Gratulation
Irmgard Gietl strickt mit 90 noch Socken

Die Jubilarin war von Anbeginn im Widerstand gegen die WAA aktiv. Und bis heute hat sie sich ihre Reiselust erhalten.

31.07.2019 | Stand 16.09.2023, 5:38 Uhr

Irmgard Gietl im Kreise ihrer Gratulanten Foto: Anita Alt

„90 Jahre und kein bisserl leise“, so hörte sich der Gratulationschor des Seniorenbeirats der Stadt Maxhütte-Haidhof an, bei dem Irmgard Gietl bereits seit nahezu zwei Jahrzehnten aktiv mitwirkt.

Dabei hat die extrem rüstige Senioren kein leichtes Leben. Kindheit und Jugend in ihrer Heimat in Heilinghausen waren von bitterer Armut gekennzeichnet. Sie wuchs mit drei Brüdern auf, ihr Vater wurde durch einen fremdverschuldeten Unfall im Kindesalter von Irmgard aus der Familie gerissen. Auch ihre Mutter starb bei einer harmlosen Operation und die Jubilarin musste sie an ihrem 19. Geburtstags zu Grabe tragen. Irmgard wurde von ihrer Tante Anna Brunner aus Leonberg aufgenommen, die 1966 durch einen ungeklärten Mord ums Leben kam.

An vorderster Front gegen die WAA

1949 lernte die Jubilarin bei der Saaleinweihung in Hirschling ihren Ehemann Alois Gietl aus Winkerling kennen, im Dezember 1951 wurde geheiratet. Nach dem Einzug in das kleine, mit eigenen Händen geschaffene Haus in Winkerling, war das Glück der beiden vollkommen, als die Töchter Roswitha, Luise und Heidrun geboren wurden. Einen guten Ruf bei den Pilzsammlern machte sich die Jubilarin, als sie in den 80er Jahren eine große Sammel-Annahmestelle der damaligen Firma Seuss für Pilze, später auch Hollunder etc. unterhielt.

Seite an Seite mit dem damaligen Landrat Hans Schuierer kämpfte das Ehepaar Gietl an vorderster Front schon von Anbeginn des Hüttendorfbaus gegen die Wiederaufarbeitungsanlage (WAA). Die beiden waren in der Bürgerinitiative gegen den Bau der geplanten WAA in Wackersdorf tief verwurzelt. Nach dem Aus der WAA wurde Irmgard Gietl nahezu eine Symbolfigur für den Widerstand. Als Dank für das Aus der WAA, so meint Irmgard, pilgerten etliche Kämpfer später nach Altötting, sie ging stattdessen zur SPD, wo sie noch aktives Mitglied ist. Leider starb ihr Ehemann bereits 1991.

Die Leidenschaft für das Stricken blieb

Irmgard Gietl widmet ihr Leben ihrer Familie und Freunden. Sie besucht seit Eröffnung des Seniorenheims in Maxhütte-Haidhof regelmäßig die Bewohner, um mit ihnen zu singen, zu musizieren und Erinnerungen auszutauschen. Ihre große Leidenschaft ist der Freundeskreis „ihrer Strickerinnen“, auf dessen Gründung sie persönlich seit fast 20 Jahren mit Stolz zurückblicken kann. Jeden Mittwoch (außer im August) treffen sich die fleißigen Strickdamen im Sportheim und haben viel Spaß am flinken „Genadele“ samt gemütlichem Kaffeeklatsch.

Bei bester Gesundheit blieb Irmgard bis heute reiselustig und ideenreich. Zum Alltag zählt bei ihr an jedem Morgen die aktuelle MZ, die sie bei einem guten Frühstück liest. Ihre Freude war riesig, als sie zu ihrem 90. Geburtstag von den Töchtern mit Schwiegersöhnen, fünf Enkeln und sieben Urenkeln gefeiert wurde. Zum Jubeltag selbst war Irmgard übrigens gar nicht zuhause, sondern mit Reisefreunden in Südtirol unterwegs, so dass im Maxhütter Sportheim nachgefeiert wurde.

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