Regensburg.
„An Buam ham’s und a Deandl“

Merkmale und Dialektgeographie des Bairischen – Teil1

12.09.2008 | Stand 12.09.2008, 9:24 Uhr

„Bayerisch“ oder „bairisch“? Die beiden Schreibformen bedürfen einer Klärung. „Bayerisch“ bezieht sich auf den Freistaat Bayern als politisch-administratives Gebilde. Verbindlich mit „y“ geschrieben wird der Name des Landes seit 1825, als König Ludwig I. in seiner Begeisterung für alles Griechische es so verfügte. In Sprachwissenschaft und Volkskunde verwendet man die Schreibform „bairisch“, wenn es um den ostoberdeutschen Raum geht, also um Altbayern und Österreich. Es ist durchaus korrekt zu behaupten, dass man in Wien „bairisch“ spricht. Mit Ausnahme Vorarlbergs gehört nämlich ganz Österreich zum bairischen Sprachgebiet, ebenso Südtirol. In Bayern gibt es neben den bairischen die ostfränkischen und schwäbischen Mundarten. „Bayerische Dialekte“ schließt alle drei ein. Insofern ist es verfehlt, wenn der Duden das Kürzel „bayr.“ verwendet, damit aber „bairisch“ meint.

So unterschiedlich die regionalen Mundarten in den Landstrichen Altbayerns auch klingen mögen, durch fundamentale Gemeinsamkeiten weisen sie sich als Bairisch aus – als eigenständiges Sprachsystem, das in der originalen ländlichen Ausprägung weitgehend unabhängig ist von der Hoch- und Standardsprache.

Das Bairische gliedert sich in drei deutlich unterscheidbare dialektgeographische Varianten, die sich selbstverständlich nicht mit den Grenzen der Regierungsbezirke decken. Die in Ober- und Niederbayern heimischen Mundarten nennt man „mittelbairisch“, die nördlich angrenzenden Dialekte der Oberpfalz „nordbairisch“. „Südbairisch“ heißt die im Alpenraum verbreitete Variante. Der Satz „Das kleine Mädchen hat viel Milch getrunken, jetzt ist sie/es müde und muss schlafen“ lautet mittelbairisch: „’S gloane Deandl hod vui Muich (väi Mäich) drunga, iatz is’s miad und muaß schlaffa“, nordbairisch hingegen: „’S gloine Moidl hod vüll Mülch drunga, äitz is’s mäid und mou schlouffa“.

Neben dem markanten Unterschied zwischen dunklen und hellen a-Lauten sind die zahlreichen Diphthonge charakteristisch. Die alten Zwielaute „ië, üe, uo“ sind nicht zu einfachen Langvokalen geworden wie in der Hochsprache („Brief“, müde, Blut, Bub“). Mittelbairisch „ia, ua“ entsprechen weitgehend dem mittelalterlichen Lautstand: „Briaf, miad, Bluad, Bua“. Im Nordbairischen hingegen scheinen die Elemente in umgekehrter Reihenfolge aufzutreten, weshalb man „äi, öu“ als „gestürzte Diphthonge“ bezeichnet: „Bräif, mäid, Bloud, Bou“. Ferner verzwielautet das Nordbairische sämtliche alten Langvokale: „doud, Strouss, loua, Schnäi“ („tot, Straße, lassen, Schnee“). Die l-Vokalisierung („oid, vui/väi, schnäi/schnoi“ für „alt, viel, schnell“) wird von Außenstehenden für ein Kennzeichen des Bairischen schlechthin gehalten. Diese Entwicklung ist aber nur im Mittelbairischen eingetreten, im Nord- und Südbairischen gilt sie nicht. Eines der entscheidenden nordbairischen Merkmale ist gerade die Erhaltung des konsonantischen „l“, verbunden mit einer Rundung des Vokals davor: „Mülch, hölffm, Huulz, Kàlwl“ („Milch, helfen, Holz, Kälblein = Kalb“). Regensburg liegt zwar im nord-mittel-bairischen Übergangsstreifen, einem Keil, der sich von etwa Neustadt/Donau nach Waldmünchen und Furth im Wald erstreckt; die Regensburger Stadtsprache selbst ist jedoch überraschenderweise weitgehend mittelbairisch (wie in Nieder- und Oberbayern), vor allem treten keine gestürzten Zwielaute auf (abgesehen von Ausnahmen wie „mäissi wia a Grobf“, „müßig, überflüssig wie ein Kropf“); man spricht „Bua, miad, diaf“ und nicht „Bou, mäid, däif/doif/duif“. Hinsichtlich der Aussprache von „l“ nach Vokal schließt sich Regensburg dem Nordbairischen an: „stölln, vüll, Wold“ („stellen, viel, Wald“).