiative, sagt sie. Es sei zwar noch nichts beschlossen, aber sie „geht davon aus“, dass ihr Verein zu der Spendensammlung beitrage. Die 10 000 Euro, die das Team bis jetzt errudert hat, vermehren sich also voraussichtlich noch. Ein Teil der Summe soll auch an ein Projekt des Regensburger Ruder-Klubs gehen. Der organisiert mit der Stadt eine Eltern-Kind-Gruppe und eine Kinderbetreuung für ukrainische Geflüchtete.

Ans Aufgeben habe er während der vielen Tage auf dem Wasser nie gedacht, aber „ich war mir nicht sicher, ob wir es schaffen würden“, gibt Geisenhofer zu. In Frankreich etwa stand die Fahrt kurz vor dem Aus. Aufgrund von Trockenheit musste der Schiffsbetrieb eingestellt werden. Damit wären auch die Schleusen, die die Venø passieren musste, dicht gewesen. „Wir sind gerade so vorher durchgerutscht“, erzählt der Ruderer erleichtert, „aber die Hitze war mörderisch.“