Nachruf
Wolgadeutsche trauern um ihren Arzt

Dr. Jakob Propp starb mit 48 Jahren an einem Herzversagen. In der Regensburger Praxis des Mediziners sprachen 60 Prozent der Patienten Russisch.

03.02.2014 | Stand 16.09.2023, 7:24 Uhr
Helmut Wanner

Dr. Jakob Propp (rechts) mit seinem Kollegen Dr. Konstantin Radi Foto: Wanner

In der Gruppe Regensburg des nationalen Netzwerks der Russlanddeutschen („Odno Klassniki“) ist der plötzliche Tod des Arztes Dr. Jakob Propp das beherrschende Thema. „Die Menschen weinen“, sagt Irina Kugler, Pfatter, die Moderatorin der Online-Gruppe. „Dr. Jakob Propp war ihr Arzt und ihr Freund, für manche der 20 000 Russlanddeutschen die einzige offizielle Bezugsperson.“

Als er 2008 für den Stadtrat kandidierte, seien viele Russlanddeutsche allein wegen ihm zur Wahl gegangen. Am 2. Februar hat es sich zum 16. Mal gejährt, dass Dr. Jakob Propp in der Hornstraße beim Neukauf-Center die Praxis von Tamas Farkas übernahm. Er baute sie mit seinem Kollegen Dr. Konstantin Radi zur führenden allgemeinärztlichen Praxis der Stadt aus. „Mehr als 60 Prozent unserer Patienten sprechen Russisch“, sagte Dr. Propp im Dezember 2012 zur Mittelbayerischen Zeitung. Es waren nicht nur Russlanddeutsche, sondern auch jüdische Kontingentflüchtlinge aus Russland.

Dr. Propp hat nicht nur ihre Sprache verstanden, sondern vielmehr auch ihre Probleme, weil er selber ihr Schicksal teilte. Der Russlanddeutsche Siegfried Kerner aus Zeitlarn war einer der ersten Patienten vor 16 Jahren. „Von jeder Familie wusste er, wie ihre Lage zu Hause war“, sagt er zur MZ. „Bei mehreren wurde er zu Familienfesten eingeladen.“ Auch mit Kerner hatte Dr. Jakob Propp am 30. Januar einen Termin zum Kaffeetrinken ausgemacht. Das Treffen kam nicht zustande. Sein Freund starb am 29. Januar. Die eigene Mutter fand den 48-Jährigen am Morgen des vergangenen Mittwoch tot in seinem Bett seines Burgweintinger Hauses. Es war ein Sekundentod. Dr. Propp hatte auf eine eigene Familie verzichtet, lebte mit seiner Mutter unter einem Dach. „Sein Lebensmittelpunkt war die Praxis“, sagt sein Kollege Dr. Radi. Seine Sprechstundenhilfen und er können den plötzlichen Tod ihres Chefs und Kollegen nicht fassen. Auf „Odno Klassniki“ heißt es, er habe sich die Probleme seiner Patienten zu sehr zu Herzen genommen. Auch die Frau, die vorm Neukaufcenter von einem Räumfahrzeug überfahren wurde, war seine Patientin. Dr. Propp wird am Dienstag um 12.45 Uhr auf dem Ev. Zentralfriedhof beerdigt.