Wirtschaft
Sie rütteln Rüben aus der Erde

Zuckerrübenvollernter von Holmer in Eggmühl sind weltweit im Einsatz. Hightech und Bodenständigkeit machen den Erfolg aus.

12.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:15 Uhr

Wolfgang Bergmann, Geschäftsführer der Holmer Maschinenbau GmbH in Eggmühl, vor einem Zuckerrübenvollernter Fotos: Unrecht

Aufgereiht wie rote Riesen stehen die imposanten Karosserien in der Werkshalle der Firma Holmer Maschinenbau in Eggmühl. Stück für Stück werden in dem kleinen Ort im Markt Schierling (Landkreis Regensburg) Zuckerübenvollernter vom Feinsten zusammengebaut. 15 Meter lang, vier Meter hoch und drei Meter breit – so imposant stehen sie am Ende da. Zusammengesetzt aus mehr als 20 000 Einzelteilen, die Reifen mannshoch. Rund eine halbe Million muss ein Kunde für dieses Hightech-Gerät aus der Oberpfalz hinblättern. Dafür bekommt er nach Aussagen von Holmer-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann eine „hochkomplexe Maschine“, die Zuckerrüben effizient und zugleich schonend aus dem Boden holen kann. „Wir machen die größten und schwersten Maschinen in der Landtechnik“, sagt Bergmann. Exportiert wird in alle Länder der Welt, in denen Zuckerrüben wachsen – von Nordamerika bis Russland, von Europa bis nach China. „Vier Firmen teilen sich den Weltmarkt, wir sind mit rund 45 Prozent Marktanteil in dieser Nische führend“, so der Geschäftsführer.

Begeisterter Quereinsteiger

Der 51-Jährige ist als studierter Betriebswirt ein Quereinsteiger auf dem Gebiet Landmaschinen. Bergmann, in Münster geboren und in Nürnberg aufgewachsen, war bis 2002 Banker. Danach arbeitete er für den Motorenhersteller Deutz in Argentinien und Spanien. 2012 hat er den Chefposten in Eggmühl übernommen. Mit seiner Frau und den drei Kindern wohnt er in Regensburg, wo er bereits als junger Wehrdienstleistender stationiert war. Wenn Wolfgang Bergmann über seine Maschinen spricht, geht es weniger um PS (mehr als 600) oder Bereifung (vorne 800/70 R38, hinten 1050/70 R32). Vielmehr fällt immer wieder ein anderes Wort: Leidenschaft. „Nur wenn ich etwas mit Leidenschaft mache, dann stimmt auch die Qualität“, meint Bergmann und strahlt dabei über das ganze Gesicht.

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Die Aufgabe eines Vollernters ist knifflig. Ab Herbst, wenn die Böden oft nass und schwer, manchmal auch schon überfroren sind, werden die rund ein Kilo schweren Rüben aus der Erde geholt. Sechs bis acht Wochen sind die Maschinen während der Erntezeit rund um die Uhr im Einsatz. Mit bis zu neun Kilometern pro Stunde bewegt sich der Vollernter. Zuerst schlägt der Schlegler die grünen Blätter der Frucht ab, dann wird die Rübe geköpft und per Schare – spezielle Metallplatten – aus der Erde gerüttelt. Als Nächstes folgt die Reinigung – dabei reiben sich die Rüben herumwirbelnd aneinander und streifen so den Dreck ab. Zum Schluss werden die Feldfrüchte in großen Auffangbehältern, Bunker genannt, gesammelt – bis zu 40 Tonnen passen hinein.

Assistenzsysteme helfen dem Fahrer bei der Ernte, sie prüfen zum Beispiel, wie tief die Rübe in der Erde steckt. „Wer einen Zentimeter tiefer als nötig gräbt, bewegt pro Hektar hundert Tonnen Erde zusätzlich“, erläutert Bergmann. Das verbraucht Diesel und kostet Geld. Von Eggmühl aus kann auf jede Holmer-Maschine weltweit elektronisch zugegriffen werden, um bei möglichen Problemen helfen zu können. Rund um die Uhr ist die Service-Abteilung besetzt. Gut 160 Rübenvollernter produziert Holmer pro Jahr. Mehrfach wurden die Maschinen ausgezeichnet. Außerdem baut Holmer auch noch Rübenreinigungslader und Güllefahrzeuge. Gerade die Gülletechnik ist laut Bergmann ein Wachstumsmarkt der Zukunft. Dieses Jahr wird Holmer 30 Gülleselbstfahrer verkaufen. „Das wird sich in den nächsten Jahren verdoppeln“, ist Bergmann überzeugt.

Nur wenn ich etwas mit Leidenschaft mache, dann stimmt auch die Qualität.“Wolfgang Bergmann, Geschäftsführer Holmer Maschinenbau GmbH

Sechs Tochtergesellschaften gibt es neben Eggmühl – in Polen, Tschechien, der Ukraine, der Türkei, den USA und in Frankreich, sowie einer Repräsentanz in China. In Frankreich hat Holmers Mutterkonzern Exel seinen Sitz. 2004 wurde der Eggmühler Traditionsbetrieb von seinem Gründer Alfons Holmer verkauft. Der gelernte Schmied hatte vor mehr als 40 Jahren den ersten Zuckerrübenvollernter entwickelt, 1974 die erste Maschine verkauft und die Firma aufgebaut. Alfons Holmer wohnt noch heute gleich hinter seinem ehemaligen Betrieb und fungiert als Vermieter des Firmengeländes. Weil die Geschäfte gut laufen und die Maschinen immer größer werden, platzt Holmer bei einer Standortgröße von rund 60 000 Quadratmetern inzwischen aus allen Nähten. Luftlinie rund fünf Kilometer entfernt, an der B15 neu, wird derzeit auf 14 Hektar neu gebaut. Das Ersatzteillager ist schon fertig. Als Nächstes folgt die Produktion. „In fünf Jahren soll der Umzug komplett sein“, sagt Bergmann. Rund 50 Millionen investiert Holmer in die Verlagerung.

Mitarbeiter mit Gespür

Insgesamt 440 Mitarbeiter hat Holmer, 330 davon arbeiten am Stammsitz in der Oberpfalz und 110 in den Tochtergesellschaften. „Wir sind immer auf der Suche nach Fachkräften“, sagt der Geschäftsführer. Knapp 30 Auszubildende gibt es in Eggmühl. In der Oberpfalz schlägt das Herz von Holmer, hier werden die Maschinen entwickelt und von Hand zusammengebaut – meist zwei pro Woche. „Jeder Rübenernter von Holmer ist hier über den Hof gefahren“, sagt Bergmann. Viele seiner Mitarbeiter sind selbst Landwirte oder auf einem Bauernhof aufgewachsen. Sie haben ein Gespür für die Bedürfnisse der Kunden – und mit schweren Stiefeln auf einem Feld herumzulaufen, macht ihnen nichts aus. „Wir brauchen bodenständige Mitarbeiter“, sagt Bergmann. Das trifft auch auf ihn zu. Den Banker hat er hinter sich gelassen, bei Holmer geht es um konkrete Werte. Zum Ausprobieren hat Bergmann auch schon selbst einmal einen Vollernter übers Feld gesteuert – und hatte danach ein Lächeln im Gesicht.

Ein anderer Champion aus der Region: Völkl in Straubing. Auf diese Skier fahren Champions ab.

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