2. Handball-Bundesliga
Ein gebrauchter Abend für die Regensburger Bunkerladies

22.01.2023 | Stand 15.09.2023, 1:57 Uhr
Gerd Winkler
Mit aller Kraft von Harrislee ausgebremst: Regensburgs Spielmacherin Amelie Bayerl (am Ball) erzielte fünf Feldtreffer. Ihre Quote von 7/5 war die beste der ESV-Rückraum-Spielerinnen. −Foto: Nickl

Auch an der Dechbettener Brücke wachsen die Bäume nicht in den Himmel: Wie überall im Sport reißt früher oder später jede Serie. Deren zwei endeten bei der überraschenden 25:28 (10:16)-Heimniederlage der Handballfrauen des ESV 1927 Regensburg gegen den TSV Nord Harrislee.Nach zwölf ungeschlagenen Zweitliga-Partien gingen die Bunkerladies erstmals wieder als Verliererinnen von der Platte. Überdies endete vor 440 Zuschauern die saisonübergreifende Heimserie (7/2/0).

Ohne den kurzfristig erkrankten Trainer Csaba Szücs ging somit am vorletzten Spieltag der Hinrunde die Tabellenführung an die Vollprofis von Frisch Auf Göppingen verloren.

„Im Angriff waren wir gehemmt und in der Abwehr hat häufig der Zugriff und somit durch Ballgewinne das einfache Tor gefehlt“, begründete Co-Trainer Bernie Goldbach, der für Csaba Szücs übernommen hatte, die zweite Saisonniederlage. „Trotz der Sechs-Tore-Hypothek zur Halbzeit hätte es dennoch reichen können“, fügte Goldbach trotzig an: „Bis zur 52. Minute lassen wir nur sechs Gegentore zu, aber in dieser Phase so viele glasklare Chancen liegen.“

Szücs fiebert daheim mit

Zuhause verfolgte Csaba Szücs den Livestream. Tags darauf analysierte der Chefcoach hustend sowie mit angeschlagener Stimme: „In den ersten 20 Minuten machen wir unglaublich viele technische Fehler und kriegen fünf Kontertore.“ Der Ball sei nicht gespielt worden, es sei zu viel aus dem Stand agiert worden. Das Laufspiel habe gefehlt, dann werde die Brechstange ausgepackt und es oft auf eigene Faust versucht. „Harrislee hat wesentlich konzentrierter als wir gespielt“, machte er einen wichtigen Unterschied aus.

Derweil konnte Gästecoach Malte Böhrnsen nach dem Fehlstart im neuen Jahr mit derben Pleiten gegen Göppingen (16:28) und in Leipzig (25:34) den Coup kaum fassen: „Ich habe einen Sieg nicht für möglich gehalten.“ Seine Truppe habe in der Abwehr unfassbar gut gearbeitet. Das Erfolgsrezept sei gewesen, auf Regensburgs Halbspielerinnen früh rauszugehen. Die am eigenen Kreis erworbene Sicherheit sei für das Selbstbewusstsein im Angriff sehr dienlich gewesen.

Frühes Unheil

Für den ESV braute sich das Unheil nach dem 3:2-Start (5.) früh zusammen. In der Rückwärtsbewegung kassierten Anika Bissel (6.) und Anna Fuhrmann (7.) völlig unnötige Strafzeiten. Zudem erzwang Harrislee im Positionsangriff geschickt eine weitere gegen Franzi Peter (10.). Die für die Bunkerladies überlebenswichtigen Rückraum-Halben Marleen Kadenbach und Peter kamen zeitig festgemacht selten zum Abschluss. War ein Wurf möglich, zielten diese oft zentral auf die Torfrau. Am Ende sprach ihre Wurfausbeute an Qualität (Kadenbach: 7/2) bzw. an Quantität (Peter: 5/3) eine klare Sprache.

Quirlig auf den Beinen, allen voran die final zehnfach treffende Halblinks Madita Jeß, verstanden es unterdessen Harrislees Spielerinnen, ein ums andere Mal die Abwehr auseinanderzuziehen. Nahezu jeder Wurf landete im ESV-Gehäuse, weil diesmal Torfrau Steffi Lukau kaum einen Ball an die Hand brachte. Während der ESV sieben Minuten nicht traf, zogen die Nordlichter per 6:1-Lauf auf 13:6 (23.) davon.

Weil nach der Pause Kreisläuferin Sara Mustafic (36.), Rechtsaußen Nicole Schiegerl (41., 42.), Linksaußen Anika Bissel (43.) und Marleen Kadenbach (47.) mit „Hundertprozentigen“ an der magisch die Bälle anziehenden TSV-Keeperin Lea Tiedemann scheiterten, konnte der ESV den Rückstand zunächst nicht verkürzen. 15:21 zurückliegend (47.), setzte Co-Trainer Goldbach fortan auf eine kurze Deckung gegen Madita Jeß – mit Erfolg.

Schmerzhafte Auszeit

Kurz vor dem Zeitspiel, das Schiedsrichterduo ließ an sich großzügig gewähren, wobei der TSV davon mehr profitierte, leitete Spielmacherin Amelie Bayerl mit ihrem Treffer zum 16:21 die Aufholjagd zum 20:22 (52.) ein.

Was mit einer Auszeit zu bewegen ist, bewies Gäste-Coach Malte Böhrnsen bei 21:23 (55.). Der Flow der Bunkerladies war nun wie weggeblasen, binnen zweieinhalb Minuten sorgte Harrislee für die Entscheidung zum 27:22. Für Verlässlichkeit sorgten an diesem gebrauchten Abend nur Nicole Schiegerl mit fünf sicher verwandelten Strafwürfen sowie Rechtsaußen Theresa Lettl, die in ihren 19 Minuten auf dem Spielfeld alle vier Würfe verwertete. Zum Abschluss der Vorrunde fährt der ESV am Samstag zu den Füchsen Berlin.