Rhythmische Sportgymnastik
Valentina Bauer im Kreis von Europa- und Weltmeisterinnen

21.12.2022 | Stand 15.09.2023, 2:26 Uhr
Valentina Bauer (Mitte) mit ihren Trainerinnen Karolina Raskina und Darja Sajfutdinova −Foto: Robert Bauer

Eine Schärpe mit der Aufschrift „Bundesliga Rhythmische Sportgymnastik“ ziert das Kinderzimmer der zwölfjährigen Valentina Bauer – mehr erinnert nicht an das aufregende halbe Jahr, dass hinter ihr liegt.

Angefangen hatte die Reise der Waldmünchner Gymnastin nach ihrem Sieg im Mehrkampf bei der Talentsichtung der Schülerinnen der Wettkampfklasse (Gold bei der Deutschen Meisterschaft) für den ASV Cham. Ein noch größerer Traum ging in Erfüllung als Karolina Raskina, ehemalige Nationalmannschaftsgymnastin und Trainerin am Bundesstützpunkt in Schmiden, fragte, ob Valentina Bauer in der Saison 2022 für den jetzigen Verein der Trainerin – den Charlottenburger TSV – in der Deutschen Turnliga antreten will.

Nachdem die Zwölfjährige ihre Eltern von der Idee überzeugt und die Chamer Trainer grünes Licht gegeben hatten, war schnell klar, dass die verbleibende Zeit trainingsintensiv werden würde. Den ersten Schritt hierzu machte Valentina Bauer bereits Anfang August, als sie bei 35 Grad und Sommerferien eine Woche in Berlin verbrachte. Im Trainingslager des TSV Charlottenburg lernte sie ihre Mitstreiterinnen kennen und bekam von Trainerin Karolina Raskina und Co-Trainerin Darja Sajfutdinova eine für die Bundesliga passende Ballübung erstellt. Nach täglich sechs Stunden Training kehrte sie mit Papa Robert erschöpft, aber auch glücklich ins Hotel zurück.

Der zweite Schritt ergab sich dann wenige Wochen später, als ihre Mutter Tonja auf die Idee kam, die ehemalige Landesfachwartin für Rhythmische Sportgymnastik in Bayern, Bea Vogel, um Hilfe zu bitten. Diese war bis 2016 selbst noch als Trainerin beim ASV Cham tätig und konnte, obwohl sie das Handtuch ja eigentlich an den Nagel gehängt hatte, nicht Nein sagen. So kam es dann also zu mehreren intensiven Sonntagsschichten, die von Video-Analysen und kontinuierlichem Austausch mit dem Trainer-Team in Charlottenburg unterstützt wurden. Selbstverständlich ließ auch das Chamer Trainer-Team Valentina Bauer nicht hängen und verbesserte dort, wo es noch nötig und möglich war.

Am 8. Oktober ging Valentina Bauer dann als eine der jüngsten Gymnastinnen der diesjährigen Saison an den Start. Der Wettkampf wurde vom TV Dahn in der Messehalle in Pirmasens ausgerichtet und von sportdeutschland.tv live übertragen. Die Übertragung an sich war zwar nichts Neues, die Anzahl an Zuschauern am anderen Ende jedoch schon. Die Siebtklässlerin des Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasiums meisterte ihre Nervosität bravourös und bekam daher von den Kommentatoren des Live-Streams ein großartiges Urteil: „…sie hat uns eine sehr musikalische und rhythmische Übung gezeigt, hat einen super Gesichtsausdruck gehabt, hat das Publikum und die Kampfrichter richtig mitgenommen. Ich weiß nicht, ob Sie es im Live-Stream gesehen haben, aber die Kleine hat wirklich mit ihrem Gesicht und dem ganzen Körper die Musik gefühlt. Wirklich sehr schön.“

Viel Zeit blieb Valentina Bauer mit ihren Trainerinnen nicht, um sich auf den nächsten Wettkampf vorzubereiten: Schon drei Wochen später hieß es am deutschen Olympiastützpunkt in Schmiden, die Nerven zu behalten. Unterstützt wurde sie hier von Freundin und ASV-Teamkollegin Emilia. Karolina Raskina hatte aber noch ein Ass im Ärmel und holte kurzerhand eine weitere Gastturnerin (Polina Horodnycha, Weltmeisterschaftsteilnehmerin aus der Ukraine) ins Boot. Die Rechnung ging auf: Der direkte Abstieg des TSV Charlottenburg konnte fürs Erste verhindert werden, jedoch bedeutete dies auch den Weg in die Relegation, die in Bremen als Teil des DTL-Finales von Bremen 1860 ausgetragen wurde. Im Duell musste jede Gymnastin ihr Bestes geben. Wie es alle zu diesem Zeitpunkt bereits gewohnt waren, lief im Vorfeld auch jetzt nicht alles glatt. Sowohl Valentina Bauer als auch die halbe Mannschaft waren die Tage vor dem Finale krank. Bei der Zwölfjährigen war es vermutlich ein grippaler Infekt, der zu einer kompletten Woche Trainingsausfall führte. Selbst zwei Tage vor dem Wettkampf war immer noch nicht klar, ob sie es trotz ihrer Schwächung schaffen würde. Sie biss aber die Zähne zusammen und ging mit dem Leitsatz, „wenn ich gebraucht werde, schaffe ich das“, die acht Stunden lange Zugreise nach Bremen an. Auf die Unterstützung des Großteils ihrer Familie musste sie dabei auch verzichten, da ihre jüngste Schwester noch mit über 40 Grad Fieber im Bett lag. Letztendlich ging die Geschichte gut aus und alle Beteiligten waren heilfroh über den klaren Sieg und damit den Klassenerhalt des TSV Charlottenburg.

Für Valentina Bauer war es eine tolle Erfahrung und auf die Frage, ob sie denn in der nächsten Saison wieder teilnehmen wolle, entgegnete sie mit einem entschiedenen „Ja klar, wenn mich Karolina braucht.“