Extremsport
Bergerin erstürmt die Zugspitze

Anika Harrer aus dem Landkreis Neumarkt gewinnt beim Zugspitz Trailrun. Sie bezwingt den Gipfel als Schnellste – zweimal.

31.07.2017 | Stand 16.09.2023, 6:22 Uhr
Anika Harrer bezwang die Zugspitze beim Berglauf in beeindruckenden 2:50 Stunden. −Foto: Alexander Mersdorf

Mit eigener Muskelkraft auf Deutschlands höchsten Berggipfel zu steigen, ist eine anspruchsvolle Herausforderung. Wer sich dieses 2962 Meter hohe Ziel gesteckt hat, sollte besser körperlich und mental in Schuss sein. Gewöhnliche Bergsteiger benötigen bis zu neun Stunden, um das Gipfelkreuz der Zugspitze zu erklimmen.

Anika Harrer aus Berg ist keine klassische Bergsteigerin und gewöhnlich ist die 27-Jährige schon gar nicht. Harrer ist passionierte Bergläuferin. Sieht sie einen Berg, muss sie hinauf – so schnell wie möglich.

Zuletzt war ihr keineswegs gefahrenlos zu erreichender Sehnsuchtsort der höchste Punkt im Lande, die majestätische Zugspitze. Beim vierten Zugspitz Trailrun Challenge in Ehrwald (Österreich) reihte sie sich ein ins internationale Starterfeld der Extremläufer – und spurtete in der Frauenkonkurrenz allen davon.

Beim Berglauf, der über die Strecke des ehemaligen und berüchtigten Zugspitz-Extremberglaufs führte, bewältigte sie die knallharten 15,8 Kilometer und 2127 Höhenmeter in aberwitzigen 2:50 Stunden: Die absolute Bestzeit, die ihr den Sieg einbrachte.

„Ich konnte es im Ziel gar nicht fassen, was da gerade geschehen war. Es war für mich ein überwältigendes Gefühl, das Ding gewonnen zu haben“, erzählt Harrer, die auch Tage nach ihrem rasanten Gipfelsturm „immer noch ganz geflasht ist“ und emotional auf einer Wolke schwebt, wie sie sagt.

Der Zugspitz-Berglauf in grafischer Darstellung samt Höhenprofil:

Weil ihre Beine am Tag nach ihrem triumphalen Extremaufstieg nicht vor Schmerzen streikten, meldete sich Harrer kurzentschlossen auch noch zum Halbmarathonlauf hinauf auf die Zugspitze an. „Mir ging es erstaunlich gut, also bin ich nochmal gestartet. Allerdings nicht, um auf Platzierung zu laufen, sondern um das Erlebnis zu genießen.“

Als sie nach 2:02 Stunden die 20,9 Kilometer und 1035 Höhenmeter schließlich hinter sich gelassen hatte, war klar – sie war abermals der chancenlosen Konkurrenz enteilt und hatte erneut gewonnen. „Ich kann das alles noch gar nicht glauben“, so die Zweifach-Siegerin des Zugspitz Trailruns. Für Harrer sind die beiden Zugspitz-Siege die größten Erfolge in ihrer bisherigen Extremläuferin-Karriere.

Der Zugspitz-Halbmarathon in grafischer Darstellung samt Höhenprofil:

Diese hat vor rund vier Jahren begonnen. Durch ihren Bruder Christopher Urbansky und dessen Freund Philipp Harrer aus Sengenthal war sie auf den Geschmack des Trailrunnings gekommen. Seit drei Jahren nimmt sie erfolgreich an Wettkämpfen in dieser Disziplin teil und mittlerweile nennt sie Philipp Harrer auch ihren Ehemann, mit dem sie nun in Regensburg wohnt.

So schnell wie möglich steile Berghänge hinaufzulaufen, dabei schmale Pfade entlang tiefer Abhänge zu überwinden, über Geröllfelder zu kraxeln und Wind und Wetter zu trotzen, das mag bei näherer Betrachtung für Kopfschütteln sorgen.

Bei der 27-Jährigen lösen diese Extremerlebnisse tiefe Gefühle des Glücks und der Freiheit hervor: „Ich liebe das Naturerlebnis und die Grenzerfahrung im alpinen Gelände. Dabei wird man ständig mit herrlichen Ausblicken belohnt.“

Lauf mit dem Leben bezahlt

Dass ihre außergewöhnliche Passion nicht frei von Gefahr ist, dessen ist sich Harrer bewusst. Vor neun Jahren ließen zwei Männer beim Versuch, die Zugspitze bei einem Extremlauf zu bezwingen, ihr Leben – ein Wetterumschwung traf die Läufer unvorbereitet.

Seither sind die Starter der Zugspitz Trailrun Challenge verpflichtet, einen Laufrucksack mit auf ihren Weg zu nehmen. Zudem zählen neben Rettungsdecke und Erste-Hilfe-Set auch ausreichend Flüssigkeit, warme und regendichte Bekleidung sowie ein Mobiltelefon zur Pflichtausrüstung.

Anika Harrer weiß um die Gewalt der Natur. Wenn sie sich auf den zügigen Weg gen Gipfel macht, läuft immer der Respekt vor der Strecke, dem Berg, der Natur mit, niemals aber der Leichtsinn. „Wenn ich merke, dass es nicht mehr geht, dann höre ich auf“. Falscher Ehrgeiz sei ihr fremd.

Weil zudem auch immer ihre Familie bei den Läufen mit dabei ist, würde sie ohnehin rechtzeitig gestoppt, falls es doch einmal gefährlich würde. Wurde es bislang aber zum Glück nicht. Auch bei ihren beiden Siegläufen auf die Zugspitze lief zuletzt alles problemlos.

Nur einmal, knapp zwei Kilometer vor dem Ziel, als es beinahe nur noch vertikal nach oben ging, meldete sich der schmerzende Körper. „Ich hatte eine Krampf im Spann“. Nachdem sie eine Salztablette zu sich genommen hatte, ging es aber wieder entschlossen gen Spitze.

Gestartet wurde der Zugspitz-Berglauf am ersten Tag auf der österreichischen Seite in Ehrwald.Das Thermometer zeigte angenehme 16 Grad. Zu Beginn ging es für die Läufer noch durch Wälder, vorbei an Wiesen und über weichen Untergrund. Meter für Meter, Schritt für Schritt den Berg hinauf veränderte sich die Vegetation.

Irgendwann passierte Harrer die Baumgrenze, steinige Wege lösten mehr und mehr den gelenkschonender Waldboden ab. Auf dem letzten Kilometer hinauf zum Gipfel der Zugspitze musste Harrer noch einmal rund 400 Höhenmeter über eine Seilpassage und loses Gestein zurücklegen – dann war sie als erste Frau im Ziel (und 39. im Gesamtfeld). Am Gipfel lagen die Temperaturen in diesem Moment bei zapfigen fünf Grad Celsius. So ist das eben, wenn man im Stechschritt innerhalb von 2:50 Stunden mehr als 2000 Höhenmeter durchquert.

Hier gibt‘s ein Video zum Zugspitz Trailrun Challenge 2017:

Wie viele Gipfel sie bislang im Eiltempo erklommen hat, weiß Harrer gar nicht. In der Alpenregion ist schon so mancher Berg in Deutschland, Österreich, Italien, Kroatien von ihr bezwungen worden.

Ihr nächster Wettkampf wird sie aber nicht durch alpines Berggelände, sondern die asphaltierten Straßen Regensburgs führen. Beim Triathlon am kommenden Sonntag geht sie in der Staffel auf die Laufstrecke – für Harrer ungewohntes Terrain, vor dem sie spürbar Respekt hat.

„Die muskuläre Belastung ist ganz anders und auch das Training für einen Straßenmarathon variiert sehr im Vergleich zu einem Berglauf“, weiß Harrer.

Nach dem Regensburg-Triathlon steht im Herbst der ArberlandUltraTrail auf ihrem ambitionierten Laufplan. Dabei gilt es auf 60 Kilometern und 2500 Höhenmetern insgesamt sieben Gipfel zu bezwingen gilt – eine extreme Herausforderung: So, wie es Anika Harrer eben liebt.

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