Justiz
Fatale Amokfahrt im Vollrausch

Ein Landwirt aus dem Kreis Schwandorf floh 2017 mit dem Traktor vor der Polizei. Nun steht er wegen Mordversuchs vor Gericht.

04.04.2018 | Stand 16.09.2023, 6:11 Uhr
Ralf Gohlke

Der Angeklagte (Mitte) aus dem Landreis Schwandorf wird von den Rechtsanwälten Bernd Lippmann und Stefan Holoch (von links) vertreten. Foto: ggo

Ein Lächeln huscht gelegentlich über das Gesicht des 47-jährigen Landwirtes aus dem Landkreis Schwandorf, der sich seit Dienstag vor der Großen Strafkammer des Landgerichtes Amberg verantworten muss. Dabei wiegen die Anklagevorwürfe schwer. Laut OberstaatsanwaltLaut Oberstaatsanwalt Dr. Thomas Strohmeier steht ein zweifacher Mordversuch an Polizeibeamten als Folge einer Horrorfahrt mit seinem Traktor im Raum.

Über einen längeren Zeitraum hatte sich der Angeklagte am Gründonnerstag des Vorjahres eine wilde Verfolgungsfahrt in der Gemeinde Schwarzach geliefert, bei der er sich selbst durch mehrere Schüsse aus den Dienstwaffen der Beamten nicht stoppen ließ. Obwohl er einen Unterschenkeldurchschuss erlitt, machte der Landwirt keine Anstalten, sein Gefährt zu stoppen. Die Fahrt endete erst, als offenbar die Hydraulik versagte und ein Polizeibeamter seinen Dienstwagen in das Vorderrad des Geräteträgers lenkte.

Flucht dauerte eine halbe Stunde

Auslöser der Aktion war im April vergangenen Jahres, dass Beamte auf der Suche nach einem toten Schaf, den jetzt Angeklagten stoppten und nachfragten. Er konnte ihnen allerdings keine Auskunft geben. Einer der Polizisten erinnerte sich im Anschluss jedoch daran, dass der Befragte schon des Öfteren wegen Alkohol am Steuer aufgefallen und mit Sicherheit nicht im Besitz eines Führerscheines war. Darauf wollten sie ihn einer entsprechenden Kontrolle unterziehen. Damit war wiederum der Landwirt nicht einverstanden und er gab mit seinem Traktor Gas.

Die rund halbstündige Flucht begann südlich der Ortschaft Wölsendorf und verlagerte sich unter anderem unter der Autobahn hindurch in den Bereich westlich des Ortes. Später ging es in südliche Richtung wieder zurück. Dabei wurden unter anderem zwei Streifenwagen schwer beschädigt. Was aber weitaus schwerer wog, waren die Aussagen zweier Polizeibeamter, die erklärten, der Landwirt sei bewusst auf sie zugefahren, was nun die Anklage begründete. Einer der beiden sei fast von der Ladeschaufel am Kopf getroffen worden.

Hauptkommissar hatte Angst, überfahren zu werden

Am ersten Verhandlungstag vor der Großen Strafkammer, unter Vorsitz der Landgerichtsvizepräsidentin Roswitha Stöber, wurden die Anklageschrift verlesen und die ersten Zeugen vernommen. Unter ihnen auch ein Hauptkommissar, der seine ersthaften Ängste gestand, damals überfahren zu werden. Der Angeklagte selbst machte keine Angaben, beziehungsweise ließ über seine beiden Verteidiger erklären, er habe nie jemanden an Leib und Leben schädigen wolle. Die Beteiligung an der Verfolgungsfahrt als solche räumt er jedoch ein.

Mehr Erinnerungen scheiterten auch an seinem Alkoholkonsum an dem Tag, der immerhin einen Wert von 2,2 Promille ergeben hatte, was auch seine Anwälte gleich zu der Klarstellung veranlasste, dass ihr Mandant alkoholkrank sei.

Erinnerungslücken tun sich auf

Am Mittwoch gingen die Zeugenvernehmungen weiter. Am Vormittag musste die komplette Besatzung eines THW-Einsatzfahrzeuges Rede und Antwort stehen. Das Fahrzeug war, wie immer an den Wochenenden, zwischen Nabburg und Schwarzenfeld unterwegs, um bei einem eventuellen Unfall schnell Hilfe leisten zu können. Dabei fiel ihnen „ein Schlag“ auf. Zudem hatten sie über den Polizeifunk gehört, dass ein Traktor gesucht werde. Den entdeckten sie neben der Autobahn und dabei einen Polizisten, der offenbar einen Warnschuss abgab.

Das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung hätte noch viele Details interessiert, aber da taten sich plötzlich viele Erinnerungslücken auf. Vor allem bei zwei Zeugen herrschte „kompletter Black out“.

Mehr Substanz hatten da schon die Aussagen von drei Augenzeugen, die vor allem den letzten Akt, die Kreisfahrt des Traktors auf einer Wiese kurz vor dem Zugriff, mitbekommen hatten. Sie schilderten unter anderem die Bemühungen der Beamten, auch unter Einsatz von Reizgas und Schlagstock, den Fahrer zum Aufgeben zu bewegen. Dabei bestätigte sich teilweise auch die unmittelbare Gefährdung der Beamten. Noch mehr Aufklärung brachten die Aussagen des zunächst als Einsatzleiter bestimmten Hauptkomissars und des Kriminalhauptkommissars, der die weitere Bearbeitung übernahm. Einen bildlichen Eindruck vom Geschehen erhielten die Beteiligten durch das Verlesen der Funkgespräche der Einsatzkräfte. Sie verdeutlichten die wechselnden Tatorte und den Eindruck, der sich den Einsatzkräften aufdrängte: „Der ist total irre!“

Der zweite Verhandlungstag schloss mit weiteren Zeugenaussagen, unter anderem zu den Folgen der Schussverletzung, die der Angeklagte erlitten hatte. Vier weitere Verhandlungstage sind zur Aufklärung der Details und der Urteilsfindung geplant.

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