Profisport
Weltmeister erzählt von Müllers Dirndl

Physiotherapeut Christian Huhn erzählte von seinem Werdegang bis zur Nationalmannschaft und dem Umgang mit den Stars.

13.03.2019 | Stand 16.09.2023, 5:50 Uhr
Thomas Kreidemeier

Der Wildenberger Physiotherapeut Christian Huhn feierte 2014 mit Manuel Neuer und Bastian Schweinsteiger den Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft. Foto: Huhn

Er ist einer der deutschen Weltmeister von 2014 in Brasilien – aber dennoch kennt kaum ein Fan seinen Namen. Doch der Erfolg der Nationalmannschaft und seit 2015 auch der des FC Bayern ist zu einem großen Teil sein Verdienst: Die Rede ist vom Wildenberger Christian „Chicken“ Huhn, der als Physiotherapeut im Profifußball dafür sorgt, dass „seine Jungs“ immer fit auf dem Platz stehen und lockere Beine haben.

Anlässlich des Sport2000-Teamsportabends war er zusammen mit dem Erfolgs-Geschäftsführer des SSV Jan Regensburg, Christian Keller, dem Kelheimer Ex-Profi Thomas Paulus und dem noch aktiven Ingolstadt-Keeper Philipp Heerwagen auf der „MS Kelheim“ in Kelheim zu Gast.

Thomas Müller im Dirndl

Der Wildenberger Huhn berichtete, dass er als junger Therapeut das Gewerbe eigentlich schon wieder aufgeben wollte. Dann entschied er sich aber stattdessen, in Landshut noch den Physiotherapeuten dazu zu machen - eine verdammt richtige Entscheidung, hat er es doch damit zur Nationalmannschaft und 2015 auch zum FC Bayern geschafft. „Ich habe dann auch den Ehrgeiz entwickelt, viele Fortbildungen gemacht – und schließlich hat sich das eben irgendwann ergeben“, erzählt der 41-Jährige.

Die Spieler haben persönlich mit niemandem mehr Kontakt als mit mir – außer vielleicht mit ihrer Frau.Christian Huhn

Jetzt hat er im Profifußball eine Sieben-Tage-Arbeitswoche und eine enge Bindung zu den Stars. „Die haben persönlich mit niemandem mehr Kontakt als mit mir - außer vielleicht noch mit ihrer Frau“, meint Huhn, Spitzname „Chicken“, schmunzelnd. Über eine Wette ist er verantwortlich für die Bilder von Thomas Müller bei der erfolgreichen WM 2014 im Dirndl: „Ich habe gewettet, dass er gegen meine Physio-Kollegen beim Golf verliert, und hatte Recht. Die Aktion war ein Riesenspaß“, erinnert er sich gerne.

Besonders tolle Erinnerungen hat er auch an die 7:1-Gala gegen Brasilien im Halbfinale. „Das war der Wahnsinn“, kommentiert er rückblickend, das Finale sei dagegen „wie im Film“ abgelaufen.

Sehen sie hier, wie Fußball-Profi Thomas Müller im Dirndl glänzt:

Als Physio ist ihm die „menschliche Komponente“ ganz wichtig, nicht nur das Körperliche. „Man muss auch schauen: Wie ticken die Jungs. Zu einem Arschloch gehen die eben auch nicht gerne hin zur Entspannung“, meint der Wildenberger lapidar. Zum Abschluss gab’s noch einen Tipp bei Verletzungen im Amateursport: „Fünf Halbe helfen vielleicht als Schmerzmittel – wichtiger ist aber, schnell Eis drauf und Kompression“, erklärt er scherzend.

Stimme gegen Videobeweis

Ebenfalls ein Mann hinter den Kulissen ist Christian Keller, der als Geschäftsführer und sportlicher Leiter beim SSV Jahn seit 2013 die Strippen zieht. Der erklärt auf der „Kelheim“, er gehe vor den Spielen immer laufen - um den Kopf frei zu bekommen. „Ich glaube, ich bin angespannter als die Spieler selbst, aber trotzdem muss ich natürlich Ruhe ausstrahlen“, sagt der 40-Jährige. Als Spieler hat es nicht ganz gereicht für die Profilaufbahn, aber nach etwas Abstand habe es ihn dann doch wieder angezogen, jetzt als Funktionär.

Seine Vision für den Jahn: „Näher zu den Menschen kommen, Vertrauen gewinnen, damit sie sich mit dem Verein identifizieren, stolz auf den Jahn werden.“ Das neue Stadion sei da ein großer Faktor für mehr Stimmung auf den Rängen und lautere Fans - sie sei für den Fußballer wie die Bühne für den Theaterspieler, vergleicht Keller.

Trotz objektiver Gründe ist Fußball für mich einfach im Kern Emotion.Christian Keller

Für ihn ist Regensburg ein klassischer Zweitliga-Standort: groß und wirtschaftlich stark. Nun müsse man noch viel machen, um den Verein - nicht nur sportlich - zu stabilisieren. Er wird zudem nächste Woche nach eigener Aussage gegen die Einführung des Videobeweises in der zweiten Liga stimmen: „Trotz objektiver Gründe ist Fußball für mich einfach im Kern Emotion“, so Keller.

„Ganz andere Fußballkultur“

Thomas Paulus erzählte im Interview vor allem über seine Zeit in Aue. „Die Sprache war schon heftig“, schmunzelt der in Kelheim geborene Töginger. Sächsisch könne er aber auch nach acht Jahren im Erzgebirge nicht. Er finde es aber unglaublich beeindruckend, was die kleine 15000-Einwohner-Stadt da sportlich leiste. Paulus begann seine Laufbahn in Nürnberg, 2015 ging es zum Schluss noch zwei Jahre zum Jahn: „Ich wollte beim Neuanfang dabei sein, nach dem Abstieg in die Regionalliga“, erklärt er.

Philipp Heerwagen spielte ab 14 Jahren in der Jugend des FC Bayern – unter anderem auch zusammen mit Philipp Lahm! Später kam er aber auch viel herum, in das Fußball-Mekka Ruhrgebiet, zum VfL Bochum, und in den hohen Norden nach Hamburg, zum FC St. Pauli. „Aus Bochum bleiben vor allem die Menschen in Erinnerung, das ist noch mal eine ganz andere Fußballkultur. Jeder hat seinen Verein, meist schon seit drei Generationen. Das hat mich auch als Mensch weiter gebracht“, findet der Torwart. In Bochum erlebte Heerwagen sein erstes Bundesligaspiel.

„Das war schon ein ganz besonderes Kribbeln im Bauch, für diesen Moment hat man jahrelang gearbeitet. Ich habe mir vorher gesagt, keinen freien Tag mehr, bis du Bundesliga spielst“, schildert er seine Gefühlswelt. Er sei ein ganz schlechter Zuschauer, erzählt er auch auf der „MS Kelheim“: Er habe nur Ruhe, wenn er selbst im Tor steht. Am Fußball schätzt er auch das „besonders intime Gefühl“, meint er scherzhaft und fügt hinzu: „Es gibt wohl keinen anderen Beruf, wo man nach getaner Arbeit zusammen duschen geht.“

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