Mangel an Unparteiischen
Schwandorfs Schiri-Chef: „Wir können auch nicht zaubern“

02.04.2023 | Stand 15.09.2023, 0:55 Uhr
Stefan Mehrl ist seit 2014 aktiver Schiedsrichter. Der Obmann der Gruppe Schwandorf wirbt für sein Hobby. −Foto: Ralf Gohlke

Im Fußballkreis fehlen Schiedsrichter. Stefan Mehrl, Obmann der Gruppe Schwandorf, sieht dafür mehrere Gründe. Dennoch spreche viel dafür, einen Neulingslehrgang zu absolvieren.

Herr Mehrl, dass auch der Kreis Schwandorf nicht vor dem Mangel an Unparteiischen gefeit ist, ist kein Geheimnis. Über wie viele Schiedsrichter verfügt die Gruppe Schwandorf – und wie viele Spiele müssten mit diesen besetzt werden?

Stefan Mehrl:Aktuell haben wir 148 aktive Schiedsrichter mit einem Durchschnittsalter von 41,5 Jahren, die meisten also in einem Alter ab 40 aufwärts. Zu diesen 148 Aktiven zählen ein Regionalliga-, drei Bayernliga- und elf Bezirksliga-Schiedsrichter, die jeweils auch immer zwei Assistenten brauchen. An einem normalen Wochenendspieltag von Freitag bist Sonntag haben wir im Kreis rund 200 Spiele – aber alleine, wenn ich unsere Top-Schiedsrichter raus schicke, fehlt schon ein Drittel der Gesamtzahl der Aktiven.

Das heißt, dass nicht mehr alle Spiele besetzt werden können?

Mehrl:Ja. Wir fangen in der Kreisliga mit dem Besetzen der Partien an und gehen dann nach unten hin durch. Für die B-Klassen reicht es eigentlich gar nicht mehr und in Zukunft werden wir wohl auch nicht mehr alle A-Klassen-Spiele besetzen können.

Wie sieht Ihre Prognose für die Zukunft aus, wenn sich dieser Trend weiterhin so fortsetzt?

Mehrl:Mit Prognosen ist es immer schwierig, aber bei unserer Nachbargruppe Cham musste beispielsweise ein Lehrgang abgesagt werden, weil sich keine Teilnehmer angemeldet hatten. Damit haben auch wir nicht gerechnet. Außerdem gibt es zwar noch Schiedsrichter, die an einem Wochenende auch mal drei Spiele pfeifen, aber auch die werden weniger. Das ist nicht selbstverständlich, aber da müssen wir uns auch ein bisschen selber an der Nase packen. Dazu brechen die älteren Kollegen nach und nach weg.

Wäre es dann nicht eine Überlegung wert, in den Kreisligen auf ein Gespann zu verzichten und die Assistenten stattdessen als Schiedsrichter in den unteren Ligen einzusetzen?

Mehrl:Das ist grundsätzlich ein nachvollziehbarer Ansatz, aber dann hätten wir ein riesiges Problem mit unseren Neulingen. Die müssen wir gerade am Anfang an die Linie schicken und die Erfahrung hat gezeigt, dass der Sprung von der Kreis- in die Bezirksliga einfach zu hoch ist, da ist das Tempo viel höher. Wir brauchen die Assistenten in der Kreisliga also einfach aus Ausbildungsgründen. Außerdem werden Kreisliga-Spiele mittlerweile oft auch nur von einem Schiri geleitet, die Vereine haben Verständnis – und sparen sich auch Geld.

Für jede Senioren-, Seniorinnen und A-Jugend-Mannschaft im Spielbetrieb müssten die Vereine ja je einen Schiedsrichter stellen. Wie sieht da die Quote im Kreis Schwandorf aus?

Mehrl:Aktuell schaffen das 53 Prozent der Klubs nicht, was natürlich heißt, dass die Vereine eine entsprechende Ausgleichszahlung leisten müssen.

Könnten die Vereine dem Mangel entgegenwirken?

Mehrl:Es würde schon helfen, wenn zumindest ein paar Spiele nicht für Sonntage, sondern für Freitage oder Samstage angesetzt werden würden. Deshalb unterstützt der BFV ja auch den Flutlichtausbau. Das würde den Spieltag ein wenig entzerren und die Einteilung leichter machen.

Was denken Sie sind die Gründe für das Fehlen neuer Schiedsrichter?

Mehrl:Man sieht ja auch bei vielen Vereinen selbst, dass sie nicht mehr genug Spieler haben. Dann noch jemanden als Schiedsrichter abzustellen, ist schwierig. Das verstehe ich, aber wenn uns niemand zur Verfügung gestellt wird, können wir auch nicht zaubern. Außerdem befinden wir uns in einer gesellschaftlichen Entwicklung: Den Respekt, der einem früher entgegengebracht wurde, muss man sich heute hart erarbeiten. Ich bin Lehrer und sehe das auch in meinem Beruf. Und genauso ist es auch als Schiedsrichter.

Die Schiri-Pauschale wurde kürzlich nach oben gesetzt. Welche Absicht steckt hinter diesem Schritt?

Mehrl:Wir müssen die Schiedsrichterei als Hobby attraktiver machen. Als Beispiel: Ich war kürzlich in der Bayernliga im Einsatz und war insgesamt zehn Stunden dafür unterwegs. Dafür habe ich 38Euro bekommen, also einen Stundenlohn von 3,80 Euro. Das ist natürlich ein krasses Beispiel, aber überall steigen die Preise und wir stagnieren.

Wie würden Sie jemanden davon überzeugen, Schiedsrichter zu werden?

Mehrl:Als Schiedsrichter steht man im Fokus und man entwickelt seine Persönlichkeit. Man muss mit Kritik umgehen und lernt ständig dazu. Außerdem ist die Schiedsrichterei ebenso ein Teamsport: Man fährt gemeinsam zu Spielen, bereitet sich vor, motiviert sich gegenseitig. Es entstehen neue Freundschaften und wir unternehmen viel in der Gruppe. Wenn es keinen Spaß machen würde, würden wir das alle ja nicht machen.

Neulingslehrgang in Schwandorf: Die Schiedsrichtergruppe Schwandorf veranstaltet vom 4. bis 6. August 2023 einen Wochenendlehrgang für Neulinge im Schwimmbadcafe in Wackersdorf. Kurze Zeit nach dem dreitägigen Theorie-Teil steht dann die Schiedsrichterprüfung an. Interessierte können sich auf der Homepage sowie auf der Facebook-Seite der Gruppe Schwandorf informieren. Anmeldungen zum Neulingslehrgang erfolgen direkt über Stefan Mehrl (0157 817 939 21).