Schwandorf
Vogelkinder: Falsche Tierliebe schadet

Vermeintlich verlassene Jungvögel sollte man in den meisten Fällen in Ruhe lassen. Der Bund Naturschutz gibt nützliche Tipps.

23.05.2022 | Stand 15.09.2023, 5:10 Uhr
Ein Grauschnäpper-Altvogel bei der Fütterung: Vogeleltern haben aktuell viel zu tun mit ihrem Nachwuchs, der flügge wird. −Foto: Johannes Selmansberger

Jetzt kann man sie überall beobachten: Vogelkinder! Sie hüpfen durch die Büsche und am Boden entlang und warten darauf, von den Eltern gefüttert zu werden. „Für viele Menschen sieht das so aus, als ob die Jungvögel Hilfe brauchen, vor allem, wenn sie sich nicht von der Stelle bewegen. Doch in einer solchen Situation muss man gut überlegen, was das Richtige ist“, erklärt Oskar Deichner, Biologe bei der Kreisgruppe Schwandorf des Bund Naturschutz.

Der Biologe erläutert weiter: Zuerst muss geklärt werden, ob es sich um einen Nestling handelt, der möglicherweise aus dem Nest gefallen ist. „Denn in diesem Jungvogel-Stadium benötigen die Tiere unsere Hilfe, da sie alleine noch nicht überlebensfähig sind“, so Deichner.

Vogeleltern suchen ihren Nachwuchs

Der wichtigste Unterschied zwischen einem Nestling und einem Ästling ist, dass Nestlinge noch kein vollständiges Federkleid besitzen und im Gegensatz zu Ästlingen, nicht auf den eigenen Füßen stehen, sondern auf ihrem gesamten unteren Beinabschnitt sitzen. „Wenn das Nest in der Nähe ist, kann man diese herausgefallenen Vögel einfach vorsichtig zurücksetzen, die Eltern stören sich nicht daran“, so Deichner. Anders sieht es bei flüggen Jungvögeln am Boden aus, erkennbar am vollständigen Gefieder. „Diese Vögel sollte man in den meisten Fällen in Ruhe lassen. In der Regel werden sie von den Eltern am Boden versorgt oder durch bestimmte Rufe zum Fliegen animiert. Droht dem flüggen Jungvogel aber unmittelbar Gefahr – etwa durch Katzen oder den Straßenverkehr – kann man den Vogel an einen geschützten Ort beispielsweise in eine dichte Hecke setzen. Der Ort sollte aber unbedingt in der Nähe des Fundortes sein. „Die Vogeleltern beobachten die Situation genau und finden ihren Nachwuchs wieder“, erklärt Deichner.

Katzenhalter sollten ihre „Stubentiger“ in der Vogelbrutzeit unter besondere Aufsicht stellen und sie nicht unbeaufsichtigt außerhalb des Hauses laufenlassen. Dies gilt besonders während der Morgen- und Abenddämmerung. In dieser Zeit sind die Vögel am aktivsten. „Auch gefütterte herumstreunende Katzen können der Vogelwelt und anderen Jungtieren wie Hasen und Fröschen lebensgefährlich werden“, warnt Diplom-Biologe Deichner. „Der Hunger- und Jagdtrieb funktioniert bei Katzen unabhängig voneinander.“

In einem Karton zum Tierarzt

Um offensichtlich verletzte Vögel sollte man sich in jedem Fall kümmern. Diese sollten vorsichtig aufgelesen und zu einem Tierarzt gebracht werden – beispielsweise in einem Karton mit Handtuch darin.

Ein weiterer Hinweis des Experten vom Bund Naturschutz: Während der Vogelbrutzeit vom 1. März bis 30. September ist es verboten, Hecken, Gebüsche und andere Gehölze abzuschneiden oder zu beseitigen. Viele Vögel haben hier Nester gebaut und versorgen ihre Jungen. „Erlaubt ist nur der schonende Schnitt. Lassen sich bestimmte Arbeiten, wie schonende Formschnitte, nicht aufschieben, sollte die Hecke unbedingt zuvor nach Nestern und Jungtieren abgesucht werden“, so Deichner.