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Bürogebäude wird einzigartig in Neumarkt

Das Architekturbüro Distler baut ein besonders energieeffizientes Haus. Dort wird auch das Neumarkter Tagblatt einziehen.

28.12.2021 | Stand 15.09.2023, 22:19 Uhr
Architekt Hans-Jürgen Distler rechnet damit, dass das neue Bürogebäude in der Woffenbacher Straße in Neumarkt Ende 2022 bezugsfertig sein wird. −Foto: Eva Gaupp

An der Woffenbacher Straße kurz nach dem Kreisel bei der Feuerwache tut sich derzeit eine große Baugrube auf. Dort errichtet das Neumarkter Architekturbüro Distler als Planer und Bauherr ein neues Büro- und Gewerbegebäude mit einem sehr anspruchsvollen Energiekonzept.

Der Gesetzgeber schreibt für neue „Nichtwohnhäuser“ genau vor, wie hoch der sogenannte Primärenergiebedarf – also etwa für Heizung, Kühlung, Lüftung sowie Beleuchtung – pro Jahr maximal ausfallen darf. Bezogen auf die Nettogrundfläche wären es für das neue Gebäude 99,7 kWh pro Quadratmeter, rechnet Architekt Hans-Jürgen Distler vor. Mit gerade mal 29,26 kWh pro Jahr liegt der Wert weit drunter. Und damit dürfte nach seinen Angaben das Projekt derzeit das energieeffizienteste „Nichtwohngebäude“ in Neumarkt sein.

Möglich wird dies durch eine große Photovoltaikanlage, die rund 75 Prozent der Dachfläche bedeckt. Sie produziert die Energie, welche die künftigen Mieter – darunter das Neumarkter Tagblatt – verbrauchen. Zum einen wird damit die Technik des Hauses versorgt, zum anderen werden Pufferspeicher gefüllt. Die braucht es nicht nur für sonnenarme Phasen, sondern für die Nachtstunden. Denn das Gebäude heizt und kühlt über seinen Betonkern. „Das Gebäude wird aufgeladen“, erklärt Hans-Jürgen Distler. Über die Strahlungsenergie gebe das Gebäude im Sommer Kühle, im Winter Wärme an die Räume ab.

Kosten für Energie einsparen

Auch wenn das Gebäude derzeit die gesetzlichen energetischen Anforderungen deutlich übersteigt, denkt der Bauherr an die Zukunft. „Es ist davon auszugehen, dass Energie noch deutlich teurer wird.“ Außerdem werde die CO2-Steuer signifikant steigen, schließlich hätten sich die EU-Staaten darauf geeinigt, CO2-neutral zu werden. „Wir haben uns angewöhnt, über den Tellerrand hinaus zu schauen“, sagt Distler und verweist auf seinen Vater, der das Büro gegründet hat, das er nun zusammen mit seinem Bruder Hubert weiterführt. Es gehe darum, schon den nächsten oder gar noch den übernächsten Schritt einzubeziehen.

Die Energieeffizienz erreicht das Haus aber auch durch eine spezielle Fassade: Vor die großen Fensterflächen ist ein sogenannter Textilscreen gespannt. Dazwischen befinden sich Wartungsbalkone. Die freie Fläche dazwischen wirkt wie ein Kamin, durch den im Sommer warme Luft nach oben abziehen kann. Darüber hinaus setzt Distler auf Steinwolle statt Styropor bei der Wärmedämmung und auch sonst würden vor allem umweltgerechte Materialien verwendet.

Willibald-Gluck-Gymnasium in der Nachbarschaft

Doch nicht nur die Technik sei wichtig, unterstreicht der Architekt und Bauherr. Ihm sei wichtig, dass sich das neue Gebäude auch in die Umgebung einfüge. Und das war gar nicht so einfach. Denn zum einen ist das Grundstück vorne zur Woffenbacher Straße hin schmal, auf der Rückseite stehen zwei mächtige Bäume und das Willibald-Gluck-Gymnasium dominiert das Quartier als Referenzgebäude.

Dass die alte Eiche und die große Linde stehen bleiben, sei von vorneherein festgestanden, erzählt Distler. Doch architektonische Bezüge zu markanten Gebäuden in der Altstadt oder der Umgebung aufzugreifen, gestaltete sich schwierig, weil beim Bau des Gymnasiums keine Orientierungspunkte berücksichtigt werden konnten. Das sei dem Zuschnitt des Grundstücks geschuldet gewesen, so Distler.

Deshalb beschreibt sein neues Objekt einen Winkel, so dass ein Binnenplatz zur Schule entsteht. Damit es nicht zu massiv wirkt, wird der zweite Stock – so wie bei dem bereits bestehenden Büro-und Praxisgebäude mit Rundbau – zurück versetzt. Die großen Fenster sollen das Gebäude ebenfalls offen und transparent erscheinen lassen.

Noch seien nicht alle Flächen vermietet, sagt Hans-Jürgen Distler. Im zweiten Obergeschoss wird das Neumarkter Tagblatt seine neuen Räume beziehen. Auch für einen Bereich des Erdgeschosses gibt es Pläne. Ansonsten sagt Distler: „Wir haben ein Baukastensystem, so dass wir individuelle Lösungen ermöglichen können.“ So seien abgetrennte Einheiten auf einer Ebene oder auch über ein internes Treppenhaus über zwei Ebenen realisierbar.

Inzwischen ist der Boden für die Tiefgarage mit dann insgesamt 43 Stellplätzen fertig. Der Rohbau soll bis Mitte, Ende Mai abgeschlossen sein, Ende November könnte das Gebäude dann bezugsfertig sein, blickt der Bauherr voraus. Von starken Verzögerungen, weil er keine Handwerksbetriebe findet, die die Gewerke umsetzen, geht er derzeit nicht aus. „Wir merken schon, dass wir sehr große Unterstützung haben.“ Das führt Distler auf langjährige partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Baufirmen zurück.

Immerhin kann das Architekturbüro im nächsten Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiern. Und schon jetzt ist klar: Eine dritte Generation wird das Büro weiterführen. Die beiden Söhne studieren ebenfalls Architektur und werden in die Fußstapfen von Großvater, Onkel und Vater treten.